Crossfire. Versuchung: Band 1 Roman (German Edition)
Gott!« Gideons Brust hob und senkte sich. »Der war nicht einfach nur im Arsch, der war geisteskrank. Und er hat dich berührt … dich … Eva.«
»Die Hausangestellten wussten bestimmt Bescheid«, fuhr ich wie betäubt fort und starrte auf meine Hände, die sich in meinem Schoß ineinanderkrampften. Ich wollte es jetzt einfach nur hinter mir haben, es so schnell wie möglich loswerden, um es dann wieder im hintersten Winkel meines Bewusstseins zu verstauen, sodass ich es in meinem Alltag wieder vergessen konnte. »Die Tatsache, dass sie nichts verrieten, deutet darauf hin, dass sie ebenfalls Angst hatten. Sie waren erwachsen und sagten kein Wort. Ich aber war ein Kind. Wenn sie schon nichts unternahmen, was hätte ich dann ausrichten können?«
»Wie bist du da rausgekommen?«, fragte er mit heiserer Stimme. »Wann war es vorbei?«
»Als ich vierzehn war. Ich glaubte, meine Periode zu haben, aber ich blutete zu stark. Meine Mutter geriet in Panik und fuhr mit mir in die Notaufnahme. Ich hatte eine Fehlgeburt. Im Zuge der Untersuchung fanden sie Hinweise auf … weitere Traumata. Vaginales und anales Narbengewebe …«
Mit einem dumpfen Schlag landete Gideons Glas auf den Tisch.
»Es tut mir leid«, flüsterte ich. Mir war ganz elend zumute. »Ich würde dir die Details ersparen, aber du musst wissen, was irgendwann ans Licht kommen kann. Das Krankenhaus meldete den Missbrauch ans Jugendamt. Es existiert eine offizielle Akte, die zwar irgendwann geschlossen wurde, aber es gibt immer noch Leute, die die Geschichte kennen. Als meine Mom Stanton heiratete, sorgte er dafür, dass die Akten ein für alle Mal im Archiv verschwanden. Er bezahlte viel Geld für entsprechende Geheimhaltungsvereinbarungen … und so weiter. Trotzdem könnte irgendwann alles herauskommen, und deshalb musstest du davon erfahren. Es könnte peinlich für dich werden.«
»Peinlich für mich?«, blaffte er zitternd vor Zorn. »Das ist wohl das Letzte, was ich in dieser Situation fühlen könnte.«
»Gideon …«
»Ich würde die Karriere eines jeden Reporters zerstören, der es wagt, darüber zu schreiben, und dann würde ich das Blatt, das diesen Artikel über dich veröffentlicht hat, ruinieren.« Eiskalter Zorn beherrschte ihn. »Ich finde das Monster, das dich verletzt hat, Eva, wo immer es ist, und wenn ich den Kerl gefunden habe, wird er sich wünschen, tot zu sein.«
Ich erschauerte, denn ich glaubte ihm. Ich erkannte es in seinem Gesicht. In seiner Stimme. In der Energie, die er ausstrahlte und in seiner ungeheuren Konzentration. Er sah nicht nur dunkel und gefährlich aus. Gideon war ein Mann, der bekam, was er wollte, koste es, was es wolle.
Mit einem Ruck erhob ich mich. »Es ist die Mühe nicht wert. Deine Zeit nicht wert.«
»Aber du bist es wert. Du bist es wert, verdammt. Gottverdammt noch mal!«
Ich trat näher an den Kamin heran. Mir war kalt. »Um es herauszukriegen, muss man nur der Spur des Geldes folgen. Das ist die bevorzugte Methode von Reportern und Polizisten. Irgendjemand wird sich über kurz oder lang fragen, warum meine Mutter nach der Scheidung zwei Millionen erhielt, ihre Tochter, die auch noch aus einer vorherigen Beziehung stammt, aber fünf Millionen.«
Ohne hinzusehen spürte ich seine plötzliche Stille. »Natürlich«, fuhr ich fort, »ist dieses Blutgeld mittlerweile zu einer deutlich höheren Summe angewachsen. Ich werde es nicht anrühren, aber Stanton verwaltet das Depot, in dem es liegt, und jeder weiß, dass alles, was er berührt, zu Gold wird – wie bei König Midas. Wenn du dir also jemals Gedanken darüber gemacht hast, ob ich nur dein Geld will …«
»Red nicht weiter.«
Ich wandte mich zu ihm um. Ich sah sein Gesicht, seine Augen. Sah das Mitleid und das Entsetzen. Aber was mich am meisten verletzte, war das, was ich nicht sah.
Da wurde mein größter Albtraum Wirklichkeit. Ich hatte befürchtet, dass ich durch meine Vergangenheit nicht mehr anziehend auf ihn wirken könnte. Gegenüber Cary hatte ich die Vermutung geäußert, dass Gideon sich vielleicht aus den falschen Gründen entscheiden könnte, bei mir zu bleiben. Dass er mich zwar nicht verließ, ich ihn aber dennoch – trotz aller guten Absichten – verlieren würde.
Und wie es schien, war genau das jetzt geschehen.
13
Ich zog den Gürtel des Morgenmantels enger um mich. »Ich werde mich anziehen und gehen.«
»Wie bitte?« Gideon starrte mich an. »Wohin?«
»Nach Hause«, sagte ich. Ich war zu Tode erschöpft. »Ich
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