Cry Baby - Scharfe Schnitte: Thriller (German Edition)
herzförmige Gesichter und dünne Beine. Miniröcke und winzige T-Shirts, die flache Kinderbäuche freigaben. Bis auf Jodes, deren Brust so hoch und fest wirkte, als bestünde sie nur aus Polstern, hatten sie schon richtige Brüste, rund, wacklig und ganz schön frühreif. Das machte die jahrelange gute Fütterung mit Milch, Schwein und Rind. Und die Extraportion Hormone, die wir in unser Vieh pumpen. Bald haben schon Krabbelkinder Titten.
»Hi, Dick«, rief Amma. Sie sog an einem überdimensionalen roten Lutscher.
»Hi, Ladys.«
»Hi, Camille, wann machst du mich zum Star?«, fragte Amma und ließ die Zunge lasziv um den Lutscher kreisen. Die Zöpfe waren verschwunden und mit ihnen die Kleidung, die sie auf der Farm getragen hatte. Die vermutlich stank. Jetzt hatte sie ein Tanktop und einen Rock an, der kaum über den Po reichte.
»Das dauert noch.« Sie hatte Pfirsichhaut, absolut makellos, und ein so vollkommenes und ausdrucksloses Gesicht, als wäre sie gerade erst aus dem Mutterleib geschlüpft. Alle vier wirkten noch unfertig. Ich wollte, dass sie verschwanden.
»Dick, wann nehmen Sie uns mal mit?«, fragte Amma und ließ sich vor uns auf den Boden fallen. Als sie die Beine anzog, gab sie den Blick auf ihren Slip frei.
»Dazu müsste ich euch schon verhaften. Und die Jungs, mit denen ihr so abhängt. Die Jungs von der Highschool sind zu alt für euch.«
»Die sind nicht von der Highschool«, sagte die Große.
»Genau«, kicherte Amma, »sind rausgeflogen.«
»Amma, wie alt bist du?«
»Gerade dreizehn geworden.«
»Warum interessieren Sie sich eigentlich nur für Amma?«, fragte die vorlaute Blondine. »Wir sind auch noch da. Vermutlich wissen Sie nicht mal, wie wir heißen.«
»Camille, darf ich vorstellen: Kylie, Kelsey und Kelsey.« Richard deutete auf die Große, die Vorlaute und das Mädchen, das meine Schwester …
»Das ist Jodes«, meinte Amma. »Sie heißt auch Kelsey, darum rufen wir sie beim Nachnamen. Stimmt doch, Jodes, oder?«
»Sie dürfen mich auch Kelsey nennen, wenn Sie wollen«, sagte das Mädchen, das am wenigsten hübsch war und daher in der Hackordnung ganz unten stand. Schwächliches Kinn.
»Und Amma ist Ihre Halbschwester«, fuhr Richard fort. »So hinterm Mond bin ich nun auch wieder nicht.«
»Nein, sieht aus, als wären Sie ganz schön vor dem Mond.« Selbst diese harmlosen Worte klangen bei Amma zweideutig. »Und, habt ihr beide ein Rendezvous? Camille soll ja früher mal ein ganz steiler Zahn gewesen sein.«
Richard lachte laut auf, verschluckte sich aber und musste husten.
Unwürdig
flammte an meinem Bein auf.
»Es stimmt, Richard. Damals war ich ganz schön wild.«
»Und wie«, neckte mich Amma. Zwei andere lachten. Jodes zeichnete mit einem Stock wirre Linien auf den Boden. »Sie sollten sich mal anhören, was so erzählt wird. Würde Sie ganz schön anturnen. Aber vielleicht sind Sie das ja schon.«
»Meine Damen, wir müssen los, aber es war mir wie immer ein Vergnügen.« Er nahm meine Hand und half mir von der Schaukel. Hielt sie fest und drückte sie zweimal, während wir zum Wagen gingen.
»Oh, ein Gentleman«, rief Amma, und die vier standen auf und kamen uns nach. »Kann kein Verbrechen aufklären, aber er hilft Camille dabei, in seine beschissene Karre zu steigen.« Sie waren genau hinter uns, verfolgten uns förmlich. Ich spürte, wie dort, wo Ammas Sandale mich unter dem Tisch an der Achillessehne getroffen hatte, das Wort
widerwärtig
aufglomm. Sie zog den feuchten Lutscher aus dem Mund und wickelte ihn in meine Haare.
»Lass das sein«, zischte ich, schoss herum und packte ihr Handgelenk so fest, dass ich ihren Puls spüren konnte. Er ging langsamer als meiner. Sie zuckte nicht, rückte sogar noch näher heran. Ich roch ihren Erdbeeratem.
»Na los, mach schon«, lächelte sie. »Du könntest mich jetzt auf der Stelle töten und Dick hier würde den Fall auch nicht lösen.« Ich ließ sie los, stieß sie weg, und wir gingen, schneller als mir lieb war, zum Auto.
9 . Kapitel
I ch schlief versehentlich schon um neun Uhr ein und wurde am nächsten Morgen um sieben von einer zornigen Sonne geweckt. Ein dürrer Baum raschelte mit den Zweigen an meinem Fenster, als wollte er hereinklettern und mich trösten.
Ich zog meine Uniform – lange Ärmel, langer Rock – an und ging nach unten. Gaylas weiße Schwesterntracht leuchtete im Garten auf. Sie trug ein silbernes Tablett, auf das sie die Rosen legte, die meine Mutter für unvollkommen befunden
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