Crossfire 2: Feuerprobe
die Beobachtungen eines Außenstehenden sehr nützlich,
um eine Lage richtig einzuschätzen. Mira…«
»Ich weiß, wir sind ein wenig unorganisiert!«,
schnauzte sie. »Ich kümmere mich darum!«
»Ich rede nicht über ein wenig schlechte Organisation.
Ich rede von einer riesigen, allumfassenden Dummheit.«
Alex schnappte nach Luft. »Wie können Sie es
wagen…«
»Jetzt sind Sie wütend. Sehen Sie, wie schnell ich Sie
aus der Fassung bringen kann? Das wollte ich Ihnen zeigen. Sie –
Sie alle! – reagierten einfach nur auf alles, was gerade
zufällig passiert, ohne Blick für das große Ganze.
Savannah Cutler, Jon McBain, Yat-Shing Wong und sogar Sie, Alex
– jeder denkt nur bis zu seinem eigenen nächsten kleinen,
persönlichen Ziel, ob es nun sinnvoll ist oder schädlich.
Ihr arbeitet nicht zusammen zum gemeinsamen Besten Miras. Ich habe
das eine Dummheit genannt, und es ist eine Dummheit. Es ist
immer dumm, wenn man aus Nachlässigkeit kurzsichtig
handelt.«
In ihr kochte die Wut, aber er nahm ihre Hand und hielt sie in
einem kräftigen Griff, der Alex zum Zuhören ermahnte.
»Es gibt zumindest drei Dinge, die Sie heute übersehen
haben, Alex. Als Erstes haben Sie kein Gespür für die
Notwendigkeit klarer Verantwortlichkeiten. Sie lassen Savannah Cutler
und Jon McBain und sogar Lau-Wah Mah Entscheidungen treffen, die Sie treffen sollten. Wie alle demokratischen
Leistungsgesellschaften habt ihr Angst davor, von Autorität
Gebrauch zu machen. Aber ihr seid im Krieg mit den Pelzlingen oder
werdet es zumindest bald sein. Und ein Krieg nimmt kein gutes Ende,
wenn die Anführer jeder begabten Persönlichkeit ein eigenes
kleines Fürstentum überlassen, in dem der Projektleiter
nicht nur über die Mittel, sondern auch über die Ziele der
Arbeit bestimmt.«
»Das sind keine Fürsten…«
»Aber so fuhren sie ihre Verantwortungsbereiche. Zweitens
sind Sie sich gar nicht im Klaren darüber, dass jede
Leistungsgesellschaft ein grundlegendes Problem hat: Sie fördert
aggressives Verhalten.«
Alex blinzelte, zu überrascht, um zu antworten.
Julian Martin schenkte ihr sein leises Lächeln. Seine
kräftigen Finger hielten immer noch die ihren umfasst. »Sie
haben das Gegenteil geglaubt? Dass eine Leistungsgesellschaft, in der
jeder die Möglichkeit hat, gemäß seiner
Fähigkeiten aufzusteigen, Aggressionen minimiert? Nein. Eine
Leistungsgesellschaft bedeutet Wettbewerb, und je weniger man diesen
Wettbewerb durch allgemein akzeptierte Vorstellungen von ererbten
Vorrechten eindämmt und behindert, umso aggressiver und
rücksichtsloser wird er geführt.«
»Das glaube ich nicht.«
»Wirklich nicht? Wer macht denn hier mehr Ärger? Die
Araber, die ihre Kultur seit dreihundert Jahren der unsrigen
schrittweise anpassen, wenn auch für den Einzelnen sehr
begrenzt? Oder die Chinesen, die ihre politischen und kulturellen
Verhältnisse ungefähr alle vierzig Jahre vollständig
umwälzen?«
Alex schwieg. Sie wusste weder über die Geschichte der Araber
noch der Chinesen sonderlich viel.
»Mit den Unruhestiftern aus Hope of Heaven bahnt sich eine
wirklich gefährliche Lage an. Und ihr seht überhaupt nicht, wie gefährlich sie ist, weil ihr nichts über die
Geschichte der Erde wisst. Was Lau-Wah Mah zu Yat-Shing Wong gesagt
hat, war völlig unzureichend. Und das Dritte, was ihr
überseht, sind die vielen Waffen, die ihr hier auf Greentrees
habt und für den Krieg einsatzfähig machen solltet.
Stattdessen nehmt ihr sie nicht einmal als Waffen wahr!«
»Wie, zum Beispiel?«, fragte Alex.
»Alles, was ich heute gesehen habe. Die Solarfarm
bündelt das Sonnenlicht auf fünfhundertfache Stärke,
und die Spiegel können von Hand ausgerichtet werden. Richtet sie
in den Himmel oder auf den Boden, und ihr habt eine mörderische
Hitzewaffe. Diese neuen Mikroorganismen, die McBain entdeckt hat,
haben die ersten beiden Stangen zerstört, die er in den Schacht
eingeführt hat – haben Sie ihm nicht zugehört? Ich
habe ihn gefragt, woraus die Stangen bestanden. Die Mikroorganismen
haben zwei der härtesten Legierungen zersetzt, die ich kenne,
darunter diejenige, aus der die Hülle meines Schiffes besteht.
Sie haben Metall zersetzt! Innerhalbvon Minuten! Das ist eine Waffe.«
Sie starrte ihn an.
»In einem Krieg, Alex, kann alles zur Waffe werden. Nahrung
ist eine Waffe, je nachdem, wie sie verteilt oder nicht verteilt
wird. Ich will damit nicht sagen, dass ihr Hope of Heaven aushungern
sollt. Das wäre auch schwierig auf einem
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