Cruel World
alles, die gesamte Ausrottung meiner Art, umsonst gewesen. Ich konnte einfach nicht glauben, dass Kelly so dumm war. Wenn sie tatsächlich diesen Befehl gegeben hatte, aber nicht zur Königsfamilie gehört und die Unterwürfigen trotzdem das taten, was sie verlangte, dann musste sie diesen äußert riskanten Plan bestimmt erst einmal überdenken. Auf keinen Fall jedoch war sie kein Vampir. Da war ich mir hundertprozentig sicher. Sie hatte kein Blut nötig, um ewig am Leben zu bleiben. Ich hatte oft genug gesehen, wie sie normales, menschliches Essen zu sich genommen hat, obwohl sie, wie mir aufgefallen war, blutiges Fleisch ziemlich bevorzugte.
Welches Sternzeichen hast du, Alex? fragte ich nach einer Weile des Schweigens.
Aus den Augenwinkeln nahm ich wahr, wie er seinen Kopf zu mir drehte.
Sternzeichen? Meinst du damit Sterne, die sich zu Figuren zusammensetzen? Ist so etwas wirklich möglich?
Ich lachte leise, weil er das seiner verwirrten Stimme nach zu urteilen tatsächlich ernst meinte.
Als ich das letzte mal hier gewesen war, hatte ich ihm auch ständig irgendwelche Dinge erklären müssen, von denen er noch nie vorher etwas gehört hatte. Aber ich verstand ihn nur allzu gut. Wer sein ganzes Leben in einem unterirdischem Schloss verbracht hat und dazu auch noch ständig noch weiter unten in einem Keller eingesperrt gewesen ist, der konnte gar nicht so viel über die Welt wissen.
Nicht ganz. Sternzeichen sind Sterne, die sich zu Tieren zusammensetzen. Es gibt immer für einen bestimmten Zeitraum ein Sternzeichen. Insgesamt gibt es, soweit ich weiß, zwölf Stück.
Die da wären? wollte er wissen und stützte seinen Kopf mit seiner Hand ab. In seinem Blick erkannte ich echte Neugier.
Also, ich bin Steinbock. Dann gibt es noch Fische, Wassermann, Krebs, Jungfrau, Widder, Löwe, Schütze, Zwillinge, Stier, Waage und Scorpion.
Wow. Ich habe am einundzwanzigsten August Geburtstag. Welches Sternzeichen habe ich also?
Löwe. sagte ich sofort und hielt gleich darauf inne. Immer wenn ich ihn gefragt hatte wann er geboren sei, wollte er mir nie irgendetwas erzählen. Nun jedoch sprach er es ganz von alleine aus. Er hatte sich schon ein bisschen verändert seit dem letzten mal.
Aha. Sag mal, sind alle Steinböcke genauso wie du?
Ich lachte wieder, aber dieses mal ganz laut. Ich konnte mich nicht mehr zurückhalten. Da muss ich dich leider enttäuschen. Jede Person hat eine eigene Persönlichkeit. Es gibt niemanden auf der Welt, der genauso ist wie ein anderer. Jede Person, jedes Lebewesen, ist einzigartig.
Stimmt es auch, dass jeder einen anderen Daumenabdruck hat?
Ja. Die Polizisten und Detektive haben früher oft die Täter anhand ihrer Fingerabdrücke aufgespürt.
Das klingt interessant. murmelte er nachdenklich. Ich wollte immer Arzt werden. Ehrlich gesagt, habe ich mich immer geheim aus dem Schloss geschleicht und bin zur Universität Londons gegangen, um dort Medizin zu studieren. Mit dem Blut hatte ich anfangs kein Problem, doch dann wurde es immer schlimmer. Einmal hätte ich einen Freund beinahe getötet. Nach diesem Tag habe ich mein Studium abgebrochen.
Du Ärmster. Bemitleidend strich ich ihm mit einer Hand über den Arm. Es musste wirklich schwer für ihn gewesen sein, all seine Hoffnungen und Zukunftswünsche aufzugeben.
Ach, ich habe mich damit abgefunden. Meine Eltern haben nie gemerkt, dass ich weg gewesen bin. Schließlich haben sie sich immer nur um Aaran gekümmert. Er rümpfte die Nase. Dabei bin ich viel klüger als er!
Wie recht du hast.
Wir grinsten uns an und schauten danach seufzend nach oben zu den Sternen, die durch den noch dunkler gewordenen Himmel nun noch mehr strahlten und die Nacht gemeinsam mit dem Mond ein wenig erhellten.
Die ganze Zeit versuchten wir gemeinsam die Sterne zu Figuren zusamenzusetzen, was uns nur teilweise gelang. Zu meiner großen Überraschung entdeckte Alex sofort den Steinbock, was ihn auch sehr erfreute. Danach versuchte er die einzelnen Sterne zu einem gesicht zusammenzusetzen und irgendwann erkannte ich es auch. Das Gesicht hatte große, wunderschöne Augen und einen kleinen Mund. Die Nase bestand zwar nur aus zwei Sternen, die nebeneinander waren, aber trotzdem fand ich es toll. Meine Zeit mit Alex war immer wundervoll. Mit ihm wurde es einfach nie langweilig.
Hast du jetzt wieder Hunger? fragte er mich, nachdem wir so viel miteinander gelacht hatten und erhob sich geschmeidig.
Nicht wirklich. gab ich zu und setzte mich auf.
Na schön. Aber ich kann dir doch
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