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Cryptonomicon

Cryptonomicon

Titel: Cryptonomicon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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weiß, dass sie selbst auf sich aufpassen können, also steuert er auf die Brücke zu, denn er sucht nach den paar Spinnern, die immer eine Möglichkeit finden, das Leben interessant zu gestalten: Die Lieutenants Root und Monkberg sowie Corporal Benjamin.
    Der Erste, den er zu Gesicht bekommt, ist der Skipper, der sich, auf einem Stuhl zusammengesackt, einen genehmigt und aussieht wie jemand, der gerade verblutet ist. Das arme Schwein ist ein Berufssoldat der Navy, der einzig und allein zu dem Zweck von seiner regulären Einheit abkommandiert wurde, das zu tun, was er soeben getan hat. Es liegt ihm sichtlich schwer im Magen.
    »Saubere Arbeit, Sir!«, sagt Shaftoe, der nicht weiß, was er sonst sagen soll. Dann folgt er den Geräuschen einer Auseinandersetzung in die Funkkabine.
    Die Personen der Handlung sind Corporal Benjamin, der ein großes Buch hochhält, und das in einer Pose, die an einen verärgerten Priester erinnert, der seine ungeratenen Schäflein sarkastisch mit dem unvertrauten Anblick der Bibel bekannt macht; Lieutenant Monkberg halb liegend auf einem Stuhl, das verletzte Bein auf einemTisch; und Lieutenant Root, der sich mit Nadel und Faden über dasselbe hermacht.
    »Meine Pflicht als Soldat -«, beginnt Benjamin.
    Monkberg unterbricht ihn. »Ihre Pflicht als Soldat, Corporal, besteht darin, meine Befehle zu befolgen!«
    Roots medizinische Ausrüstung ist aufgrund der Kollision über das ganze Deck verstreut. Shaftoe beginnt, die Sachen aufzuheben und zu sortieren, wobei er besonders scharf nach etwaigen kleinen Fläschchen Ausschau hält, die vielleicht verloren gegangen sind.
    Benjamin ist äußerst erregt. Er dringt eindeutig nicht zu Monkberg durch, deshalb schlägt er das dicke Buch aufs Geratewohl auf und hält es hoch über seinen Kopf. Es enthält zeilen- und spaltenweise beliebige Buchstaben. »Das hier«, sagt Benjamin, »ist der alliierte HAN-DELSSCHIFFCODE! Eine Ausgabe DIESES BUCHES befindet sich auf JEDEM SCHIFF JEDES GELEITZUGES im Nordatlantik! Es wird von diesen Schiffen dazu verwendet, IHRE POSITIONEN ZU FUNKEN! BEGREIFEN SIE, was PASSIEREN wird, wenn DIESES BUCH DEN DEUTSCHEN in die Hände fällt?!«
    »Ich habe Ihnen meinen Befehl gegeben«, sagt Lieutenant Monkberg.
    In diesem Stil machen sie ein paar Minuten lang weiter, während Shaftoe das Deck nach medizinischem Schutt absucht. Schließlich sieht er, wonach er sucht: Es ist unter einen Lagerschrank gekullert und scheint wie durch ein Wunder unversehrt zu sein.
    »Sergeant Shaftoe!«, sagt Root gebieterisch. Niemals ist er dem Tonfall eines Offiziers näher gekommen. Shaftoe nimmt reflexartig Haltung an.
    »Sir! Jawohl, Sir!«
    »Die Wirkung von Lieutenant Monkbergs Morphiumdosis dürfte sehr bald nachlassen. Sie müssen umgehend meine Morphiumflasche finden und sie mir bringen.«
    »Sir! Jawohl, Sir!« Shaftoe ist ein Marine, d. h. er ist wirklich gut darin, Befehle zu befolgen, auch wenn sein Körper sich dagegen ausspricht. Dennoch wollen seine Finger ihren Griff um das Fläschchen nicht lösen und Root muss es ihm praktisch entwinden.
    Benjamin und Monkberg sind so in ihren Streit vertieft, dass sie den kleinen Wortwechsel gar nicht mitbekommen haben. »Lieutenant Root!«, sagt Benjamin, und nun ist seine Stimme hoch und zittrig.
    »Ja, Corporal«, sagt Root geistesabwesend.
    »Ich habe Grund zu der Annahme, dass Lieutenant Monkberg ein deutscher Spion ist und dass er des Kommandos über diesen Einsatz enthoben und unter Arrest gestellt werden sollte!«
    »Sie Scheißkerl!«, brüllt Monkberg. Wozu er auch allen Grund hat, denn Benjamin hat ihn soeben des Verrats beschuldigt, und dafür könnte er vor einem Erschießungskommando landen. Aber Root hat Monkbergs Bein auf dem Tisch fixiert, sodass er sich nicht rühren kann.
    Root bleibt vollkommen ungerührt. Er scheint diese unglaublich schwerwiegende Beschuldigung sogar zu begrüßen. Sie bietet Gelegenheit, über etwas Gehaltvolleres zu reden als beispielsweise darüber, wie man das Wort »Schiff« in nautischen Ausdrücken durch »Schiss« ersetzen kann.
    »Dafür bringe ich Sie vors Kriegsgericht, Sie Drecksack!«, orgelt Monkberg.
    »Corporal Benjamin, welche Gründe haben Sie für diese Beschuldigung?«, fragt Enoch Root mit einschläfernder Stimme.
    »Der Lieutenant hat sich geweigert, mir zu erlauben, die Codebücher zu vernichten, wie es meiner Pflicht als Soldat entspricht!«, brüllt Benjamin. Er hat vollkommen die Beherrschung verloren.
    »Ich habe sehr genaue

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