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Cry Baby - Scharfe Schnitte: Thriller (German Edition)

Cry Baby - Scharfe Schnitte: Thriller (German Edition)

Titel: Cry Baby - Scharfe Schnitte: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Flynn
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Richard auf dem Handy an. Er war einer der wenigen in Wind Gap, die so etwas besaßen, während ich in Chicago als exotisch gelte, weil ich keins besitze. Ich will einfach nicht so erreichbar sein.
    »Detective Willis.« Im Hintergrund war ein Lautsprecher zu hören.
    »Sind Sie beschäftigt, Detective?«, fragte ich leichthin. Das Flirten stieg mir allmählich zu Kopf.
    »Hallo, ich habe noch zu tun, kann ich zurückrufen?«, fragte er förmlich.
    »Sicher doch, ich bin …«
    »Ich sehe die Nummer im Display.«
    »Ist ja schick.«
    »Und wie.«
    Zwanzig Minuten später: »Tut mir leid, ich war mit Vickery im Krankenhaus in Woodberry.«
    »Eine Spur?«
    »Kann man so sagen.«
    »Kommentar?«
    »Ich fand’s schön gestern Abend.«
    Ich hatte die Worte
Richard Bulle Richard Bulle
schon zwölfmal auf mein Bein geschrieben. Am liebsten hätte ich eine Rasierklinge gehabt.
    »Ich auch. Ich muss dich was fragen und brauche eine ehrliche Antwort. Inoffiziell. Und dann noch einen Kommentar, den ich im nächsten Artikel bringen kann.«
    »Gut. Ich versuche, dir zu helfen. Was willst du mich fragen?«
    »Können wir uns in der schrägen Kneipe treffen, in der wir uns zum ersten Mal unterhalten haben? Ich muss es dich persönlich fragen, muss dringend hier raus, und ja, ich sag’s ehrlich: Ich brauche was zu trinken.«
     
    Im Sensors entdeckte ich drei Typen aus meiner Klasse, nette Jungs, einer hatte damals mit seiner obszön fetten, milchtriefenden Sau den staatlichen Landwirtschaftswettbewerb gewonnen. Ein folkloristisches Detail, das Richard sehr gefallen hätte. Wir tauschten Nettigkeiten aus, sie gaben mir zwei Drinks aus und zeigten mir Fotos von ihren Kindern, insgesamt acht an der Zahl. Jason Turnbough war noch immer blond und mondgesichtig wie damals als Kind. Seine Zunge stahl sich aus dem Mundwinkel, die Wangen waren zart gerötet, und seine kugelrunden blauen Augen wanderten während der Unterhaltung zwischen meinem Gesicht und meinen Brüsten hin und her. Einmal hielt er inne, als ich den Kassettenrekorder hervorholte und mich nach den Morden erkundigte. Danach achtete er nur noch auf die rotierenden Spulen. Viele Menschen finden es ungeheuer aufregend, ihren Namen in der Zeitung zu lesen. Als Beweis ihrer Existenz. Ich stellte mir vor, wie zankende Geister ganze Stapel von Zeitungen durchforsteten. Auf einen Namen zeigten.
Siehst du, da stehe ich. Ich hab doch gesagt, ich hab mal gelebt. Ätsch.
    »Wer hätte damals in der Schule gedacht, dass wir mal hier sitzen und über zwei Morde in Wind Gap reden würden?«, staunte Tommy Ringer, aus dem ein dunkelhaariger Mann mit struppigem Bart geworden war.
    »Stimmt, Mann, ich meine, ich arbeite im Supermarkt«, sagte Ron Laird, ein freundlicher, mausgesichtiger Typ mit Donnerstimme. Die drei nickten, verströmten fehlgeleiteten Bürgerstolz. Schande war über Wind Gap gekommen, aber sie würden es durchstehen. Sie würden weiter im Supermarkt, im Drugstore, in der Schweinezucht arbeiten. Wenn sie starben, konnten sie das auf ihrer Liste der Dinge, die sie im Leben getan hatten, vorweisen, ebenso wie die Tatsache, dass sie geheiratet und Kinder gezeugt hatten. Diese Sache war ihnen einfach zugestoßen, Nein, besser gesagt, sie war ihrer Stadt zugestoßen. Ich war mir nicht ganz sicher, ob Meredith mit ihrer Einschätzung richtig lag. Manch einem würde es durchaus gefallen, wenn der Mörder ein Einheimischer wäre. Jemand, mit dem man früher geangelt hatte, mit dem man bei den Pfadfindern gewesen war. Das würde die bessere Story abgeben.
    Richard stieß schwungvoll die Tür auf, die leichter war, als sie aussah. Fremde wandten stets zu viel Kraft auf und knallten die Tür gegen die Wand. Wie ein Ausrufezeichen im Gespräch.
    Als er mit der Jacke über der Schulter hereinkam, stöhnten die drei Männer auf.
    »Nicht der.«
    »Mann, bist du cool, Kumpel.«
    »Spar dir ein paar graue Zellen für den Fall auf, die wirst du brauchen.«
    Ich rutschte vom Hocker und lächelte sie an.
    »So, Jungs, ich muss an die Arbeit. Zeit fürs Interview. Danke für die Drinks.«
    »Wir kommen rüber, falls du dich langweilst«, rief Jason. Richard lächelte nur und murmelte leise
Idiot.
    Ich kippte den dritten Bourbon und bat die Kellnerin, uns einen Tisch zu besorgen. Als wir uns gegenübersaßen, die Drinks vor uns, stützte ich das Kinn in die Hände und fragte mich, ob ich wirklich mit ihm übers Geschäft reden wollte. Er hatte eine Narbe über der rechten Augenbraue und ein

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