Crossfire 2: Feuerprobe
keine Art der Photosynthese benutzen. Nun, das
ist nicht so ungewöhnlich. In der Literatur sind solche
Lebensformen selbst für die Erde beschrieben. Um Energie zu
gewinnen, oxidieren sie Sulfide, Methan, Eisen oder Wasserstoff
– wenn es denn dort unten Wasser gibt. Einige von ihnen bringen
wirklich seltsame Moleküle hervor. Aber die hier…! Alex,
hören Sie mal!«
Er drückte auf den Knopf eines kleinen Geräts, das Alex
nicht kannte. Wenn sie die Augen zusammenkniff, sah sie einen Faden,
der von dem Gerät zur Spitze der schimmernden Stange
führte, die im Bohrloch steckte. Die Maschine gab
gleichförmige, disharmonische Töne von sich. Jon McBain
wedelte mit der Hand, und die unangenehmen Geräusche wurden
lauter, dann sehr laut. Alex legte die Hände auf die Ohren.
»Schalten Sie das ab!«
Jon McBain gehorchte. Seine Augen leuchteten. »Dieses
Geräusch drückt eine Art Kristallisierungsvorgang aus. Der
Elliner-Verstärker macht Prozesse auf molekularer Ebene
hörbar. Die Mikroben dort unten interagieren mit der Stange. Wir
haben drei unterschiedliche Legierungen gebraucht, ehe wir eine
fanden, die sie nicht sofort zersetzt haben.«
»Jon…«
»Wir haben keine Ahnung, was sie dort unten treiben«,
stellte er glücklich fest. »Aber all unsere
vorläufigen Simulationen zeigen an, dass sie über einen
Stoffwechsel verfügen, wie wir ihn bisher noch nicht
kannten!«
»Das ist ja großartig«, stellte Alex sarkastisch
fest. »Aber doch wieder nicht so großartig, dass man
dafür eine Sitzung des Verteidigungsausschusses versäumen
sollte.«
»Oh, aber das ist es! Wir haben es hier vielleicht mit einer
grundlegend neuen Lebensform zu tun. Es ist…«
»Es ist nicht das, woran diese Forschungsstation arbeiten
soll, Jon. Was ist mit der…«
»Wir haben die Erlaubnis der Mira Corporation für
Grundlagenforschung, Alex.«
»Das weiß ich«, sagte sie so ruhig wie
möglich. »Aber als Nebenbeschäftigung. Was ist mit der
Batterie?«
»Oh, die kommt voran«, behauptete er und machte nicht
den Eindruck, als ob er sich zurechtgewiesen fühlte.
»Kommen Sie, ich zeige sie Ihnen.«
Er führte sie zu dem Formschaumgebäude. Im Inneren
standen zwei große durchsichtige Becken, in denen ein grauer
Schlamm langsam umgerührt wurde.
»Das ist unsere von Mikroorganismen betriebene Batterie, ein
Prototyp«, erklärte Jon McBain, der Wissenschaftler, Julian
Martin, dem Besucher. »Eine genetisch veränderte Form von E. coli verwandelt Rübenzucker in CO 2 und
Wasser. Durch diese Oxidation entstehen freie Elektronen, die wir
auffangen, ehe sie von anderen Molekülen des Prozesses
abgefangen werden können. Wir haben die Bakterien so
verändert, dass zwischen dem Inneren der Zellen und einem
mikroskopischen Drahtgitter ein ständiger Kontakt möglich
ist…«
Alex hörte nicht mehr hin. Hier gab es nichts Neues; so weit
war Jon schon bei ihrem letzten Besuch gewesen. Offenbar war die
gesamte Arbeitskraft seines Teams in diese neue Entdeckung geflossen
und nicht in die Batterie, die letztendlich eine natürliche,
sichere und recycelbare Energiequelle für Mira City werden
sollte.
»… Ziel, zwei Millionen Liter Flüssigkeit und etwa
20.000 Tonnen Mikroorganismen, die Energie in einer Rate
von…«
Als MateR war es Alex’ Aufgabe, Jon McBain dazu zu bringen,
sich auf die Arbeit an der Batterie zu konzentrieren und nicht auf
die unbekannte und bedeutungslose Biomasse. Seine Konzentration war
eine beachtliche Kraft, wenn sie auf ein Ziel ausgerichtet war. Das
Problem war nur, dass sie sich nicht so leicht lenken ließ. Sie
suchte sich ihren eigenen Weg, so unabhängig wie ein Löwe
und ebenso eigensinnig.
»… Problem der Abfallstoffe, die die Lösung allzu
schnell übersäuern. Daher haben wir…«
»Jon!«, fuhr Alex ihm ins Wort. »Ich will Sie
morgen Nachmittag bei der Sitzung des Verteidigungsausschusses in
Mira sehen.«
»Aber ich…«
»Keine Diskussionen, bitte.« Sie wandte sich ab und ging
davon. Unhöflich. Sie war sehr unhöflich. Nun, na und?
Sie hasste es, unhöflich zu sein.
Es folgte ein weiterer schweigsamer Rückflug. Nach der
Landung sagte Julian Martin zu ihr: »Alex, warten Sie
noch!«
Überrascht von seinem eindringlichen Tonfall blieb sie
sitzen.
Er schwieg so lange, dass sie immer beunruhigter wurde.
Schließlich drehte er sich in dem engen Sitz zu ihr um und
richtete den Blick seiner glanzvollen grünen Augen direkt auf
sie.
»Ich möchte, dass Sie mir gut zuhören. Manchmal
sind
Weitere Kostenlose Bücher