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Cryonic: Der Dämon erwacht (Cryonic 1) (German Edition)

Cryonic: Der Dämon erwacht (Cryonic 1) (German Edition)

Titel: Cryonic: Der Dämon erwacht (Cryonic 1) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vitali Sertakov
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Gasse, in der früher ein paar vereinzelte Pappeln wuchsen, war zu einem verwahrlosten Waldpfad mutiert. Risse durchfurchten den Asphalt, sodass Artur immer wieder nach einer Stelle suchen musste, auf die er überhaupt einen Fuß setzen konnte. Unter dem geplatzten Straßenbelag schlängelten sich Baumwurzeln dahin, hier und da klafften mehrere Meter tiefe Löcher, überall spross Gras, zum Teil einen Meter hoch. Die Wipfel der Pappeln, Espen, Fichten, ja sogar der Ahorn und die Eichen schienen förmlich miteinander verwachsen und nahmen ihm jede Sicht auf den Himmel. Die Bäume hatten die Stromleitungen zerfetzt und ihre Äste durch Fenster gebohrt. Ein Strommast aus Beton war aus dem Boden gerissen worden und hing nun in den Leitungen, als wolle er für eine der riesigen Pappeln den Anhänger einer Halskette abgeben.
    Dieser Typ im Gully …, Arturs Gedanken kehrten zu dem Toten zurück. Wenn das Unglück, das die Menschen im Institut vergiftet hatte, vor so langer Zeit passiert ist, warum ist der Tote dann mit einer Gasmaske rumgelaufen? Ob etwa immer noch alles verseucht ist?
    Mit der Pistole in der Hand arbeitete er sich dicht an den Hauswänden vor. Hier fühlte er sich schon etwas sicherer. Nach zweihundert Metern, das wusste er, würde die Gasse nach rechts abbiegen, dann war es nur noch ein Katzensprung bis zur nächsten großen Straße, dem Kamennoostrowski Prospekt. In den schattigen Baumkronen krakeelten Vögel. Artur meinte, durch das Gras ein kleines Tier huschen zu sehen, vielleicht eine Katze oder ein Hase. Einmal hörte er in den Zweigen ein todtrauriges Miauen, doch ließ sich keine Katze blicken. Wieder ein anderes Mal hätte er schwören können, dass aus dem Dickicht das Meckern einer Ziege zu ihm herüberdrang.
    Hinter dem Straßenknick machte er schon wieder Hunde aus, diesmal acht. Die Meute jagte zwar jemanden, zum Glück aber nicht ihn. Vielleicht verfolgte sie aber auch ein großes Tier. In der Ferne hörte er wütendes Gebell, das nach einer Weile allerdings verstummte.
    Bisher war er an Häusern, die noch aus der Zeit vor der Revolution stammten, vorbeigekommen. Sie hatten sich relativ gut gehalten. Das änderte sich schlagartig, sobald er den Kamennoostrowski Prospekt erreichte. Der Anblick, der sich ihm bot, verschlug ihm geradezu die Sprache: Von den unzähligen Autos, die hier einst geparkt hatten, zeugten bestenfalls noch verrostete Skelette. Obwohl die Fahrbahn tiefe Risse aufwies, aus denen dichtes Gestrüpp herauswuchs, schimmerten hier und da noch einzelne Markierungen auf. Die meisten Neubauten auf der gegenüberliegenden Straßenseite waren im oberen Teil eingestürzt, während im Erdgeschoss sämtliche Schaufenster eingeschlagen waren. Von einem sechsstöckigen Glaskasten war die gesamte Fassade auf den Bürgersteig gekracht, jetzt ragten abgerissene Kabel in die Luft. Durch Ritzen in den Hauswänden flitzten Schwalben. Da bei vielen Gebäuden das Dach fehlte, konnte er durch die Fenster der oberen Etagen den zarten Abendhimmel ausmachen. Unmittelbar vor ihm ragte an einer Metrostation das Fragment einer Betontreppe samt Geländer vertikal drei Meter hoch auf. Eine geschlagene Minute stand er neben diesem Ungetüm und starrte in den mit Marmor verkleideten Eingang hinunter.
    Die Station hieß Awstriskaja Ploschtschad. Das reimte er sich zusammen, auch wenn die Hälfte der Buchstaben von der Graniteinfriedung des Eingangs abgeplatzt war. Nur hatte es diese Station zu seiner Zeit gar nicht gegeben. Es musste eine neue Linie sein – die er wohl niemals mehr benutzen würde. Sein Blick fiel auf ein fast schon unleserliches Metallschild neben dem Eingang: Achtung! Quarantänezone! Zugang für Unbefugte verboten!
    Als er weiterlief, kam er an zwei eleganten Läden vorbei. Das heißt, als elegant durften sie schon lange nicht mehr gelten, auch wenn sich ein Hauch ihrer einstigen Pracht erahnen ließ: Ein verspiegelter Supermarkt war buchstäblich auf den Kopf gestellt, als ob eine ganze Herde Elefanten durch ihn gestampft wäre. Das zweite Geschäft brachte Kowals Gedanken zurück zu den Rubelscheinen im Safe. Er stand vor einem Juwelier. Und obwohl von den Schaufensterauslagen nicht das Geringste übrig geblieben war, funkelten im Laden selbst, ordentlich auf den Regalen aufgereiht, noch allerlei Edelmetalle. Ob er die vielleicht mal näher unter die Lupe nehmen sollte? Doch während er noch mit diesem Gedanken spielte, meldete sich sein siebter Sinn und ließ ihn jäh

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