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Cryonic: Der Dämon erwacht (Cryonic 1) (German Edition)

Cryonic: Der Dämon erwacht (Cryonic 1) (German Edition)

Titel: Cryonic: Der Dämon erwacht (Cryonic 1) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vitali Sertakov
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akzeptable Feuerwaffen und Gasmasken. Sie steckten in grauen Overalls. Ob das Leute des Gouverneurs sind?, überlegte er. Jedenfalls bildeten sie selbst jetzt einen engen Ring um die Frau. Artur meinte, im Rücken jedes Einzelnen von ihnen würden schmale funkelnde Stäbe aufragen, überdimensionale Schaschlikspieße sozusagen. Diesmal verkniff er es sich aber, Louis darauf anzusprechen.
    An der Station Admiralteiskaja verließ der Fahrer extra seinen Platz, um sich persönlich von Artur zu verabschieden. Louis platzte dabei fast vor Stolz, während Daljar bloß seufzte und Artur mit theatralischer Sorge half, den Rucksack zu schultern, um damit allen klarzumachen, wer hier ein Vorrecht auf den Herrn Ingenieur hatte. Die Station lag zum Glück nicht so tief unter der Erde wie die meisten anderen, sodass die drei nur eine kurze Treppe hinaufmussten. Oben nahm sie ein Alter mit kurz geschnittenem Haar, der in ein mottenzerfressenes Zobelplaid gehüllt war, in Empfang. Seine Kollegin, eine große, hagere Frau in einem Silberfuchspelz, trug ein abgesägtes Gewehr auf dem Rücken. Als Louis ihr einen Luftkuss zuwarf, schnaufte sie und drehte sich mit demonstrativer Gleichgültigkeit um, doch als er an ihr vorbeiging, forderte sie ihn mit einem Aufschrei auf, ihr seine Wunde zu zeigen. Der Alte schob die schweren Türriegel zur Seite und spähte, eine Kalaschnikow im Anschlag, nach draußen. Daljar klopfte derweil ungeduldig mit dem Fuß auf den Boden, Louis präsentierte der Frau mit sichtlichem Vergnügen seine Verletzungen. Prompt bekam er von ihr eine saubere Binde geschenkt und einen kurzen Schmatzer auf die Wange gedrückt. Danach durften sie die Metro endlich verlassen.
    Auf dem Dworzowaja Ploschtschad, dem Platz vor dem Winterpalast, überkam Kowal erneut das Gefühl, alles um ihn herum sei irgendwie völlig irreal. Er hinkte etwas hinter den beiden anderen her, wobei er versuchte, seinen wund geriebenen Fuß möglichst wenig zu belasten. Ständig riss er den Kopf von einer Seite zu andern. Seine beiden Begleiter hielten dagegen entschlossenen Schritts auf den Haupteingang zum Winterpalast zu und hatten für die Schönheit des Sommerabends nicht einen Blick übrig. Kaum hatten sie die Metro verlassen, hatte Daljar mit einem lauten Geräusch die Luft eingesogen und sein mit Diamanten verziertes Schwert aus der Scheide gezogen, während Louis die Armbrust gespannt hatte. Der Wind trieb Wogen von Pappelflaum durch die Müllberge auf dem Platz. Sie begegneten nicht einem einzigen Menschen, nur auf der Palastbrücke rüber zur Wassili-Insel machte Artur drei winzige Figuren von Reitern an einem Lagerfeuer aus. Der Zugang zum völlig verödeten Newski Prospekt wurde von einer Barrikade versperrt, die sich noch beeindruckender ausnahm als die, die er auf der Petrograder Seite gesehen hatte. Zwischen schiefen Maschinengewehrnestern ragte der Doppelrüssel einer Schiffsflak aus aufgeschüttetem Sand heraus. Am Alexandergarten zogen sich ein tiefer Graben mit unbefestigten Rändern und Reste von Stacheldraht entlang. In den eingeschlagenen Fenstern der ehemaligen Marineschule nisteten Hunderte von Möwen, versteinerte Würste des Vogelkots hingen von den Gesimsen. Die sechs steinernen Pferde thronten noch immer oben auf dem Torbogen des Generalstabs, dafür fehlte die Hälfte der Skulpturen auf den Gesimsen des Winterpalasts. Entweder sind sie zerfallen – oder jemand hat sie hinuntergestoßen, dachte Kowal. Auf dem Palastdach drehten sich ebenfalls Windräder, gleich zwei Dutzend, außerdem stand da oben ein intakter Trolleybus, wenn auch ohne Räder. Wie er aufs Dach gelangt war, war Kowal schleierhaft.
    Die Zugänge zum Zarenflügel wurden von Verteidigungsmaßnahmen deutlich jüngeren Datums gesichert, die nach einem anderen Prinzip errichtet worden waren: Man hatte Holzpfähle in zwei Reihen schräg ins Kopfsteinpflaster gerammt, den Palast selbst umgab ein dichtes Netz verschiedener Stacheldrahtkonstruktionen. Wie es an der Newa aussah, wusste Artur zwar nicht, aber zur Moika hin erreichten die Barrikaden die Höhe des Eremitage-Theaters. Sein Blick folgte ihnen noch in die Straße Millionnaja Uliza hinein, bis sie dann mit dem Dämmerlicht verschwammen. An beiden Enden des Palasts und an der kleinen Brücke stand je ein Mannschaftspanzer, der den Platz fest im Visier behielt. Die Fassaden hatten sich bis zum ersten Stock in eine eiserne Flickendecke verwandelt. Den Dellen nach zu urteilen, musste der Winterpalast

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