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Cruzifixus

Cruzifixus

Titel: Cruzifixus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Peter Dinesh Bauer
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des unermüdlichen Bemühens eines um jede Seele ringenden Beichtvaters bedurft, ehe er sich mit dem Gedanken anfreunden konnte, dass es einen „obersten Kriegsherren“ gab, vor dem er Rechenschaft für seine Taten ablegen musste. Jeder Bruder, sei er nun einfacher Diener oder der oberste Legat der „Sieben“ hatte seine Pflicht zu erfüllen, den Geboten, Regeln und Vorschriften zu gehorchen und sich dem größeren Ganzen unterzuordnen, sich in die Gott gegebene erratische, hierarchische Ordnung zu fügen. Das Individuum war nichts, das Kollektiv, die Gemeinschaft alles – in diesem Punkt ähnelte die Societas der SS. Sein Blick folgte den aus romanischer Zeit stammenden Säulenreihen, strich über die breiten, die Last der Gewölbe atlasgleich schulternden Rücken der Rundbögen. Von den in hellgrauen Stein gemeißelten Kapitellen herab musterten ihn Tiermenschen mit Drachenschwänzen und Katzenköpfen, Giraffenhälsen und Bocksfüßen mit steinernen, fühllosen Basiliskenblicken. Die sich aus den Säulenschäften windenden Faunsfratzen schienen ihn boshaft anzugrinsen. Nein, kein Dämon hatte Macht über ihn. Er war Herr seiner selbst, seiner Gedanken und Gefühle. Der Bauch war ein schlechter Ratgeber. Man musste mit kühlem Kopf an diffizile Aufträge wie die Mission P herangehen. Dennoch war einiges schief gegangen: Paintingers Tod war ein bedauerlicher Betriebsunfall gewesen. Er hatte blitzschnell umdisponieren, improvisieren müssen. Um den Verdacht auf einen Psychopathen zu lenken, hatte er es so aussehen lassen, als ob Paintinger das Opfer eines Ritualmords geworden war. Der Tod seines V-Manns, seines „Consigliere“ war hingegen die Folge einer unverzeihlichen Nachlässigkeit seinerseits. Selbst wenn er nur indirekt an der peinlichen Aktion beteiligt war – würde man in Rom doch ihm die Schuld an der Sache in die Schuhe schieben. Dirrigl war zwar ein korrupter, von Zwangsvorstellungen verfolgter Kaputtnik, aber im Ernstfall war auf ihn Verlass. Nicht ohne Grund hatte man ihm die Schlüssel zu den schwarzen Kassen anvertraut. Nur um auf Nummer sicher zu gehen, hatte er ihn von dem ihm zugeteilten Leviten beschatten lassen. Als ihm Rakauskas per Funk meldete, dass Dirrigl mit einem verdächtigen Subjekt unterwegs sei, hatte er angeordnet, ihn vorsichtshalber kurzzeitig aus dem Verkehr zu ziehen. Im Übereifer hatte der Nichtsnutz von einem Novizen jedoch die Ampullen vertauscht und dem ahnungslosen Dechanten ein lysergsäurehaltiges, halluzinogenes Serum in die Blutbahn gejagt. Im Drogenrausch hatte Dirrigl vermeint ein Akolyth Luzifers zu sein, der über übernatürliche Fähigkeiten verfüge, sich über die Schwerkraft hinwegsetzen und sich in einen geflügelten Drachen verwandeln könne. Mit der Kraft eines vom Dämon Besessenen hatte er sich aus Rakauskas Griff befreit und war vor ihm in den Wald geflohen. Rakauskas hatte ihn zwar im Schweinsgalopp verfolgt, konnte jedoch nicht mehr verhindern, dass er in der irrigen Annahme ein Flugdrache zu sein, Anlauf nahm und über die Klippe sprang. Dirrigl war wie ein Stein in die Tiefe geplumpst und – wie die Dinge lagen - stante pede zur Hölle gefahren. Gott mochte den reuigen Sündern vergeben, die Spießknechte Satans und die Söhne Sodoms aber waren verdammt bis in alle Ewigkeit.
     
    „Rosa mystica, ora pro nobis. Turris Davidica, ora pro nobis. Turris eburnea, ora pro nobis.”
                Der Singsang des zu Füßen der Mater Dolorosa psalmodierenden Mönchs klang dünn und brüchig:
                „ Domus aurea, ora pro nobis. Foederis arca, ora pro nobis. Janua caeli, ora pro nobis.”
                Überall im alten Orient gab es eine Muttergottheit, die als Urquell mystischer Erfahrung diente. Auch in der Männerdomäne der Mönchsorden führte kein Weg an Maria vorbei. Pio war die selige Jungfrau hingegen nicht ganz geheuer. Jene Miriam aus Galiläa war in Wahrheit wohl eher ein Mauerblümchen, denn ein strahlender Stern gewesen. Selbst ihr Sohn Jesus hatte sich nicht sonderlich um die zukünftige Galionsfigur der Christenheit gekümmert und war stattdessen mit seinem Gspusi Maria Magdalena um die Häuser gezogen.
                „ Stella matutina, ora pro nobis. Salus infirmorum, ora pro nobis. Refugium peccatorum, ora pro nobis. Consolatrix afflictionem, ora pro nobis.”
                In den Briefen des Paulus oder im Evangelium des Markus war Maria nicht mehr als eine quantite

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