Cry - Meine Rache Ist Dein Tod
arbeitete bereits die Spurensicherung. Alles sah so aus, wie Bentz es erwartet hatte, und wie üblich hätte sich ihm beim Anblick der Leiche, die noch im Hof lag, beinahe der Magen umgedreht. An der Wand stand mit Blut geschrieben eine Zahl, eine hässliche Tätowierung verunstaltete die Stirn des Opfers, der weiße Schleier der Ordenstracht war rot von Blut.
Es gelang Bentz, seinen Morgenkaffee bei sich zu behalten und ein paar Fragen zu stellen, ehe er bemerkte, dass die Batterien seines Aufnahmegeräts leer waren.
Schwester Odine hatte auf dem Weg zur Kapelle die Leiche der Mutter Oberin gefunden. Sie hatte den Notruf verständigt und gleich auch Bentz angerufen, den sie bereits im vergangenen Herbst kennengelernt hatte. Ein Deputy von der Sheriff-Behörde war gekommen, und nachdem er den Mord gemeldet hatte, war Bentz, bereits auf dem Weg zum Tatort, ein zweites Mal benachrichtigt worden.
Jetzt holte er Ersatzbatterien aus dem Handschuhfach und ging zurück zum Kloster. Die Presse drängte immer näher heran, und er wies in barschem Ton ein paar Deputys an, die Reporter, Kameraleute und Gaffer zurück auf die Zufahrtsstraße zu verweisen. Mittlerweile war es hell geworden, und der Tag versprach sengende Hitze. Bentz schwitzte jetzt schon.
Eine Reporterin sprach ihn an, eine Frau in den Dreißigern mit Strähnchen im Haar und klugen Augen, die beim Lächeln die Zähne entblößte. »Detective, bitte, nur eine Minute. In letzter Zeit gab es drei einander sehr ähnliche Mordfälle, die alle in Beziehung zum Our Lady of Virtues stehen. Können sie das Bindeglied zwischen diesen Verbrechen benennen? Treibt hier schon wieder ein Serienmörder sein Unwesen?«
Bentz blieb im Blitzlichtgewitter stehen. »Dazu kann ich vorerst nichts sagen. Der Pressesprecher wird später ein Statement abgeben. Bis dahin müssen Sie sich leider gedulden.«
»Aber die Öffentlichkeit hat ein Recht zu erfahren, was hier vorgeht.«
»Die Pressestelle gibt ein Statement heraus«, wiederholte Bentz und ließ die Reporterin stehen. Er gab sich Mühe, ruhig zu bleiben, doch die Presse und die sensationslüsternen Gaffer ärgerten ihn maßlos.
»Halten Sie sie auf Abstand«, befahl er erneut einem Deputy, wobei er eine ausladende Geste machte, die Journalisten und Schaulustige gleichermaßen einschloss. Aus den Augenwinkeln bemerkte er in der Zuschauermenge eine schmale Frauengestalt mit einer Baseballkappe. Sie kam ihm bekannt vor. Bei näherem Hinsehen erkannte er seine Tochter. Jetzt sah sie ihn direkt an, wandte sich aber rasch wieder ab.
Was zum Teufel dachte Kristi sich dabei? Wenn er nicht so verdammt beschäftigt gewesen wäre, hätte er sich durch die Menge einen Weg zu ihr gebahnt und sie nach Hause geschickt, zur Arbeit oder sonst wohin, nur fort von hier. Doch im Augenblick hatte er anderes zu tun.
Himmel, was für ein Chaos!
Bentz ging durch das Tor auf das Klostergebäude zu. Im Gartenbereich suchte Bonita Washington mit Handschuhen und Überschuhen sorgfältig nach Spuren. »Dieser Täter scheint ja ein ganz reizender Mensch zu sein«, sagte Washington und wies auf die Leiche der zierlichen Nonne. »Santiago, vergiss nicht, die Tätowierung auf ihrer Stirn zu fotografieren.«
Inez Santiago, das lange rote Haar locker aufgesteckt, näherte sich der Leiche und machte mehrere Aufnahmen.
»Bringen Sie mir den Tatort nicht durcheinander, Detectives. Wir sind hier noch nicht fertig«, mahnte Washington.
Montoya hatte seine schlechte Laune noch nicht abgelegt. »Jaja, wir wissen Bescheid. Wir wollen uns nur etwas umsehen.« Er warf ihr einen finsteren Blick zu, und Bentz fiel auf, dass sein Kollege die Lippen zusammenpresste. Montoya fühlte sich diesem Nonnenorden persönlich verbunden, in dem noch das traditionelle Habit getragen wurde, obwohl das Zweite Vatikanische Konzil die Regeln gelockert hatte.
»Das wollen sie alle«, versetzte Washington und winkte zwei ihrer Forensiker heran. »Santiago, Tennet, wie weit sind wir?«
Santiago schoss ein weiteres Foto. »Ich brauche noch ein paar Minuten.«
A. J. Tennet, der häufig mit dem Gerichtsmediziner zusammenarbeitete, hielt seine gesammelten Beweisstücke hoch. »Die Blutproben haben wir.«
»Pass gut darauf auf … Wir wollen uns nicht vorwerfen lassen, dass bei uns Beweismaterial verlorengeht oder verfälscht wird«, sagte Washington, womit sie auf die Pannen im Mordfall Royal Kajak anspielte.
Tennet lächelte mit blitzenden Zähnen. »Keine Sorge.«
Während
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