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Cryonic: Der Dämon erwacht (Cryonic 1) (German Edition)

Cryonic: Der Dämon erwacht (Cryonic 1) (German Edition)

Titel: Cryonic: Der Dämon erwacht (Cryonic 1) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vitali Sertakov
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Überreste dieses weißen Tigers steigen. Den ganzen Weg über versuchte er, seine Umgebung nicht allzu genau wahrzunehmen. Bei jedem Schritt, den er machte, schmatzte es unter den Stiefeln, die Rokotow ihm gegeben hatte. Die Lichtung, auf der die Kutsche des Wippers das Ende des Kampfes erwartet hatte, ließ sich nur noch als Tatar aus Pferde- und Menschenfleisch bezeichnen. In der Mitte dieses Albtraums stand jedoch der hintere Teil des Gefährts mit einem fast unbeschädigten Ledersitz. Vier Soldaten bewachten diesen Thron . Der Rest der Kutsche sah allerdings aus, als ob er in den Fleischwolf geraten wäre. Zwischen Holzresten und einem Berg glühender Gänsefedern lag die Leiche eines gelben Wilden, dessen Adamsapfel vorragte. Genauer gesagt lag da nur sein Oberkörper. Auf der Wange schimmerte unter den Schlieren des Ockers stinknormale Haut hervor. Das ist alles nur Effekthascherei, redete Kowal sich ein und schloss kurz die Augen. Nichts anderes als großes Theater mit allen Versatzstücken des Kriegerkults. Von wegen Zauberei!
    »Du bist also gekommen, Erwachter Dämon.«
    Der Mann in der Kutsche lächelte Artur an, doch in seinen Augen spiegelte sich keine Freude wider. Er musste sehr leiden, denn an seinem linken Unterschenkel hatte sich der Knochen durch die Haut gebohrt. Der weiße Umhang hing in dreckigen Fetzen an ihm. In seiner Schulter steckte ein Granatsplitter, ein anderer hatte seine Stirn aufgeschlitzt.
    Dennoch lächelte der Wipper. Seine langen silbergrauen Haare waren zu sehr dünnen ordentlichen Zöpfen geflochten. Hätte man Artur gefragt, wie alt dieser Zauberer sei, hätte er kaum darauf antworten können – denn etwas hinderte ihn daran, dessen Äußeres klar zu erkennen. Die Gesichtszüge des Mannes in dem weißen Umhang schienen vor seinen Augen zu verschwimmen, sobald er sie auch nur eine Sekunde fixierte. Die vier Soldaten beteten jeder für sich und trauten sich trotz ihrer Gewehre nur bis auf fünf Meter an die Kutsche heran. Einer von ihnen hielt sogar ein Kreuz ausgestreckt in der Hand vor sich.
    »Nur bin ich kein Dämon«, antwortete Artur dem Mann.
    Nun trat er in den Kreis, von dem Sergo gesprochen hatte. Er hatte einen Durchmesser von anderthalb Metern, und in ihm lag nicht ein Geschoss am Boden. Der Wipper schien direkt vom Himmel in diese Hölle gefallen zu sein. Doch woher kamen dann die Wunden?
    »Aber erwacht bist du.« Die Stimme klang wie das Rascheln von Herbstlaub. »Und du fürchtest die Magie der Erde nicht. Hilf mir, denn du bist doch gekommen, mir zu helfen, oder etwa nicht?«
    »Geh lieber nicht näher an den ran, Meister«, schrie der Soldat mit dem Kreuz. »Er trinkt dein Gedächtnis aus und hext dir ein Geschwür an.«
    Die Soldaten umklammerten krampfhaft die Abzüge ihrer Gewehre. Da die Beile inzwischen schwiegen, drehte Kowal sich um. Dutzende fassungsloser Gesichter waren ihm zugewandt. Und eines von ihnen gehörte ganz sicher dem ewig strahlenden Christoph.
    »Du hast den Kreis betreten, fürchtest mich aber. Wie ist dergleichen möglich, Erwachter Dämon?«, fragte der Träger dieser Rastazöpfe mit einem weiteren Lächeln. »Ich trage keine Waffe, während ihr zu fünft seid. Wenn du mir nicht hilfst, sterbe ich.« Der Wipper lüpfte mit der linken Hand den zerfetzten Umhang, sodass Kowal eine weitere schreckliche Wunde an seiner rechten Seite sah. In sie hatte er Gras gestopft. »Willst du, dass ich sterbe?«
    »Ich lasse dich schon nicht sterben«, erklärte Artur, »jedenfalls nicht, wenn du schwörst, im Gegenzug auch mir zu helfen!«
    »Nur sprichst du, um genau zu sein, nicht von dir, sondern von der jungen Mutter, oder nicht?« Das Lachen des Wippers klang traurig und leise, aber Kowal spürte, wie seine Knie erneut watteweich wurden. »Selbstverständlich werde ich sie retten. Denn ich wünsche ihr nicht weniger als du ein langes Leben.«
    »Ich will sie bloß lebend nach Moskau bringen!«, entgegnete Artur. »Alles andere interessiert mich nicht. Aber du, was bist du eigentlich für ein Dreckschwein?! Fängst hier ein solches Gemetzel an! Ist dir eigentlich klar, wie viele Menschen deinetwegen gestorben sind?!«
    »Meinetwegen?«, fragte der Mann ehrlich verwundert zurück. »Dieses Pack war auf eure nichtsnutzigen Güter erpicht. Die wollten eure Frauen gefangen nehmen, vergewaltigen und am Hungertuch nagen lassen. Im besten Falle wären zwei, drei Kinder auf die Welt gekommen, die jedoch von Insekten zu Tode gestochen oder am Fieber

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