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Cryptonomicon

Cryptonomicon

Titel: Cryptonomicon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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gestellt haben und jetzt so weit sind, ihm per E-Mail Brocken geheimnisvoller Codes zu schicken und dazu die Frage: War das ein Irrtum oder etwas unglaublich Schlaues, was ich bis jetzt noch nicht rausgekriegt habe? Auf solche Nachrichten möchte Randy im Augenblick nicht antworten.
    Ungefähr ein Dutzend E-Mails kommt von Freunden, von denen manche nur Internet-Witze weiterleiten, die er schon hundertmal gesehen hat. Ein weiteres Dutzend kommt von Mitgliedern der Epiphyte Corp. und enthält vor allem Einzelheiten über die Reiserouten, die sie auf dem Weg nach Kinakuta zu dem morgigen Meeting zurücklegen.
    Bleiben noch etwa zehn oder zwölf Nachrichten, die in eine besondere, erst seit einer Woche existierende Kategorie gehören; zu diesem Zeitpunkt erschien im TURING Magazine ein Artikel über das Datenhafenprojekt und das Titelbild zeigte Randy auf einem Boot vor der Küste der Philippinen. Avi hatte sich mächtig ins Zeug gelegt, um diesen Artikel unterzubringen, denn er wollte etwas haben, womit er den anderen Teilnehmern des morgigen Meetings vor der Nase herumfuchteln konnte. Da TURING eine so sehr aufs Optische getrimmte Zeitschrift ist, dass man sie nur mit Schweißbrille anschauen kann, bestanden sie auf einem Bild. Ein Fotograf wurde zur Krypta geschickt, die man jedoch für optisch reizlos hielt. Es gab einen ziemlichen Aufstand. Der Fotograf wurde zur Manila Bay weiterbefördert, wo er Randy vor dem Hintergrund eines aus dem Nebel aufragenden Vulkans auf einem Bootsdeck neben einer großen Spule mit orangefarbenem Kabel festhielt. An den Zeitungskiosken wird die Zeitschrift erst in einem Monat zu haben sein, aber der Artikel selbst steht bereits seit einer Woche im Internet, wo er augenblicklich zum Diskussionsthema in der Mailingliste der Heimlichen Bewunderer wurde, dem Forum, in dem sich all die coolen Typen wie John Cantrell herumtreiben, um über die allerneuesten Hashfunktionen und Pseudozufallszahlengeneratoren zu diskutieren. Da Randy zufällig auf dem Bild war, haben sie sich in der irrigen Annahme, er sei der Obermacher, auf ihn gestürzt. Das hat dazu geführt, dass sich in Randys Mailbox eine ganz neue Kategorie von Nachrichten ausbreitet: ungebetene Ratschläge und kritische Anmerkungen von Kryptofreaks in aller Welt. Im Augenblick befinden sich vierzehn solche E-Mails in seinem Posteingang, darunter acht von einer oder mehreren Personen mit dem Absendernamen Admiral Isoroku Yamamoto.
    Die Versuchung ist groß, diese Nachrichten einfach zu ignorieren, das Dumme ist nur, dass ein Großteil der Leute in der Mailingliste der Heimlichen Bewunderer zehnmal klüger sind als Randy. Man kann die Liste durchgehen, wann man will, immer stößt man auf einen Mathematikprofessor in Russland, der sich gerade mit einem Mathematikprofessor in Indien Kilobyte um Kilobyte über irgendein verblüffend obskures Detail in der Primzahlentheorie streitet, während ein achtzehnjähriges, zwangsernährtes mathematisches Wunderkind in Cambridge sich alle paar Tage mit einer noch verblüffenderen Erklärung darüber, warum beide Unrecht haben, einschaltet.
    Deshalb versucht Randy die E-Mails, die er von solchen Leuten bekommt, wenigstens zu überfliegen. Mit einem gewissen Misstrauen betrachtet er diejenigen darunter, die sich hinter dem Namen Admiral Isoroku Yamamoto oder der Zahl 56 (was ein Code für Yamamoto ist) verbergen. Aber auch wenn sie politisch gesehen einen an der Waffel haben, heißt das nicht, dass sie ihre Mathematik nicht gelernt hätten.
    An: [email protected]
Von: [email protected]
Betreff: Datenhafen
Hast du irgendwo einen öffentlichen
Schlüssel hinterlegt? Ich würde gern per
E-Mail mit dir verkehren, möchte aber
nicht, dass Paul Comstock es liest:)
Mein öffentlicher Schlüssel, falls du mir
antworten möchtest, lautet
- ANFANG ORDO ÖFFENTLICHER SCHLÜSSEL –
BLOCK-
(zeilenweise Kauderwelsch)
- ENDE ORDO ÖFFENTLICHER SCHLÜSSEL-BLOCK-
Dein Datenhafenkonzept ist gut, weist aber
noch erhebliche Mängel auf. Was ist, wenn
der philippinische Staat dein Kabel still-legt?
Oder der gute Sultan es sich anders
überlegt und beschließt, deine Computer
zu nationalisieren und sämtliche Disketten
zu lesen? Was wir brauchen, ist nicht ein
einziger Datenhafen sondern ein ganzes
NETZ von Datenhäfen – unempfindlicher, so
wie das Internet unempfindlicher ist als
eine einzige Maschine.
Unterzeichnet:
Der Admiral Isoroku Yamamoto, der seine
Nachrichten so unterzeichnet:
- ANFANG ORDO

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