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Cryonic: Der Dämon erwacht (Cryonic 1) (German Edition)

Cryonic: Der Dämon erwacht (Cryonic 1) (German Edition)

Titel: Cryonic: Der Dämon erwacht (Cryonic 1) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vitali Sertakov
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jedoch als schwere und langweilige Schufterei herausgestellt hatte. Deshalb hatten sie beschlossen, sich das Leben etwas leichter zu machen und nachts über einsame Krämer herzufallen. Alle vier waren vor das Gericht des Großen Kreises gestellt worden. Danach hätte ihr Weg direkt zum Galgen geführt, hätten sie nicht bei der Verhaftung angefangen, Parolen gegen den Präsidenten zu brüllen. Nun nahm sich die politische Polizei mit Freuden dieser Jungs an. Kowal betrachtete die malträtierten Gesichter der Tadschiken und lehnte die Tür an.
    »Keine große Ausbeute!«, murmelte er. »Aus mir wird wohl kein Zorro mehr … Apropos«, wandte er sich an Karim, »wo ist mein Pferd?«
    »Weg. Aber ich besorge dir jedes Pferd oder Auto …«
    Der Obergeistliche konnte sich kaum noch auf den Beinen halten. Erst jetzt begriff Artur, dass er keinen jungen Mann vor sich hatte. Wenn er nicht aufpasste, verwandelte sich seine wertvolle Geisel von einer Minute zur nächsten in einen hilflosen Kranken. Und wo sollte er hier einen Notarzt herkriegen?
    »Was ist? Willst du ein Auto?«, krächzte Karim, der sich gegen die Wand lehnte. »Ich lüge nie und schlage nie etwas zweimal vor. Ich gebe dir das beste Auto und eine Plakette der Sicherheit als Zugabe. Lass mich frei, mir ist schlecht …«
    »Das könnte dir so passen, Freundchen«, sagte Kowal und packte Karim, schulterte das Gewehr und stiefelte zum Ausgang. »Ich habe in den letzten Tagen zu vielen Menschen vertraut … Vermutlich, weil ich nicht mehr an eure komische Zivilisation gewohnt bin. Bereite dich auf einen langen Weg vor!«

(29)
    DIE KOHLE DES MARQUIS DE CARABAS
    Um den Hengst tat es ihm leid. Ein solches Pferd würde er nicht wiederfinden. Blieb nur zu hoffen, dass die Patrouillen nicht auch die Stute geschnappt hatten, die er beim Institut zurückgelassen hatte. Hier auf dem Markt würde er nämlich keinen vollwertigen Ersatz auftreiben. Denn hier wurden, wie er von dem Dreckskerl Ordnung wusste, meist Pferde aus Zentralasien angeboten.
    An der Ausgangstür hielt niemand Wache. Wie einfach das alles ist, wunderte sich Kowal, als er die verdreckte Straße Wassiljewski Spusk hinunterspähte. Auf Müllbergen führten Spatzen ein unglaubliches Spektakel auf. Dann wanderte sein Blick weiter zu jener Festung: Zwischen den roten Zähnen der bekanntesten Mauer Russlands ragten die Querbalken von Galgen heraus. Er drehte sich um. Über ihm erhoben sich die mosaikartigen Türme der Basilius-Kathedrale, die vor zweihundert Jahren vor der Zerstörung durch eine andere Tyrannei gerettet worden waren. Der Obergeistliche Karim hatte sich die Uniform eines Sergeanten anziehen müssen, denn aus der Kathedrale strömten unablässig Menschen – und Artur befürchtete, die Figur in dem stadtbekannten Offiziersmantel würde gleich ein ganzes Herr von Gaffern anziehen. Karim hatte plumpen Widerstand geleistet, als er die Stiefel ausziehen sollte, und die ausgetretenen fremden Schuhe kategorisch abgelehnt. Mit ein paar Schlägen gegen die kranke Niere und kurzen Trancephasen hatte sich das Problem jedoch schnell lösen lassen.
    Der Rote Platz hatte sich bis zur Unkenntlichkeit verändert. Das GUM war bis auf die Grundfeste niedergebrannt. In den Trümmern kraxelten Figuren in bunten Fetzen herum und sammelten alle Ziegel ein, die sich für zukünftige Bauten verwenden ließen. Davor stand ein deutscher Flachbagger mit Anhänger, in den die Leute die Steine warfen. In einem durchlöcherten Panzerspähwagen zündeten gerade ein paar Soldaten ein riesiges Feuer an. Der Erlöserturm hatte seinen Stern und ein halbes Zifferblatt eingebüßt. Er musste mehrfach beschossen worden sein. Anstelle der Tannen an der Mauer mit den Urnen der Politführer zog sich eine Doppelreihe von Holzhütten hin. Von ihnen strömte ein Geruch von gebratenem Fleisch herüber, dort erklangen Gitarren, man versuchte – eher vergeblich – ein Lied im Chor zu singen.
    Das Kopfsteinpflaster war unter dicken Schichten von zusammengepresstem Müll verschwunden. An den Stellen, wo die letzten Schneewehen noch nicht geschmolzen waren, ragten die Müllberge wie Grabhügel von Steppenkriegern auf. Durch das Auferstehungstor fuhren in einem unablässigen Strom beladene Wagen, um dann – geleert – am anderen Ende des Roten Platzes über die Warwarka, in der Holzbretter ausgelegt worden waren, wieder zu verschwinden. Mit einem wilden Pfiff polterte eine Autokarosserie vorbei, auf die ein Dampfkessel montiert war. In

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