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Cryptonomicon

Cryptonomicon

Titel: Cryptonomicon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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Weizenfeld, wo sie mit auf den Boden gelegten Leuchtkörpern eine Piste für eine DC-3 der US Army markierten, die eine saubere Landung baute, sie alle an Bord nahm und ohne weiteren Zwischenfall nach Malta brachte.
    Und dort wurden sie mit Lieutenant Monkberg bekannt gemacht.
    Die Einsatzbesprechung war kaum vorüber, als sie sich auch schon auf einem anderen Unterseeboot mit Kurs in unbekannte oder zumindest nicht näher genannte Gegenden befanden. Doch als sie ihre Warmwetter-Ausrüstung gegen zehn Pfund schwere Pullover aus geölter Wolle eintauschten, kriegten sie allmählich so eine Ahnung. Ein paar klaustrophobische Tage später waren sie auf diesen Frachter verlegt worden.
    Der Kahn selbst ist so erbärmlich, dass sie sich damit amüsieren, das Wort »Schiff« in verschiedenen nautischen Begriffen durch »Schiss« zu ersetzen, wie etwa: Jetzt wollen wir aber mal klar Schiss machen! Wo bringt uns der Schisskapitän eigentlich hin? Und so weiter.
    Nun, im Schissladeraum, bemüht sich ein leidenschaftlicher Bobby Shaftoe nach Kräften, einen Effekt von Plünderung zu erzielen. Er verstreut Gewehre und Maschinenpistolen auf dem Deck. Er öffnet Schachteln mit 45er Patronen und schleudert sie überallhin. Er findet auch mehrere Paar Skier – Skier brauchen sie doch, oder? Er legt da und dort Minen, bloß um demjenigen Deutschen, der zufällig als Erster daherkommt, um dieses Schisswrack zu untersuchen, einen Schrecken einzujagen. Er öffnet Kisten mit Granaten. Sie sehen nicht sonderlich geplündert aus, wie sie so wohl gefüllt dastehen, also nimmt er Dutzende davon heraus, trägt sie an Deck und wirft sie über Bord. Ein paar Skier wirft er auch hinterher – vielleicht werden sie ja irgendwo angeschwemmt und tragen so zu dem Gesamteindruck von Chaos bei, an dem Lieutenant Monkberg so viel liegt.
    Er ist gerade mit einem Arm voll Skier auf dem Weg über das Oberdeck, als ihm draußen im Nebel etwas ins Auge sticht. Er zuckt natürlich zusammen.Viele Luftangriffe haben Bobby Shaftoe zu einem großen Zusammenzucker gemacht. Er zuckt so heftig zusammen, dass er sämtliche Skier auf das Deck fallen lässt und sich um ein Haar selbst zwischen sie wirft. Aber er hält immerhin so lange die Stellung, dass er das Ding im Nebel genauer betrachten kann. Es liegt direkt vor ihnen, ist etwas höher als die Brücke des Frachters und bewegt sich (im Gegensatz zu herabstürzenden Zeros oder Messerschmitts) nicht besonders schnell – es schwebt einfach da. Wie eine Wolke am Himmel. Als wäre der Nebel zu einem dichten Klumpen geronnen, wie der Kartoffelbrei von Shaftoes Mutter. Das Ding wird immer heller, während er da steht und es betrachtet, die Ränder treten immer schärfer hervor, und nun sieht er drumherum noch anderes.
    Dieses andere ist grün.
    He, Moment mal! Was er da sieht, ist ein grüner Berghang mit einem großen weißen Schneefeld mittendrauf.
    »Vorsicht!«, schreit er und wirft sich aufs Deck.
    Er hofft, von der Allmählichkeit, der Sanftheit ihrer Kollision mit der Erdkruste überrascht zu werden. Er denkt dabei an die Art von Ereignis, bei dem man ein kleines Motorboot an einen Sandstrand heranfährt, in der letzten Minute den Außenborder abstellt und aus dem Wasser kippt und dann sanft auf den stoßdämpfenden Sand gleitet.
    Wie sich herausstellt, ist das eine äußerst schwache Analogie für das, was als Nächstes passiert. Der Frachter nämlich macht erheblich mehr Fahrt als das typische Tuck-tuck-Fischerboot. Und anstatt auf einen Sandstrand zu gleiten, erleben sie eine nahezu frontale Kollision mit einer senkrechten Granitwand. Es gibt ein wirklich eindrucksvolles Geräusch, der Bug des Schiffes biegt sich tatsächlich nach oben, und Bobby Shaftoe stellt plötzlich fest, dass er mit hoher Geschwindigkeit auf dem Bauch über das vereiste Deck schlittert.
    Einen Moment lang hat er fürchterliche Angst, dass er geradewegs vom Deck herunterrutschen und in den Bach sausen wird, aber er schafft es, sich gegen eine Ankerkette zu steuern, die sich als wirkungsvoller Stopper erweist. Weiter unten, so hört er, finden annähernd zehntausend andere kleine und große Gegenstände ihrerseits Hindernisse zum Dagegenknallen.
    Es folgt eine kurze und beinahe friedvolle Phase fast völliger Stille. Dann erhebt sich von Seiten der äußerst dünn besetzten Mannschaft des Frachters ein Riesengeschrei: »ALLE MANN VON BORD! RUNTER VOM SCHISS!«
    Die Männer von Abteilung 2702 steuern auf die Rettungsboote zu. Shaftoe

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