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Cry Baby - Scharfe Schnitte: Thriller (German Edition)

Cry Baby - Scharfe Schnitte: Thriller (German Edition)

Titel: Cry Baby - Scharfe Schnitte: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Flynn
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Kutscherhaus gerichtet.
    »Gestern Abend warst du so lieb. Warum benimmst du dich jetzt so anders?«, sagte ich leise zu Amma.
    Für den Bruchteil einer Sekunde hatte ich sie überrumpelt. »Keine Ahnung. Ich wünschte, ich hätte das besser im Griff. Ich versuch’s.« In diesem Moment erschien Meredith in der Tür und rief mich mit Quengelstimme, worauf Amma abdrehte und zu ihren Freundinnen hinüberschwamm.
     
    Das Haus der Wheelers wirkte vertraut: ein drall gepolstertes Plüschsofa, ein Couchtisch mit dem Modell eines Segelboots darauf, eine geschwungene Samtottomane in Limonengrün, Schwarzweißfotos vom Eiffelturm aus verschiedenen Winkeln. Alles aus dem Frühjahrskatalog von Pottery Barn, bis hin zu den zitronengelben Tellern, die Meredith gerade auf den Tisch stellte. In der Mitte thronte jeweils ein mit Guss überzogenes Beerentörtchen.
    Sie trug ein Leinenkleid, dessen Farbe ich als unreifen Pfirsich beschreiben würde. Die Haare hatte sie im Nacken zu einem lässig-perfekten Pferdeschwanz zusammengefasst, für den sie mindestens zwanzig Minuten gebraucht haben dürfte. Plötzlich ähnelte sie meiner Mutter. Viel mehr als ich selbst. Ich kämpfte gegen ein unterschwelliges Neidgefühl, während sie lächelnd Eistee einschenkte.
    »Ich habe keine Ahnung, was meine Schwester dir erzählt hat, aber es dürfte boshaft oder vulgär gewesen sein, und dafür entschuldige ich mich. Andererseits ist Amma die Rädelsführerin.« Sie schaute auf ihr Törtchen, rührte es aber nicht an. Es sah wohl zu schön aus.
    »Vermutlich kennst du Amma besser als ich. Sie und John scheinen nicht …«
    »Sie ist ein Kind, das ständig Aufmerksamkeit verlangt«, sagte Meredith, schlug die Beine übereinander und strich ihr Kleid glatt. »Amma befürchtet, sie könnte sich in Luft auflösen, wenn sich nicht alles um sie dreht. Vor allem, wenn es um Jungs geht.«
    »Was hat sie denn gegen John? Sie hat angedeutet, er hätte Natalie auf dem Gewissen.« Ich holte meinen Kassettenrekorder hervor und schaltete ihn ein. Auf Egospielchen hatte ich keine Lust, außerdem hoffte ich, etwas Lohnendes über John zu erfahren. Falls er für manche Leute in Wind Gap der Hauptverdächtige war, brauchte ich einen Kommentar.
    »So ist Amma eben. Sie hat etwas Boshaftes. John mag mich nun mal und nicht sie, also greift sie ihn an. Wenn sie nicht gerade versucht, ihn mir auszuspannen. Als wenn sie damit durchkäme.«
    »Mir scheint, es gibt einige Leute, die glauben, dass John etwas mit der Sache zu tun hat. Woher kommt das wohl?«
    Sie zuckte die Achseln, schob die Unterlippe vor und blickte auf die surrende Kassette.
    »Sie wissen doch, wie das läuft. Er ist von außerhalb, aus der Großstadt. Er ist klug und sieht zehnmal besser aus als alle anderen hier. Die Leute wollen, dass er es ist, damit dieses …
Böse
nicht aus Wind Gap kommt. Essen Sie doch Ihr Törtchen.«
    »Hältst du ihn denn für unschuldig?« Ich biss hinein, der Guss tropfte mir von der Lippe.
    »Natürlich. Ist doch bloß blödes Gerede. Nur weil jemand mit dem Auto rumfährt … das machen viele hier. John hat sich einfach einen schlechten Zeitpunkt ausgesucht.«
    »Was ist mit seiner Familie? Und was kannst du mir über die beiden Mädchen erzählen?«
    »Das waren ganz liebe Mädchen, gut erzogen und nett. Als hätte Gott sich die besten in den Himmel geholt.« Ihre Worte klangen einstudiert. Selbst ihr Lächeln war wohlüberlegt: zu schmal wäre knickrig, zu breit unpassend gewesen. Also lieferte sie mir das perfekte Lächeln, tapfer und voller Hoffnung.
    »Meredith, ich weiß, dass du in Wahrheit anders über die Mädchen gedacht hast.«
    »Nun, was für einen Kommentar hätten Sie denn gern?«, fauchte sie.
    »Einen, der stimmt.«
    »Das geht nicht. John würde mich dafür hassen.«
    »Ich muss dich ja nicht namentlich erwähnen.«
    »Wozu dann das Interview?«
    »Falls du etwas über die Mädchen weißt, das andere nicht sagen, solltest du mit mir darüber sprechen. Es könnte eventuell den Verdacht von John ablenken.«
    Meredith nippte sittsam an ihrem Tee und betupfte ihre erdbeerroten Lippen mit der Serviette.
    »Könnten Sie trotzdem irgendwo meinen Namen schreiben?«
    »Ich kann dich an einer anderen Stelle namentlich zitieren.«
    »Ich möchte aber den Satz mit Gott und dem Himmel drin haben«, schmollte sie, knetete ihre Hände und lächelte mich von der Seite an.
    »Nein, den nicht. Lieber den Satz, dass John nicht von hier ist und die Leute deshalb über

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