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Cry Baby - Scharfe Schnitte: Thriller (German Edition)

Cry Baby - Scharfe Schnitte: Thriller (German Edition)

Titel: Cry Baby - Scharfe Schnitte: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Flynn
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habe, dann ihre manische Ordnungsliebe. Ich muss mich bremsen, sonst würde ich sogar Socken bügeln. Als ich aus der Klinik kam, machte ich eine Kochperiode durch: Ich kochte Pinzetten und Wimpernbürsten, Haarnadeln und Zahnbürsten aus. Das brauchte ich einfach. Die Pinzette landete dann doch im Müll. Spätabends überkam mich nämlich der Gedanke an ihre glänzenden Spitzen. Böses Mädchen.
    Ich hoffte, Betsy Nash würde verschwinden. Im wahrsten Sinne des Wortes. Sie wirkte so unscheinbar, dass ich mir ohne Mühe vorstellen konnte, wie sie sich allmählich auflöste, bis nur noch ein klebriger Fleck auf der Sofakante übrig war. Doch sie blieb da und blickte zwischen ihrem Mann und mir hin und her, noch bevor wir ein Wort gewechselt hatten. Als wappnete sie sich für das Gespräch. Auch die Kinder lungerten im Wohnzimmer herum, kleine blonde Geister, gefangen in einer Grauzone von Trägheit und Dummheit. Aus dem hübschen Mädchen könnte mal etwas werden, doch das kleinere, dickliche Mädchen, das gerade ins Zimmer watschelte, würde später einmal zu notgeilem Sex und Kuchenorgien verdammt sein. Und der Junge war der Typ, der sich irgendwann an Tankstellen herumtreibt und säuft. Ein zorniger, gelangweilter Teenager, wie ich sie bei meiner Ankunft in der Stadt gesehen hatte.
    »Mr. Nash, ich muss noch einmal mit Ihnen über Ann sprechen. Es geht um einen längeren Artikel«, setzte ich an. »Sie haben mir schon viel Zeit gewidmet, und ich hatte gehofft, dass Sie noch einmal so freundlich sein würden.«
    »Wenn es unserem Fall Aufmerksamkeit verschafft, haben wir nichts dagegen«, sagte er. »Was möchten Sie wissen?«
    »Welche Spiele sie mochte, was sie gerne aß. Wie würden Sie Ann beschreiben? War sie eher eine Anführerin oder Mitläuferin? Hatte sie viele Freundinnen oder nur wenige, die ihr dafür sehr nahestanden? Wie kam sie in der Schule zurecht? Was machte sie am Wochenende?« Die Nashs schauten mich schweigend an.
    »Die meisten Fragen kann eher meine Frau beantworten«, sagte Bob Nash. »Sie … kümmert sich um die Kinder.« Er wandte sich an Betsy, die fortwährend dasselbe Kleid zusammen- und wiederauseinander faltete.
    »Sie mochte Pizza und Fischstäbchen«, sagte sie. »Und sie kannte viele Mädchen, hatte aber nur wenige enge Freundinnen. Sie spielte oft allein.«
    »Mommy, Barbie braucht neue Kleider«, sagte Ashleigh und hielt ihrer Mutter eine nackte Plastikpuppe vors Gesicht. Wir Erwachsenen beachteten sie nicht, worauf sie die Barbie zu Boden warf und in Ballerinasprüngen durchs Zimmer tanzte. Ihre Schwester Tiffanie ergriff die Gelegenheit, stürzte sich auf die Puppe und begann, die gummiartigen, gebräunten Beine auseinander- und wieder zusammenzubiegen.
    »Sie war zäh, das zäheste meiner Kinder«, sagte Bob Nash. »Hätte Football spielen können, wenn sie ein Junge gewesen wäre. Rannte ständig umher, hatte dauernd Kratzer und blaue Flecken.«
    »Ann war mein Sprachrohr«, meinte Betsy leise. Mehr sagte sie nicht.
    »Wie meinen Sie das, Mrs. Nash?«
    »Sie redete viel, sprach alles aus, was ihr gerade in den Sinn kam. Meistens war es vernünftig.« Sie verstummte, doch ich sah, wie es in ihr arbeitete. »Ich dachte, vielleicht wird sie einmal Anwältin oder hält Reden im College oder so, weil sie … sie hielt nie inne, um ihre Worte zu überdenken. Was ich ständig tue. Ich denke immer, wenn ich etwas sage, es wäre dumm. Ann hingegen meinte, jeder sollte hören, was sie zu sagen hatte.«
    »Sie haben die Schule erwähnt, Miss Preaker«, warf Bob Nash ein. »Dort hatte sie Probleme wegen ihrer Redseligkeit. Sie kommandierte gern, und mehrere Lehrer riefen uns an, weil sie sich nicht gut in die Klassengemeinschaft einfügte. Sie war ein bisschen wild.«
    »Manchmal meine ich, es lag daran, dass sie so schlau war«, fügte Betsy Nash hinzu.
    Bob Nash nickte. »Und ob sie das war. Manchmal dachte ich, sie ist schlauer als ihr alter Herr. Und manchmal dachte
sie
auch, sie sei schlauer als ihr alter Herr.«
    »Guck mal, Mommy!« Tiffanie hatte gedankenlos an den Barbiezehen gekaut und begann nun unvermittelt mitten im Zimmer Purzelbäume zu schlagen. Ashleigh, von scheinbarem Zorn gepackt, kreischte auf, als ihre Mutter sich der Schwester zuwandte, und versetzte dieser einen harten Stoß. Dann riss sie sie einmal heftig an den Haaren. Tiffanie schrie auf, und Bobby Junior brach erneut in Tränen aus.
    »Das war Tiffanies Schuld«, kreischte Ashleigh und jammerte vor sich

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