Crossfire. Offenbarung: Band 2 Roman (German Edition)
Schmerzbetäubung zurückfallen konnte. Gideon endgültig zu verlieren, würde mich vernichten, aber ich wäre sowieso schon tot, wenn ich mich jetzt selbst aufgab.
Ich musste weitermachen. Es durchstehen. Es schaffen. Schritt für Schritt.
Und so setzte ich mich auf die Rückbank des Bentley, als es an der Zeit war. Angus’ grimmige Miene verunsicherte mich noch zusätzlich, doch dann blendete ich sie aus und schaltete in jenen Autopilotmodus der Selbsterhaltung, der mich durch die nächsten Stunden bringen würde.
In einem Dunstschleier lief der Tag an mir vorbei. Ich arbeitete hart und voller Konzentration an meinen Aufgaben, um nicht durchzudrehen, aber ich war nicht mit dem Herzen bei der Sache. In meiner Mittagspause machte ich einige Erledigungen, da mir die Vorstellung von Essen und Small Talk unerträglich war. Nach Feierabend hätte ich fast meinen Krav-Maga-Kurs sausen lassen, dann blieb ich aber doch eisern und stürzte mich mit der gleichen Intensität in die Übungen wie zuvor in meine Arbeit. Ich durfte nicht nachlassen, selbst wenn mir die Richtung, in die ich mich bewegte, überhaupt nicht passte.
»Schon besser«, sagte Parker in einer Pause. »Noch immer zu langsam, aber besser als gestern Abend.«
Ich nickte und wischte mir mit einem Handtuch den Schweiß vom Gesicht. Ursprünglich hatte ich in Parkers Kurs nur eine intensivere Alternative zu meinen normalen Studiobesuchen gesehen, doch die letzte Nacht hatte mir gezeigt, dass das Selbstverteidigungstraining mehr als ein nützlicher Nebeneffekt war.
Die Tribal-Tattoos spannten sich um seinen Bizeps, als er die Wasserflasche an die Lippen führte. Weil er Linkshänder war, geriet sein schlichter goldener Ehering dabei ins Licht und reflektierte auffällig. Ich sah auf meine rechte Hand, an der ich den Freundschaftsring trug. Ich dachte daran, wie Gideon ihn mir gegeben und erklärt hatte, dass die mit Diamanten verzierten X um das gedrehte Gold sein Festhalten an mir symbolisieren sollten. Ich fragte mich, ob er noch immer so dachte, ob er noch immer glaubte, der Versuch würde sich lohnen. Ich tat es, keine Frage.
»Fertig?«, erkundigte sich Parker und warf seine leere Flasche in die Mülltonne.
»Leg los.«
Er grinste. »So kenn ich dich.«
Parker machte mich zwar immer noch fertig, aber diesmal lag es nicht an meinem fehlenden Einsatz. Ich wehrte mich nach Kräften und reagierte meinen Frust bis zur völligen körperlichen Erschöpfung ab. Zudem wuchs bei mir mit jedem Erfolgserlebnis die Entschlossenheit, um meine stürmische Beziehung zu kämpfen. Ich war bereit, die nötige Zeit und Energie aufzubringen, um für Gideon da zu sein, um ein besserer, stärkerer Mensch zu werden, damit wir unsere Probleme bewältigen konnten. Und genau das würde ich ihm sagen, ob er es nun hören wollte oder nicht.
Als die Stunde vorbei war, packte ich meine Sachen und winkte den anderen Kursteilnehmern zum Abschied zu. Ich drückte die Querstange der Ausgangstür hinunter und trat in die warme Abendluft. Clancy hatte den Wagen bereits vorgefahren und lehnte am Kotflügel in einer Haltung, die nur ein Schwachkopf für gleichgültig halten konnte. Trotz der Hitze trug er ein Jackett, das sein Waffenholster verbarg.
»Und, läuft’s?« Er richtete sich auf, um mir die Fondtür zu öffnen. Seit ich ihn kannte, trug er die dunkelblonden Haare militärisch kurz geschnitten, was seine ernste Ausstrahlung noch unterstrich.
»Ich arbeite dran.« Während ich auf die Rückbank glitt, bat ich Clancy, mich bei Gideon abzusetzen. Ich hatte meinen eigenen Schlüssel und würde ihn auch benutzen.
Auf der Fahrt überlegte ich, ob Gideon zu seinem Termin bei Dr. Petersen gegangen war oder ob er ihn hatte sausen lassen. In die Einzeltherapie hatte er nur meinetwegen eingewilligt. Falls ich keine Rolle mehr spielte, würde er einen solchen Aufwand jetzt womöglich für überflüssig halten.
Ich betrat die unaufdringlich elegante Lobby von Gideons Apartmenthaus und meldete mich am Empfang an. So richtig nervös wurde ich erst, als ich allein in seinem Privataufzug stand. Vor ein paar Wochen hatte er mich bereits auf die Liste der genehmigten Gäste gesetzt. Diese Geste besaß für uns beide eine ganz besondere Bedeutung, da Gideon seine Wohnung als persönliche Zufluchtsstätte betrachtete, in der Besucher nur in Ausnahmefällen geduldet wurden. Ich war die einzige Geliebte, die er jemals hergebracht hatte, und abgesehen vom Personal der einzige Mensch, der einen
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