Cry Baby - Scharfe Schnitte: Thriller (German Edition)
warmes Wasser um meine Schultern, und ich drehte mich im Takt einer unhörbaren Musik.
»Ach, komm schon, manchmal muss es wehtun.«
Sie sagte es, als machte sie Reklame für ein neues Shampoo.
»Es gibt bessere Möglichkeiten, um gegen Langeweile anzukämpfen«, sagte ich. »Du bist doch ein kluges Mädchen.«
Ich merkte, dass ihre Finger in meine Ärmel vordrangen und über die Wülste meiner Narben tasteten. Ich ließ sie gewähren.
»Schneidest du dich, Amma?«
»Ich tu mir weh«, quiekte sie und wirbelte auf die Straße, kreiselte wild umher, den Kopf nach hinten geworfen, die Arme ausgestreckt wie die Flügel eines Schwans. »Es ist geil!«, kreischte sie. Das Echo hallte bis zum Haus meiner Mutter, das oben an der Straßenecke Wache hielt.
Amma rotierte, bis sie aufs Pflaster fiel, wobei sie einen silbernen Armreif verlor, der trunken über die Straße kullerte.
Ich wollte mit ihr darüber sprechen, die Erwachsene sein, doch die Droge in mir riss mich wieder hoch, und so zog ich sie von der Straße (lachend, mit aufgeschürftem, blutendem Ellbogen), und wir schwangen uns gegenseitig hin und her. Ihr Lächeln spaltete ihr Gesicht, die Zähne waren lang und feucht, und ich begriff, wie verlockend sie für einen Mörder sein konnten. Rechtecke aus glänzendem Bein, wie Mosaikfliesen, die man in eine Tischplatte fügt.
»Ich bin so glücklich mit dir«, lachte Amma und pustete mir ihren heißen, alkoholsüßen Atem ins Gesicht. »Du bist wie eine Seelenverwandte.«
»Und du bist wie eine Schwester«, sagte ich. Blasphemie? Egal.
»Ich hab dich lieb«, kreischte Amma.
Wir kreiselten so schnell, dass meine Wangen flatterten und prickelten. Ich lachte wie ein Kind. Die Straßenlaternen schimmerten fast rosig, und Ammas lange Haare wischten fedrig über meine Schultern. Ihre hohen Wangenknochen wölbten sich unter der gebräunten Haut. Ich wollte danach greifen, ließ sie los, und wir stürzten beide ungebremst zu Boden.
Mein Knöchel prallte hart gegen den Bordstein, Blut schoss hervor, benetzte mein Bein, spritzte Amma ins Gesicht. Rote Perlen erblühten auf ihrer Brust, auch sie war über den Asphalt geschlittert. Sie schaute erst sich an, dann mich, mit blau verschleierten Augen, fuhr mit den Fingern durch das blutige Netz auf ihrer Brust, stieß einen durchdringenden Schrei aus und bettete lachend ihren Kopf in meinen Schoß.
»Ich hab dein Blut in meinem Mund«, sagte sie. Ihre Zähne waren rosa. »Jetzt sind wir richtige Schwestern.« Sie berührte ihre Brust, balancierte ein flaches Blutströpfchen auf der Fingerspitze und verrieb es auf meinen Lippen. Ich konnte es schmecken, wie honigsüßes Blech. Sie schaute hoch und streichelte mein Gesicht. Ich wehrte mich nicht.
»Du meinst, Adora hat mich lieber, aber das stimmt nicht«, sagte sie. Wie auf Kommando ging das Licht auf Adoras Veranda oben auf dem Hügel an.
»Willst du in meinem Zimmer schlafen?«, fragte Amma ein wenig ruhiger.
Ich stellte mir vor, wie wir unter ihrer getupften Bettwäsche lägen, uns Geheimnisse zuflüsterten, eng umschlungen einschliefen, und begriff dann, dass ich mich und Marian sah. Entwischt aus ihrem Krankenhausbett, war sie neben mir eingeschlafen. Ich spürte ihr heißes Schnurren an meinem Bauch. Ich würde sie heimlich zurückbringen müssen, bevor meine Mutter aufwachte. Ein kleines Drama in diesem stillen Haus, als ich sie durch den Flur schleppte, am Zimmer meiner Mutter vorbei. Ich fürchtete und hoffte zugleich, ihre Tür werde aufschwingen.
Sie ist nicht krank, Momma.
Das hatte ich sagen wollen, falls man uns erwischte.
Klar, sie ist nicht im Bett, weil sie nicht wirklich krank ist.
Ich hatte ganz vergessen, wie tief und verzweifelt ich das geglaubt hatte.
Dank der Drogen waren meine Erinnerungen nur glücklich, ich blätterte darin wie in einem Kinderbuch. Marian sah wie ein Häschen aus, ein Mümmelmann, der sich als meine Schwester verkleidet hat. Ich glaubte, ihr Fell spüren zu können, doch es waren Ammas Haare, die an meinem Bein entlangstrichen.
»Und, willst du?«
»Nicht heute, Amma. Ich bin hundemüde und möchte in meinem eigenen Bett schlafen.« Was auch stimmte. Die Droge wirkte schnell und ließ ebenso schnell nach. Noch zehn Minuten, dann wäre ich nüchtern, und ich wollte Amma nicht um mich haben, wenn ich runterkam.
»Kann ich denn dann bei dir schlafen?« Sie stand da, im Licht der Straßenlaternen, der Jeansrock saß auf den knochigen Hüften, ihr Top war verrutscht und
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