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Cryptonomicon

Cryptonomicon

Titel: Cryptonomicon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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SIGNATURBLOCK –
(zeilenweise Kauderwelsch)
- ENDE ORDO SIGNATURBLOCK -
    Randy schließt diese E-Mail, ohne zu antworten. Avi möchte nicht, dass sie sich mit Heimlichen Bewunderern unterhalten, aus Angst, man könnte sie später bezichtigen, irgendjemandes Ideen geklaut zu haben; deshalb besteht die Antwort auf all diese E-Mails aus einem Formbrief, für dessen Erstellung Avi einem intelligenten Anwalt, einem Spezialisten für Fragen geistigen Eigentums, ungefähr zehntausend Dollar gezahlt hat.
    Eine andere E-Mail liest er nur wegen der Rücksprungadresse:
    Von: [email protected]
    Auf einer UNIX-Maschine ist »root« der Name jenes geradezu gottähnlichen Benutzers, der jede beliebige Datei lesen, löschen oder editieren, jedes Programm laufen lassen, neue Benutzer anmelden und bisherige rausschmeißen kann. Der Eingang einer E-Mail von jemandem, der die Benutzerkennung »root« hat, ist so, als bekäme man einen Brief von jemandem, der den Titel »Präsident« oder »General« im Briefkopf führt. Randy ist auf verschiedenen Systemen, von denen manche mehrere Zehnmillionen Dollar wert waren, »root« gewesen, und die Höflichkeit unter Kollegen gebietet, diese Nachricht wenigstens zu lesen.
    Ich habe von Ihrem Projekt gelesen.
Warum machen Sie das?
    gefolgt von einem Ordo-Signatur-Block.
    Es ist anzunehmen, dass das ein Versuch ist, eine Art philosophische Debatte anzustoßen. Wenn man mit anonymen Fremden im Internet diskutiert, muss man auf alles gefasst sein, denn fast immer entpuppen sie sich als von ihrer Unfehlbarkeit überzeugte Sechzehnjährige mit unendlich viel freier Zeit – oder kommen einem jedenfalls so vor. Aber diese »root«-Adresse bedeutet entweder, dass der Betreffende eine größere Computeranlage unter sich oder, was viel wahrscheinlicher ist, eine Finux-Kiste zu Hause auf seinem Schreibtisch hat. Selbst ein privater Finux-Benutzer muss dem normalen amateurhaften Internetsurfer um Längen voraus sein.
    Randy öffnet ein Fenster und tippt:
    Wer ist eruditorum.org
    und bekommt eine Sekunde später einen Textblock vom InterNIC zurück:
    eruditorum.org (Societas Eruditorum)
    gefolgt von einer Postadresse, einem Postfach in Leipzig, Deutschland.
    Im Anschluss daran sind ein paar Kontaktnummern aufgelistet. Sie haben alle die Vorwahl von Seattle. Aber die dreistelligen Vermittlungsnummern hinter der Vorwahl kommen Randy bekannt vor, und ihm fällt ein, dass es Eingangsnummern zu einem unter sehr mobilen Leuten beliebten Weiterleitungsdienst ist, der Voice-Mails, Faxe usw. zu jedem Ort, an dem man sich gerade befindet, nachsendet. Avi zum Beispiel benutzt ihn ständig.
     
    Beim Herunterscrollen stößt Randy auf:
    Datensatz zuletzt aktualisiert am 18. Nov. 98 Datensatz erstellt am 1. März 90
    Das »90« fällt ins Auge. Nach Internetnormen ein geradezu prähistorisches Datum. Das bedeutet, dass die Societas Eruditorum ihrer Zeit weit voraus war. Vor allem für eine Gruppe in Leipzig, das bis ungefähr dahin zu Ostdeutschland gehört hatte.
    Verzeichnis der Domain Server:
NS. SF. LAUNDRY. ORG
    … gefolgt von dem punktierten Viereck für laundry.org, einen Paketanonymisierer, den viele heimliche Bewunderer benutzen, um zu verhindern, dass ihre Kommunikation nachvollzogen werden kann.
    Das ergibt alles keinen Sinn, und dennoch kann Randy nicht einfach davon ausgehen, dass diese Nachricht von einem gelangweilten Sechzehnjährigen gekommen ist.Wahrscheinlich sollte er eine symbolische Antwort zurückschicken, befürchtet aber, dass sie sich als Einladung zu einem wie auch immer gearteten geschäftlichen Angebot erweisen könnte: vermutlich von einer heruntergekommenen Hightech-Firma, die nach Kapital Ausschau hält.
    In der letzten Fassung der Unternehmenspräsentation findet sich wahrscheinlich eine Erklärung dafür, warum Epiphyte(2) die Krypta baut. Randy kann sie einfach ausschneiden und in eine E-Mail-Antwort an [email protected] einfügen. Es dürfte etwas Nebelhaftes, die Aktionäre Ansprechendes und daher eher wenig Aussagekräftiges sein. Mit etwas Glück wird es diese Person davon abhalten, ihn weiterhin zu belästigen. Randy doppelklickt auf das Ordo-Piktogramm mit dem Augapfel und der Pyramide, woraufhin sich ein kleines Textfenster auf dem Bildschirm öffnet, in das er Befehle eingeben soll. Ordo hat auch eine hübsche grafische Benutzeroberfläche, die Randy aber verschmäht. Menüs oder Schaltflächen sind nichts für ihn. Er tippt
    ›entschlüssele

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