Cryonic: Der Dämon erwacht (Cryonic 1) (German Edition)

Eremitage und seine Kühnheit im Kampf unter Beweis gestellt. Er hat zwei unserer Soldaten vor der Meute der Bullterrier gerettet, er hat unsere Mütter vor dem Tod bewahrt, und er hat sich von den geflügelten Drachen keine Angst einjagen lassen. Ich kann die Karawane gegenwärtig nicht führen. Deshalb habe ich folgende Entscheidung getroffen: Sergo Abaschidze übernimmt an meiner Stelle den Befehl über alle Soldaten. Artur Schmied jedoch löst Sergo als Anführer meiner Leibgarde ab und wird hiermit zum Feldwebel ernannt. Was sagt der Rat dazu?«
    Sergo trat vor und wandte sich an alle: »Leute der Eremitage! Gibt es unter euch jemanden, der etwas gegen Artur Schmied vorzubringen hat?!«
    Niemand sagte ein Wort. Kowal war sich zwar sicher, dass gern jemand Einspruch erhoben hätte, aber Sergo und Rokotow setzten derart entschlossene Gesichter auf, dass außer Frage stand: An diesem Beschluss gab es nichts zu rütteln.
    »Und noch etwas!«, verkündete Arina mit letzter Kraft. »Hinter dem Sumpf liegt ein verletzter Wipper!« Durch die Reihe der Soldaten ging ein ängstliches Gemurmel. Die Passagiere, die in einer eigenen Gruppe zusammenstanden, tuschelten aufgeregt miteinander, die Frauen fingen an zu weinen. Arina wartete ab, bis wieder Stille eingekehrt war. »Genauer gesagt, glauben wir, dass es sich bei diesem Mann um einen Wipper handelt. Ich nehme wahr, dass er sich von gewöhnlichen Menschen unterscheidet, und Christoph hört in seinen Adern das Blut der Nicht-Menschen rauschen. Vier unserer Männer bewachen ihn mit Gewehren, aber wie ihr wisst, schaden Kugeln einem solchen Dämon nicht. Artur Schmied hat gesagt, er würde zu dem Kreis des Zauberers gehen und den Wipper gefangen nehmen. Uns begleiten vier Mütter. Eine von ihnen liegt im Sterben. Artur Schmied hat gesagt, er könne den Wipper überreden, das Blut dieser Frau zu reinigen.«
    Die Einheit erstarrte. Hundertfünfzig Augenpaare ruhten auf dem Mann, der dort in ihrer Mitte kniete. Selbst die Frauen hörten auf zu jammern. So ganz stimmt das ja nicht, dachte Artur bei sich. Trotzdem erhob er sich und strich die Gräser ab, die an seinen Hosenbeinen klebten. Jetzt gab es kein Zurück mehr. Im Übrigen hatten Arina und Christoph das clever ausgeklügelt: Wenn er den Kreis betrat und diesen Dämon gefangen nahm, würde das seine Autorität als frischgebackener Chef der Bodyguards sofort festigen.
    Seufzend wollte er schon in Richtung des mysteriösen Zauberers davonstiefeln, als Sergo ihn beim Ärmel packte.
    »Du kannst da nicht einfach schnurstracks hingehen, Chef. Jetzt stehen zehn Mann unter deinem Kommando, die besten Soldaten von Pap Rubens. Sag ihnen, was sie tun sollen. Außerdem musst du zwei neue Sergeanten ernennen. Von den anderen, die Christoph genannt hat, sind vier in den Wald gerannt, aber zwei Feiglinge haben wir in unsere Gewalt gebracht. Befiehl deinen Leuten, sie zu bestrafen. Du kannst Arinas Männer übernehmen oder dir eine neue Gruppe zusammenstellen. Aber die Versammlung wird sich erst auflösen, wenn du es befiehlst …«
    Na toll, dachte Kowal, nun bin ich also ganz oben angekommen. In seinem bisherigen Leben hatte der leitende Wimi und Kandidat der Wissenschaften vier Brillenträger und ein paar Putzfrauen unter sich gehabt. Jetzt waren ihm für welche Verdienste auch immer zehn Totschläger und vier unverheiratete Frauen anvertraut. Bei dem Gedanken an die Frauen sah er wieder jenes Bild vor seinem inneren Auge: die vollen Lippen, die riesigen grauen Augen, die Tränen auf den noch halb kindlichen Wangen. Und dann der Duft. Die Frau hatte einen süßlichen, warmen Geruch verströmt, fast wie ein Baby …
    »Hört meinen Befehl!« Er räusperte sich. Seine Männer bauten sich neben Arinas Trage vor ihm auf. »Ihr zwei sorgt im Panzerwagen für Ordnung und passt mir auf die Herrin auf. Schmiert die Waffen und überprüft die Läufe. Ihr zwei schnappt euch frische Pferde und spannt sie für die beiden toten Tiere vor den Wagen. Treibt etwas Futter für sie auf. Die übrigen unterstehen bis zu meiner Rückkehr Abaschidze«, wandte er sich an Abaschidze, der daraufhin wortlos nickte. Kowal holte tief Luft und rief: »Wegtreten!«
    Aus der Tür des Panzerwagens strahlte Christoph ihn an.

(14)
    DER WIPPER
    Die letzten Meter bis zu der lädierten Kutsche brachte Artur auf watteweichen Beinen hinter sich. Das, was er um sich herum sah, verschlug ihm die Sprache. Er musste über das abgerissene Bein eines Pferdes und die