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Cryonic: Der Dämon erwacht (Cryonic 1) (German Edition)

Cryonic: Der Dämon erwacht (Cryonic 1) (German Edition)

Titel: Cryonic: Der Dämon erwacht (Cryonic 1) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vitali Sertakov
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herumfahren.
    Eine riesige graue Katze rannte über die Straße, im Maul eine noch zappelnde Taube. Oder war das gar keine Katze? Denn seit wann ragten bei diesen Tieren die unteren Reißzähne so weit hervor? So was gab’s doch nur bei Keilern! Die Taube ließ ihn allerdings gleich wieder an Essen denken. Offenbar stumpften seine Gefühle langsam ab. Oder sein gemartertes Hirn errichtete in einer Art Abwehrreaktion einen Schutzwall zwischen seinem Bewusstsein und der Außenwelt. Kurz entschlossen betrat er das Juweliergeschäft und zog den Reißverschluss des penetrant riechenden Rucksacks auf.
    Der enthielt nichts, was schon vergammelt gewesen wäre. Im Gegenteil, er fand ein paar Brocken Dörrfleisch, eine Tüte mit steinhart gewordenem grauem Zwieback, eine Wasserflasche, ein relativ großes Stück Brot, ein Fläschchen mit einer öligen gelben Flüssigkeit und zuunterst einen schweren Eisenkasten. Sofort fiel er über das Brot her, und erst als er die Hälfte des Kantens verschlungen hatte, unterbrach er das Kauen, um einen Schluck aus der Flasche zu nehmen. So wie das Wasser schmeckte, kam es garantiert nicht aus der Leitung.
    Während des Abendessens behielt er die Straße im Auge. Einmal flitzte ein schwarzes Tier durch die dichten Sträucher, aber er konnte nicht genau erkennen, was für eins. Er hatte unglaubliches Glück gehabt, dass er nicht im tiefsten Winter aufgewacht war, sondern im Sommer, während der Weißen Nächte. Doch selbst wenn es nachts nicht dunkel wurde, wollte er auf keinen Fall unter freiem Himmel schlafen. Was er dringend brauchte, war ein Unterschlupf. Allmählich verhalte ich mich schon fast wie ein richtiger Indianer, schoss es ihm durch den Kopf. Deshalb teilte er sich auch das Essen ein, sparte die Hälfte des Brots und des Fleischs für später auf. Als Nächstes beabsichtigte er, bis zur Newa zu gehen. Sollte ihm auf dem Weg dorthin niemand begegnen, dann müsste er sich schnellstens eine Schlafstelle suchen. Er sammelte die Essensreste ein – erstarrte aber mitten in der Bewegung, eine Hand noch in der Luft. Aus der Ferne drang ein schwermütiges Heulen zu ihm herüber, das ihm das Blut in den Adern gefrieren ließ.
    O ja, er brauchte wirklich schnellstens einen Unterschlupf …
    Bevor das Glasfläschchen in den Rucksack zurückwanderte, öffnete er es noch kurz. Sofort stieg ihm eine Woge jenes bitteren Geruchs, der von allen Sachen ausging, in die Nase, allerdings noch wesentlich intensiver. Vielleicht war das ja Medizin oder ein Insektenschutzmittel … Jedenfalls sollte er das Fläschchen wohl besser behalten. Der Eisenkasten stellte sich bei genauerer Untersuchung als Isobehälter heraus. In ihm lag ein Glasgefäß mit breitem Hals, in dem in Lappen eingewickelte, fest verkorkte Reagenzgläser steckten. Da sich die Temperatur in dem Isobehälter längst an die Außentemperatur angepasst hatte, dürfte der Inhalt der Reagenzgläser inzwischen ohne jeden Zweifel verdorben sein. Trotzdem verstaute Artur, einer unerklärlichen Eingebung folgend, auch den Isobehälter wieder im Rucksack.
    Nach fünfzig Metern traf er auf der Höhe der Straße, wo früher in einem der Häuser Lenfilm untergebracht gewesen war, auf eine Barrikade. Und zwar keineswegs auf eine improvisierte, sondern auf eine, die nach allen Regeln der Kriegskunst errichtet worden war. Klug postierte Panzersperren riegelten die Straße ab. Dahinter erwarteten ihn Stacheldraht, Sandsäcke und vier Unterstände mit Schießscharten. Letztere waren solide gebaut, zwar nur aus Materialien, die zur Hand waren, dafür aber reichlich mit Zement verputzt. Sie sahen aus wie Furunkel, die aus dem Asphalt herauswuchsen. Mittlerweile bröckelte der Zement bereits, und aus den Spalten der dabei entstandenen Risse lugten schon Feldblumen heraus. Und der verrostete Stacheldraht war zum Spielball des Windes geworden. Jeden Schritt vorsichtig abwägend erklomm Kowal die Brustwehr aus Säcken, um in beide Richtungen Ausschau zu halten. Vor wem wollten sich die Petersburger mit diesen Barrikaden schützen? Welchen strategischen Zweck diese Absperrungen hatten, war dagegen klar: Sie verhinderten, dass der Feind über die Troizki-Brücke und damit bis ins Stadtzentrum kam.
    Die Straße selbst wirkte wie eine Startbahn im tiefsten Wald … Nirgends standen gesprengte Panzer, vor den Panzersperren gab es keine Leichen. Als er wieder hinunterkletterte, fielen ihm im Sand zahllose Spuren auf. Einige stammten von Hunden, aber es gab auch

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