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Cry Baby - Scharfe Schnitte: Thriller (German Edition)

Cry Baby - Scharfe Schnitte: Thriller (German Edition)

Titel: Cry Baby - Scharfe Schnitte: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Flynn
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doch Jackie und Annabelle nickten ernst. Melissa/Melinda schaute sich im Restaurant um, als wünschte sie sich an einen anderen Tisch.
    »Wo ist deine Momma?«, fragte Annabelle unvermittelt. »Sie sollte lieber herkommen. Es täte ihr gut. Sie benimmt sich so eigenartig, seit diese Geschichte angefangen hat.«
    »Sie hat sich vorher schon eigenartig benommen«, meinte Jackie und mahlte mit dem Kiefer. Es sah aus, als müsste sie sich jeden Moment erbrechen.
    »Jackie, ich bitte dich.«
    »Ich meine es ernst. Camille, du solltest wissen, so wie es mit deiner Mutter steht, bist du in Chicago besser aufgehoben. Fahr lieber zurück.« Ihr Gesicht wirkte nicht mehr manisch, sie sah jetzt ganz ruhig aus. Und aufrichtig besorgt. Ich spürte, wie sie mir wieder sympathisch wurde.
    »Ehrlich, Camille …«
    »Halt den Mund, Jackie«, sagte Annabelle und warf ihr mit Wucht ein Brötchen ins Gesicht. Es prallte von Jackies Nase ab und plumpste auf den Tisch. Ein albernes Aufblitzen von Gewalt, das mich an Dee und seinen Tennisball erinnerte – ich war weniger betroffen von dem Wurf als von der Tatsache, dass es überhaupt dazu gekommen war. Jackie quittierte den Treffer mit einer flüchtigen Handbewegung und redete weiter.
    »Ich sage, was ich will, und ich sage, Adora kann schlimme …«
    Annabelle stand auf, trat neben Jackie und zog sie am Arm hoch.
    »Du solltest dich jetzt lieber übergeben.« Ihre Stimme klang wie eine Mischung aus Gurren und Drohung. »Du hast zu viel getrunken. Übergib dich, dann wird’s nachher nicht ganz so schlimm. Ich bringe dich zur Toilette.«
    Zuerst schlug Jackie nach ihrer Hand, doch Annabelle ließ nicht locker und führte die schwankende Freundin davon. Am Tisch herrschte Schweigen. Mir stand der Mund offen.
    »Das hat nichts zu bedeuten«, meinte DeeAnna schließlich. »Große Mädchen streiten genau wie kleine. Camille, hast du schon gehört, dass wir demnächst vielleicht einen GAP -Laden bekommen?«
     
    Jackies Worte ließen mir keine Ruhe:
So wie es mit deiner Mutter steht, bist du in Chicago besser aufgehoben.
War das nicht ein Wink mit dem Zaunpfahl? Ich hätte gern gewusst, weshalb sie und Adora sich zerstritten hatten. Gewiss steckte mehr dahinter als eine vergessene Glückwunschkarte. Ich nahm mir vor, bei Jackie vorbeizuschauen, wenn sie nüchtern war. Falls sie mal nüchtern war. Andererseits, wer im Glashaus sitzt …
    Angenehm benebelt vom Wein rief ich vom Supermarkt aus bei Familie Nash an. Eine zitternde Mädchenstimme meldete sich und verstummte. Ich hörte sie atmen, aber es kam keine Antwort, als ich mich nach ihren Eltern erkundigte. Dann ein leises Klicken, und die Verbindung war unterbrochen. Also fuhr ich persönlich hin.
    In der Einfahrt parkten ein kastenförmiger Minivan aus der Disco-Ära und ein rostiger gelber Trans Am, woraus man schließen konnte, dass Bob und Betsy beide zu Hause waren. Die älteste Tochter kam an die Tür, blieb aber hinter dem Fliegengitter stehen und starrte auf meinen Bauch. Ich fragte, ob ihre Eltern zu Hause seien. Die Nashs waren alle eher klein geraten. Ashleigh war dreizehn, wirkte aber, genau wie der pummelige Junge, den ich bei meinem ersten Besuch gesehen hatte, einige Jahre jünger. Und benahm sich auch so. Sie lutschte an ihrem Haar und zuckte kaum mit der Wimper, als der kleine Bobby sich neben sie stellte und bei meinem Anblick sofort in Tränen ausbrach. Dann schrie er los. Es verging etwa eine Minute, bis Betsy Nash an die Tür kam. Sie wirkte ähnlich verwirrt wie die Kinder und sah mich fragend an, als ich mich vorstellte.
    »Wind Gap hat keine Tageszeitung.«
    »Stimmt, ich komme von der
Chicago Daily Post
«, sagte ich. »Chicago, Illinois.«
    »Solche Dinge erledigt mein Mann«, sagte sie und fuhr ihrem Sohn durchs Haar.
    »Ich will Ihnen kein Abo verkaufen … Ist Mr. Nash zu Hause? Vielleicht könnte ich ihn ganz kurz sprechen.«
    Die drei Nashs traten synchron von der Tür zurück, und nach einer Weile holte mich Bob Nash herein und fegte Wäschestücke vom Sofa, um Platz für mich zu machen.
    »Verdammt nochmal, wir leben auf einer Müllhalde«, sagte er laut zu seiner Frau. »Ich möchte mich für die Unordnung hier im Haus entschuldigen, Miss Preaker. Seit der Sache mit Ann läuft hier alles aus dem Ruder.«
    »Ach, keine Sorge«, sagte ich und zog eine Garnitur Jungenunterwäsche unter mir hervor. »So sieht es bei mir immer aus.« Was ganz und gar nicht stimmte. Wenn ich etwas von meiner Mutter geerbt

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