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Cry Baby - Scharfe Schnitte: Thriller (German Edition)

Cry Baby - Scharfe Schnitte: Thriller (German Edition)

Titel: Cry Baby - Scharfe Schnitte: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Flynn
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Probleme gehabt und war in ihr Zimmer verschwunden. Ich ging ins Bad und übergab mich. Es macht mir nichts aus, mich zu übergeben. Wenn ich als Kind krank war, hielt meine Mutter immer meine Haare zurück und sagte mit sanfter Stimme:
Spuck das fiese Zeug aus, Liebes. Erst aufhören, wenn alles raus ist.
Daher mag ich wohl auch das Würgen, die Schwäche, das Spucken. Kein Wunder.
    Ich schloss die Tür ab, zog mich ganz aus und legte mich wieder ins Bett. Mein linkes Ohr tat weh, der Schmerz zog sich bis hinunter in die Wirbelsäule. In meinem Bauch rumorte es. Ich konnte kaum den Mund bewegen, weil alles wehtat, und mein Knöchel brannte wie Feuer. Auch blutete ich noch, die Bettwäsche war mit roten Punkten übersät. Auf Ammas Seite entdeckte ich rote Tüpfelchen, wo sie sich an der Brust gekratzt hatte, und einen dunkleren Fleck auf dem Kopfkissen.
    Mein Herz schlug zu schnell, ich rang nach Luft. Musste herausfinden, ob meine Mutter etwas wusste. Hatte sie ihre Amma schon gesehen? War ich in Schwierigkeiten? Mir wurde vor Panik ganz übel. Etwas Furchtbares würde passieren.
    Trotz meiner Paranoia begriff ich genau, was ablief: Mein Serotonin-Spiegel, den die Droge in die Höhe getrieben hatte, war rapide gefallen, ich stürzte in die Finsternis. Damit versuchte ich mich zu trösten, während ich mein Gesicht im Kissen vergrub und losschluchzte. Ich hatte die Mädchen praktisch vergessen, nie richtig über sie nachgedacht: die tote Ann und die tote Natalie. Schlimmer noch, ich hatte Marian betrogen, durch Amma ersetzt, sie in meinen Träumen ignoriert. Das würde Folgen haben. Ich weinte, bis das Kissen nass und mein Gesicht völlig verquollen war, aber danach fühlte ich mich irgendwie erleichtert. Dann drehte sich der Türknauf. Ich riss mich zusammen, wischte mir die Tränen ab, hoffte denjenigen draußen vor der Tür mit Stille zu vertreiben.
    »Mach auf, Camille.« Meine Mutter, aber nicht wütend. Eher schmeichelnd. Fast nett. Ich schwieg weiter. Wieder drehte sie den Türknauf. Klopfte erneut. Dann Stille, als ihre Schritte sich leise entfernten.
    Camille, aufmachen.
Ich stellte mir meine Mutter auf der Bettkante vor, über mir einen Löffel mit einer säuerlich riechenden, sämigen Flüssigkeit. Von ihrer Medizin war mir immer nur noch schlechter geworden. Schwacher Magen. Nicht so schlimm wie Marians, aber immerhin.
    Meine Hände schwitzten.
Mach, dass sie nicht zurückkommt.
Ein Bild von Curry blitzte auf, wie er mit wild baumelnder, grottenhässlicher Krawatte ins Zimmer stürzt, um mich zu retten. Wie er mich in seinen verräucherten Ford Taunus trägt und Eileen mir auf der Rückfahrt nach Chicago übers Haar streicht.
    Meine Mutter schob den Schlüssel ins Schloss. Ich wusste gar nicht, dass sie einen hatte. Sie glitt lautlos ins Zimmer, das Kinn wie üblich hochgereckt. Der Schlüssel baumelte an einem langen rosa Band. Sie trug ein taubenblaues Sonnenkleid und hatte eine Flasche Alkohol, eine Schachtel Kosmetiktücher und ein Kosmetikköfferchen aus rotem Satin dabei.
    »Hallo, Kleines«, seufzte sie. »Amma hat mir erzählt, was passiert ist. Meine armen Schätzchen. Sie hat schon den ganzen Morgen Durchfall. Ich schwöre dir, auch wenn es sich nach Prahlerei anhören mag, heute kann man sich nur noch auf unsere eigenen Waren verlassen. Amma meint, es war das Huhn.«
    »Kann gut sein«, sagte ich. Ich würde jede Lüge stützen, die sie sich ausgedacht hatte. Offenbar verstand sie sich sehr viel besser darauf als ich.
    »Ich kann nicht glauben, dass ihr beide auf unserer eigenen Treppe ohnmächtig geworden seid, während ich drinnen lag und schlief. Ein schrecklicher Gedanke«, meinte Adora. »Und die ganzen blauen Flecken! Man könnte meinen, sie wäre bei einem Ringkampf dabei gewesen.«
    Meine Mutter kaufte uns die Story natürlich nicht ab. Sie verstand sich auf Krankheiten und Verletzungen und würde sich nur dann belügen lassen, wenn sie es selber wollte. Nun konnte sie mich pflegen, weil ich zu schwach und verzweifelt war, um mich zu wehren. Ich begann wieder zu weinen und konnte einfach nicht aufhören.
    »Mir ist schlecht, Momma.«
    »Ich weiß, Kleines.« Sie zog die Decke schwungvoll weg, und als ich mich instinktiv bedeckte, ergriff sie meine Hände und drückte sie entschlossen rechts und links an meinen Körper.
    »Ich muss sehen, was mit dir los ist, Camille.« Sie drehte meinen Kiefer hin und her und zog meine Unterlippe herunter, als inspizierte sie ein Pferd. Sie hob meine

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