Crossfire 2: Feuerprobe
können.
Vergessen Sie nicht, Alex ist schon ziemlich alt.«
Alex war fünfundvierzig. Jake verzichtete auf den Hinweis,
dass er selbst nach Bens Maßstäben schon versteinert sein
musste. Er fühlte sich ja leider auch so.
Der Geländewagen verfing sich in einem Gestrüpp aus
Rotem Kriecher. In der hereinbrechenden Abenddämmerung hatte Ben
die Pflanze nicht rechtzeitig gesehen. Das räuberische
Kriechgewächs verwechselte das Fahrzeug mit einem großen
Tier und hielt es gepackt. Die zähen Ranken schlangen sich um
den Wagen und krochen dann auf die Menschen im Inneren zu, schneller
als jede Pflanze auf der Erde.
Ben klappte die Seitenfenster hoch. »Da ist ein Spray unter
dem Sitz, Mr Holman.«
»Können wir nicht einfach weiterfahren? Der
Geländewagen ist doch sicher stärker als diese
Ranken.«
»Gewiss. Aber ein Freund von mir hat das mal
getan…« Auf einmal verstummte Ben. Jake vermutete daher,
dass dieser Freund nun tot war, doch dann sprach Ben weiter:
»Dabei hat er sich ein Ventil von den Brennstoffzellen
abgerissen. Geben Sie mir lieber das Spray!«
Jake fand es, und Ben öffnete das Seitenfenster wieder,
diesmal aber nur ein paar Zentimeter, und sprühte das Zeug
hinaus.
»Wie lange dauert es, bis die Pflanze daran eingeht?«,
fragte Jake.
»Einige Minuten. Die Umweltgenetiker sind – waren
– ziemlich gut.«
Schweigend warteten sie ab. Wilde Pelzlinge tauchten
plötzlich auf wie aus dem Nichts.
Ben schnappte nach Luft. Jake spähte durch die schmutzige
Windschutzscheibe. Zwei, drei… noch ein vierter? Nein, nur drei.
Reglos standen sie da, einer vor dem Fahrzeug und einer an jeder
Seite. Alle drei waren mit Laserpistolen bewaffnet.
»Julian Martin hat den Pelzlingen Laserwaffen für den
Kampf gegen die Cheyenne geliefert…« Yenmo Kangs
verzweifelte Worte.
Ben griff nach der eigenen Waffe.
»Nein«, sagte Jake rasch. »Nicht schießen.
Beweg dich nicht.«
»Sie sind kein Soldat, Mr Holman«, merkte Ben an, der
seit einigen Monaten Corporal war. Und dann fügte er hinzu, mit
dem ersten Anflug von Bitterkeit, den Jake je bei ihm bemerkt hatte:
»Sie waren niemals Soldat.«
»Aber ich bin immer noch Alex’ erster Ratgeber«,
wandte Jake ein. »Und sie führt das Kommando. Beweg dich
nicht.«
Er hoffte nur, dass Julian Martin den jungen Leuten klar gemacht
hatte, wie wichtig es war, die Befehlskette einzuhalten. Anscheinend
war dies der Fall. Ben zögerte und ließ dann die Hand
wieder sinken.
Jake war gezwungen, seinen Instinkten zu folgen, nicht dem
Verstand, und das verabscheute er. Aber er hatte keine Zeit für
aufwendige Pläne. »Klapp beide Seitenfenster nach unten,
Ben.«
»Aber…«
»Das ist ein Befehl!«
Ben gehorchte. Aber Jake war sich bewusst, dass er nicht
unbegrenzt lange jeden Befehl blindlings befolgen würde.
Immerhin hatte Ben sich auch schon aus eigener Einschätzung
heraus für Jake und Lucy und gegen Julian Martin entschieden.
Noch hatte man dem Jungen das eigenständige Denken nicht
abgewöhnen können; er war ein Greenie.
Die drei wilden Pelzlinge standen reglos da. Im Dämmerlicht
der einbrechenden Nacht boten sie einen Furcht erregenden Anblick:
mit mächtigen Muskeln, dichtem Pelz, dem dritten Auge oben auf
dem Kopf, das wachsam den Himmel im Blick hielt, und den dicken
Schwänzen, die gerade außer Reichweite des welkenden Roten
Kriechers auf den Boden gestützt verharrten. Drei Laserpistolen
zielten auf die Menschen im Wagen.
Aber die Waffen zielten nur, sie schossen nicht.
»Steig aus, Ben«, befahl Jake. »Ganz langsam. Sorg
dafür, dass sie jede deiner Bewegungen deutlich sehen
können. Dann hol meinen Stuhl heraus und stell ihn auf einen
freien Fleck, bevor du mich hineinsetzt.«
»Warum sollen wir uns so verwundbar machen?«
Kein blinder Gehorsam mehr. »Wenn sie uns angreifen wollten,
hätten sie es längst getan. Das ist die fremdenfeindlichste
Art in der ganzen uns bekannten Galaxis. Allein schon unser Geruch
weckt bei ihnen Aggressionen. Wenn sie diesen Instinkt
unterdrücken, dann zeigen sie damit eine Selbstbeherrschung, die
wir uns nicht einmal vorstellen können. Sie wollen mit uns
zusammenarbeiten, und das ist ein beispielloser
Präzedenzfall.«
»Wir brauchen keine Zusammenarbeit mit den
Pelzlingen.«
Ach, du meine Güte – die trotzige
Selbstüberschätzung der Jugend! Jake unterdrückte
eine gereizte Antwort. »Doch, die brauchen wir. Kannst du das
nicht von allein erkennen? Sie können uns zu den raumfahrenden
Pelzlingen
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