Crossfire 2: Feuerprobe
es
versuchen.«
»Ich werde mich nicht zu einem bloßen Versuch
herablassen.«
»Lau-Wah«, sagte Alex, »hatte Mr Wong irgendwelche
hilfreichen Aussagen zu machen?«
»Nein«, antwortete Lau-Wah.
»Das stimmt nicht«, warf Wong ein. »Ich habe Ihnen
gesagt, was Sie sind: ein Verräter an Ihren eigenen Leuten, ein
Werkzeug der Angloamerikaner und der Araber, ein Mann mit veralteten
Idealen und selbstsüchtigem Verhalten!«
Lau-Wah Mahs Gesicht blieb ausdruckslos. Das galt nicht für
Wong: Mit einem Mal zeigte sein jugendliches Gesicht einen so
heftigen Hass, dass Alex unwillkürlich einen Schritt
zurücktrat.
Wong warf Lau-Wah eine chinesische Beleidigung an den Kopf, und
dann wandten alle drei dem Triumvirat den Rücken zu und neigten
die Köpfe zu Boden. Das war eine abgesprochene Handlung,
erkannte Alex. Eine Geste vollkommener Verachtung.
Sie konnte Lau-Wah nicht anschauen. »Nein«, sagte Ashraf
Shanti nur unsicher und völlig sinnlos. Nur Lau-Wah Mah behielt
die Fassung. Wie konnte er nur, angesichts eines solchen Hasses?
»Major Liu, diese Männer sind nicht festgenommen. Sie
können jederzeit gehen. Mr Wong, selbst wenn Sie nicht mit mir
reden wollen, denken Sie daran, dass ich mit Ihnen geredet habe.
Erinnern Sie sich an meine Worte.« Er ging zur Tür.
Alex, gefolgt von Ashraf, lief ihm hinterher, um ihn einzuholen.
Draußen fragte sie: »Was waren Ihre Worte? Mir
gefallen solche eigenmächtigen Absprachen nicht,
Lau-Wah.«
»Es gibt keine Absprachen. Ich habe ihm nur gesagt, dass ich
um der chinesischen Bürger von Greentrees willen keine weitere
Gewalt zulassen werde. Nicht wegen Mira City, sondern weil Gewalt
dieser Art immer eine Gegenreaktion zur Folge hat und die hart
arbeitenden Chinesen das nicht verdient haben. Egal, welche
Ungerechtigkeiten es seiner Meinung nach gibt, ich werde nicht
zulassen, dass viele wegen des fehlgeleiteten Idealismus einiger
weniger leiden müssen.«
Fehlgeleiteter Idealismus…
»Lau-Wah…«, setzte sie aufgebracht an, aber er
hängte sie ab und ging auf ihren Geländewagen zu. Wie
vorher abgesprochen, würde er damit zurück nach Mira
fahren, während sie mit dem Gleiter in die Avery Mountains
flog.
Mit einem flauen Gefühl im Magen blickte Alex ihm
hinterher.
In den Ausläufern der Avery Mountains kochte Jon McBain
schier über vor Begeisterung. Alex kannte ihn nicht anders, aber
heute war es besonders schlimm. »So etwas haben Sie noch nie
gesehen, Alex. Gestern hielten wir es noch für eine
Klasse-6-Biomasse, aber das ist es nicht. Wir wissen nicht, was es
ist. Es… Wer ist das denn?«
»Commander Julian Martin – Dr.. Jon McBain,
Xenobiologe.«
»Willkommen auf Greentrees«, sagte Jon beiläufig.
»Alex, das wird Sie überraschen. Hier drüben…
kommen Sie!«
Alex war nicht in der Stimmung für Überraschungen. Der
Flug im Gleiter hatte das flaue Gefühl in ihrem Magen nur noch
verstärkt. Es war ein schweigsamer Flug gewesen. Julian Martin
hatte nicht vor dem Gemeindehaus von Hope of Heaven auf sie gewartet.
Er war eine halbe Stunde später ohne jede Erklärung und
ohne Entschuldigung aufgetaucht.
Jon McBain, der zurzeit unentwegt über Mikroorganismen
plapperte, war der Nachfolger des toten Donald Halloran. Wegen dieser
Mikroorganismen hatte er sich bei der Sitzung des
Verteidigungsausschusses entschuldigen lassen.
Alex fragte sich sogar, ob Jon McBain überhaupt so recht
mitbekommen hatte, dass das unbekannte Schiff letztlich doch von der
Erde stammte und Julian Martin dessen Befehlshaber war. Oder ob diese
Informationen für Jon irgendeine Bedeutung hatten, wenn er es
denn wusste. Und das war der Verteidigungsbeauftragte von Mira
City!
Alex versuchte, ruhig zu bleiben. Sie folgte McBain über eine
breite, ebene Wiese. Der Wissenschaftler bewegte sich so schnell,
dass er beinahe rannte. Irgendwo in der Ferne hörte Alex den
Fluss, aber sie konnte ihn nicht sehen. Hier im Vorgebirge floss er
rascher, in einem tief eingeschnittenen Bett mit vielen
Überhängen und flachen Höhlen. Dahinter ragten die
Avery Mountains in den Himmel auf.
Jon McBain stoppte vor einem niedrigen Formschaumgebäude.
Daneben kauerte ein Bohrturm über einem kleinen Loch, aus dem
ein schimmernder Metallstab ragte.
»Das werden Sie nicht glauben!«, schwatzte er weiter,
offenbar unempfänglich für Alex’ Stimmung. »Wir
haben diesen Schacht bis in etwa einen halben Kilometer Tiefe
vorangetrieben, und anscheinend gibt es dort unten anaerobe
Mikroorganismen, die
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