Cruel World
Vampire nackt durch die Gegend lief und irgendwelchen Menschen die Klamotten klaut, denn die hatten es schließlich nötiger sich warmzuhalten. Menschen konnten erfrieren, er dagegen nicht.
Nachdem ich meinen Rucksack genommen hatte, betrat ich die kühle Morgenlandschaft, die noch immer dunkel, nebelig und voller Schnee war.
Ich bekam Angst. Nicht, weil ich befürchtete, angegriffen werden zu können, denn daran hatte ich mich bereits gewöhnt. Meine Angst bestand eher darin, dass ich durch die Kälte sterben könnte. Mein Parka war über Nacht eiskalt geworden und meine Zähne klappterten jetzt schon wie verrückt. Aber da musste ich jetzt durch.
>> Es gibt Schlimmeres.<< flüsterte ich und machte mich daran, den Felsen hinunterzuklettern. Die Panik, die ich, kaum als ich einen Fuß nach unten gesetzt hatte, verspürte, ignorierte ich nur halb gekonnt, weil mir immer wieder alte Bilder in den Kopf schossen, die ich am liebsten für immer vergessen wollte.
Die Frau, die mich an der Harbour Bridge angegriffen hatte, war nun untertänig mir gegenüber geworden. Dem asiatischen Krieger Sota dagegen würde ich hundertprozentig noch einmal wieder begegnen. Er war schließlich wild darauf mich zu töten. Allerdings war ich mir nicht ganz sicher, ob Kelly ihm genau das befohlen hatte. Wäre es ihr nicht lieber, mich eigenhändig zu ermorden? Diese Sache war ziemlich verwirrend. Wie hatte sie überhaupt erfahren, dass Aaran sich als eine andere Person ausgegeben hat? Wusste sie auch, wo die Glory Cole Have liegt? Aaran hätte es ihr bestimmt nicht freiwillig erzählt. War er wirklich erpresst worden? Konnte das möglich sein? Ich wünschte es mir innerlich wirklich sehr.
Kopfschüttelnd stellte ich fest, dass ich bereits die fünf Meter hinuntergeklettert war. Und dass, ohne mich zu verletzen! Der Felsen war schon ziemlich steil. Deshalb war ich gerade unglaublich stolz auf mich.
Nun jedoch hatte ich die Qual der Wahl. Vor mir lag die überraschenderweise wunderschöne Landschaft, die von kunterbunten Blumen überdeckt wurde, obwohl wir noch Winter haben. Es war höchstwahrscheinlich Mitte März. Vielleicht aber war dieses Feld verzaubert worden. Hinter dieser Landschaft lag der Wald, dessen Anblick in die Dunkelheit mich schon Bange werden ließ. Wer wusste schon, was für Kreaturen darin lauerten. Es wäre natürlich auch möglich, dass Aaran mich in diesem Punkt ebenfalls angelogen hat, aber ich wollte auf Nummer sichergehen und die Kirche dahinter vermeiden. Also beschloss ich den alten sandigen Weg zu nehmen, den ich eben gerade entdeckt hatte. Ich wusste, dass das Moos an dem Felsen nach Osten deutet und deshalb ging ich in die linke Richtung.
Ich beeilte mich extra, damit Aaran, falls er früher als gehofft aufwachen sollte, mich nicht so leicht finden konnte. Es war schließlich möglich, dass mein Geruch mit der Zeit verschwand.
Es regnete in Strömen und hörte einfach nicht auf. Mein Parka war klitschnass geworden, sodass ich ihn ausziehen musste, weil der Stoff immer schwerer und ich somit erschöpfter wurde. Dasselbe Problem hatte ich auch mit meinen Stiefeln, allerdings ließ ich sie trotzdem an, weil es höllisch wehtun würde auf Socken zu laufen.
Ich kletterte über große Steine, lief über zwei ausgetrocknete Felder und als der Himmel sich verdunkelte fiel mir auf, dass die Glory Cole Have durch den grauen, dichten Nebel kaum noch zu erkennen war. Wie ein unheimlicher Ort des Grauens erstreckte sich der Felsen über die Landschaft.
Aaran war ganz bestimmt schon aufgewacht und hatte sich gefragt, wo ich hingegangen bin und warum seine Anziehsachen nicht mehr da waren. Es wunderte mich, dass er noch immer nicht vor mir aufgetaucht ist. Machte er sich keine Sorgen? War ich ihm doch egal? Er hatte mir in der gestrigen Nacht so viel Leidenschaft geschenkt. War seine gesamte Liebe nur vorgespielt gewesen? Ich wollte dies nicht wahrhaben, wusste jedoch, dass er mein Vertrauen missbraucht hatte. Ich wusste nicht mehr, was ich glauben konnte und was nicht. Von nun an würde ich nicht mehr so leichtgläubig sein.
Stampfend blieb ich stehen.
Das Holz der Brücke, auf der ich stand, war ganz morsch und weich geworden und es knarrte laut. Ich schaute hinunter in den tiefen Fluss, dessen starke Strömung dazu führte, dass das Wasser bereits überschwemmte. Ich erkannte winzige Fische darin, die verzweifelt versuchten, dagegen anzukämpfen. Beinahe hätte ich über diese Dummheit aufgelacht. Der eiskalte Windzug, der
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