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Cryptonomicon

Cryptonomicon

Titel: Cryptonomicon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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Scheiß auszuklamüsern, ist Root sein Mann.
    »Ich weiß, Sie erwarten, dass ich Sie um Morphium bitte, aber das hab ich nicht vor«, sagt Shaftoe. »Ich will bloß reden.«
    »Aha«, sagt Root. »Soll ich dann meinen Priesterhut aufsetzen?«
    »Ich bin Protestant, verdammte Scheiße. Ich kann selber mit Gott reden, wann immer ich Gott verdammt noch mal Lust dazu habe.«
    Shaftoes Ausbruch von Feindseligkeit verblüfft und verwirrt Root. »Tja, worüber wollen Sie reden, Sergeant?«
    »Über diesen Einsatz.«
    »Ach so. Ich weiß nichts über diesen Einsatz.«
    »Gut, dann versuchen wir auszuklamüsern, worum’s dabei geht«, sagt Shaftoe.
    »Ich dachte, Sie sollen einfach Befehle befolgen«, sagt Root.
    »Ich befolge sie ja auch.«
    »Das weiß ich.«
    »Aber bis es so weit ist, habe ich einen Haufen Zeit totzuschlagen, und die kann ich genauso gut dazu nutzen auszuklamüsern, was eigentlich los ist. Also, der Skipper sagt, wir sollen das Zeug tragen, wenn wir an Deck sind, wo man uns sehen könnte. Aber wer zum Teufel soll uns denn hier draußen sehen?«
    »Ein Aufklärungsflugzeug?«
    »Die Deutschen haben keine Aufklärungsflugzeuge, jedenfalls nicht hier draußen.«
    »Ein anderes Schiff?«, fragt Root, der sich langsam für das Ratespiel erwärmt, rhetorisch.
    »Die sehen wir zur gleichen Zeit, wie sie uns sehen, und dann ist noch immer reichlich Zeit, den Scheiß anzuziehen.«
    »Dann muss es ein Unterseeboot sein, worum sich der Skipper Gedanken macht.«
    »Bingo«, sagt Shaftoe, »ein Unterseeboot könnte uns nämlich durch sein Sehrohr begucken, und wir würden es gar nicht merken.«
    Doch an diesem Tag kommen sie nicht viel weiter in ihrem Bemühen, die tiefer reichende Frage zu beantworten, warum ihre befehlshabenden Offiziere wollen, dass sie in den Augen deutscher Unterseebootkapitäne wie Neger aussehen.
     
     
     
    Am nächsten Tag pflanzt sich der Skipper im Brückenhaus auf, wo er offensichtlich vorhat, alles genau im Auge zu behalten. Er wirkt weniger betrunken, aber keineswegs fröhlicher. Er trägt ein buntes, kurzärmeliges Madras-Hemd über einem langärmeligen schwarzen Rollkragenpullover und Sandalen mit geflochtener Sohle über schwarzen Socken. Von Zeit zu Zeit zieht er seine schwarzen Handschuhe und seine Skimaske an und geht hinaus, um mit einem Feldstecher den Horizont abzusuchen.
    Das Schiff hält nach Sonnenaufgang ein paar Stunden lang Westkurs, wendet sich dann kurze Zeit nach Norden, fährt dann eine Stunde lang ostwärts, nimmt dann wieder Nordkurs und wendet sich abermals Richtung Westen. Sie folgen einem Suchmuster und Commander Eden freut sich offenbar nicht sonderlich darauf zu finden, was auch immer sie suchen. Shaftoe setzt erneut eine Übung mit den Rettungsbooten an, überprüft sie dann selbst und vergewissert sich, dass sie üppig mit Proviant versehen sind.
    Gegen Mittag gibt ein Ausguck Laut. Das Schiff wechselt den Kurs und fährt nun ungefähr Richtung Nordosten. Der Skipper taucht aus dem Brückenhaus auf und überreicht Shaftoe mit einer Miene von begräbnishafter Endgültigkeit eine Kiste Schuhwichse und einen versiegelten Umschlag, der detaillierte Befehle enthält.
    Minuten später ziehen sich die Männer von Abteilung 2702 auf Befehl von Sergeant Shaftoe bis auf die Unterhosen aus und beginnen sich mit Schuhwichse einzuschmieren. Sie besitzen bereits schwarze Shinola, die man ihnen ins Haar einzumassieren befiehlt, falls es nicht bereits schwarz ist.Wieder ein Beispiel dafür, wie das Militär den kleinen Mann bescheißt – Shinola gibt’s nicht umsonst.
    »Sehe ich schon wie ein Neger aus?«, fragt Shaftoe Lieutenant Root.
    »Ich bin ein bisschen herumgekommen«, sagt Root, »und für mich sehen Sie nicht wie ein Neger aus. Aber für einen Deutschen, der noch nie einen richtigen Neger gesehen hat und durch ein Sehrohr guckt – was soll’s?« Dann: »Ich nehme an, Sie sind dahinter gekommen, worum es hier geht?«
    »Ich hab die Scheißbefehle gelesen«, sagt Shaftoe vorsichtig.
    Sie steuern auf ein Schiff zu. Im Näherkommen beguckt sich Shaftoe den Kahn mit einem geborgten Kieker und sieht entsetzt, aber eigentlich nicht überrascht, dass es sich nicht um ein Schiff, sondern um zwei nebeneinander liegende Schiffe handelt. Beide weisen die länglichen, fatalen Konturen von Unterseebooten auf, doch eines von ihnen ist dicker und er nimmt an, dass es eine Milchkuh ist.
    Unter seinen Füßen spürt er, wie die Maschinen bis auf ein schwaches Tuckern

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