Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Cry Baby - Scharfe Schnitte: Thriller (German Edition)

Cry Baby - Scharfe Schnitte: Thriller (German Edition)

Titel: Cry Baby - Scharfe Schnitte: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Flynn
Vom Netzwerk:
sich machen lässt, macht man es manchmal in Wirklichkeit mit ihnen«, sagte Amma und zog einen Lutscher aus der Tasche. Diesmal Kirsche. »Verstehst du? Wenn jemand kranke Sachen mit dir machen will, und du lässt ihn, wird er dadurch noch kränker. Dann hast du die Kontrolle. Solange du nicht durchdrehst.«
    »Amma, ich wollte nur …« Doch sie plapperte einfach weiter.
    »Mir gefällt unser Haus. Ihr Zimmer auch. Der Boden ist ganz berühmt. Hab ihn mal in einer Zeitschrift gesehen. Da stand:
Ein Wunderwerk aus Elfenbein – südlicher Lebensstil aus einer versunkenen Ära
. Heute bekommst du nämlich kein Elfenbein mehr. Schade. Echt schade.«
    Sie steckte den Lutscher in den Mund, fing ein Glühwürmchen aus der Luft, hielt es fest und riss das Hinterteil ab. Verschmierte das Licht um ihren Finger, ein schimmernder Ring. Dann ließ sie das sterbende Insekt ins Gras fallen und bestaunte ihre Hand.
    »Mochten dich die Mädchen damals?«, fragte sie. »Zu mir sind sie nämlich gar nicht nett.«
    Ich versuchte, mir diese dreiste, herrische, manchmal Angst einflößende Amma (wie sie mir im Park in die Hacken getreten hatte, welche Dreizehnjährige ging so mit einer Erwachsenen um?) als ein Mädchen vorzustellen, dem alle unverhohlen grob begegneten. Sie sah meinen Blick und las meine Gedanken.
    »So war es nicht gemeint. Klar, sie tun, was ich ihnen sage. Aber sie mögen mich nicht. Sobald ich versage, etwas Uncooles mache, rotten sie sich zusammen. Manchmal sitze ich abends in meinem Zimmer und schreibe alles auf, was ich an dem Tag getan und gesagt habe. Dann gebe ich mir Noten. Von einer Eins für den perfekten Schachzug bis zu einer Sechs, wenn ich mich so dämlich angestellt habe, dass ich mich am liebsten erschießen würde, weil ich so ein Loser bin.«
    Auf der Highschool hatte ich über meine Kleidung Tagebuch geführt. Einen Monat lang jeden Tag ein anderes Outfit.
    »Heute Abend, zum Beispiel. Dave Rard, ein echt heißer Typ aus der Elften, hat gesagt, er weiß nicht, ob er ein Jahr warten kann, also bis ich in der Highschool bin. Und ich hab gesagt: ›Dann warte eben nicht.‹ Und hab ihn stehenlassen. Hinter mir machten alle ›Boah‹. Das war eine Eins. Aber gestern bin ich auf der Main Street vor den ganzen Mädchen gestolpert, und sie haben gelacht. Eine glatte Sechs. Na ja, vielleicht auch nur eine Vier, danach war ich nämlich so gemein zu ihnen, dass sogar Kelsey und Kylie geheult haben. Jodes heult sowieso immer, das ist keine Leistung.«
    »Gefürchtet werden ist sicherer, als geliebt zu werden.«
    »Machiavelli«, krähte Amma und hüpfte lachend voran – ob sie über ihr Alter spottete oder einfach jugendliche Energie abließ, konnte ich nicht sagen.
    »Woher weißt du das?«, fragte ich beeindruckt. Ich mochte sie immer mehr. Ein schlaues, verdorbenes kleines Ding. Kam mir bekannt vor.
    »Ich weiß eine Menge Sachen, die ich nicht wissen sollte«, sagte sie, worauf ich begann, neben ihr herzuhüpfen. Ich war mittlerweile völlig high, und obwohl ich wusste, dass ich unter normalen Umständen nicht über die Straße gehüpft wäre, war ich einfach glücklich. Ich nahm mir vor, es öfter zu tun. Hüpfen, meine ich.
    »Ich bin nämlich klüger als die meisten Lehrer. Hab einen IQ -Test gemacht. Eigentlich gehöre ich in die 10 . Klasse, aber Adora meint, ich solle mit Gleichaltrigen zusammen sein. Egal, ich gehe sowieso auf eine andere Highschool. In Neuengland.«
    Sie sagte es mit dem leisen Staunen eines Menschen, der eine Gegend nur von Fotos kennt, eines Mädchens, in dessen Kopf die Vorstellung spukt, dass nur die schlauen Leute nach Neuengland gehen. Ich konnte mir kein Urteil darüber erlauben, ich war noch nie dort oben gewesen.
    »Ich muss hier raus«, sagte Amma mit der erschöpften Blasiertheit einer verwöhnten Hausfrau. »Mir ist immer langweilig. Darum flippe ich auch so aus. Ich weiß, manchmal bin ich ein bisschen … hart drauf.«
    »In Bezug auf Sex?« Ich blieb stehen, mein Herz tanzte Rumba. Die Luft roch nach Iris, und ich spürte, wie mir der Duft in die Nase drang, in die Lungen, ins Blut. Ein violettes Aroma in meinen Adern.
    »Na, du weißt schon, in Bezug aufs Ausrasten. Mach mir nichts vor, du weißt doch Bescheid.« Sie ergriff meine Hand und bedachte mich mit einem reinen, süßen Lächeln. Plötzlich schlug
Freak
an meiner linken Wade Alarm.
    »Was meinst du mit ausrasten?« Wir waren jetzt nah am Haus, mein Rausch war auf dem Zenit. Meine Haare wogten wie

Weitere Kostenlose Bücher