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Cryptonomicon

Cryptonomicon

Titel: Cryptonomicon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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herunterfiel.
    »Gott im Himmel«, murmelt Beck, der das alles durch das Sehrohr beobachtet. Er hat sich über den Erfolg gefreut, bis ihm einfiel, dass er genaue Befehle hatte, und dass er jeden umbringt, den er zu Gesicht bekommt, gehörte nicht dazu. Wird überhaupt irgendwer überleben, den er auffischen kann?
    Er lässt das Unterseeboot auftauchen und klettert mit seinen Offizieren auf den Turm. Als Erstes suchen sie den Himmel nach Catalinas ab. Da sie keine finden, teilen sie Beobachtungsposten ein und beginnen langsam durch die See von Ballen zu fahren, die sich mittlerweile über mindestens einen Quadratkilometer verteilt haben. Es wird dunkel, sodass sie Suchscheinwerfer einsetzen müssen.
    Alles sieht ziemlich düster aus, bis ein Suchscheinwerfer einen Überlebenden erfasst – nur Kopf, Schultern und zwei hochgestreckte Arme, die sich an ein Seil um einen Ballen klammern. Der Überlebende rührt sich weder noch reagiert er, als sie sich nähern, und erst als eine Welle den Ballen umkippt, zeigt sich, dass alles unterhalb des Solarplexus von Haien weggefressen wurde. Von dem Anblick muss selbst diese abgebrühte Mörderbande würgen. In der nun folgenden Stille hören sie leise Stimmen über das ruhige Wasser hallen. Nach kurzer Suche finden sie zwei Männer, offenbar redselige Burschen, die sich einen Ballen teilen.
    Als der Suchscheinwerfer sie erfasst, lässt einer der Neger den Ballen los und taucht unter. Der andere starrt einfach nur gelassen und erwartungsvoll ins Licht. Die Augen dieses Negers sind fahl, beinahe farblos, und er hat ein Hautleiden: Er hat sich stellenweise weiß verfärbt.
    Als sie näher kommen, spricht der fahläugige Neger sie in perfektem Deutsch an. »Mein Kamerad versucht, sich zu ertränken«, erklärt er.
    »Geht das denn überhaupt?«, fragt Kapitänleutnant Beck.
    »Ebendiese Frage haben er und ich gerade diskutiert.«
    Beck sieht auf seine Armbanduhr. »Offenbar ist es ihm sehr ernst damit«, sagt er.
    »Sergeant Shaftoe nimmt seine Pflicht sehr ernst. Das Ganze hat eine gewisse Ironie. Seine Zyanidkapsel hat sich im Salzwasser aufgelöst.«
    »Leider finde ich jegliche Ironie mittlerweile nur noch langweilig und deprimierend«, sagt Beck, als ganz in der Nähe ein menschlicher Körper an die Oberfläche kommt. Es ist Shaftoe und er scheint bewusstlos zu sein.
    »Sie sind?«, fragt Beck.
    »Lieutenant Enoch Root.«
    »Ich soll nur Offiziere an Bord nehmen«, sagt Beck mit einem kalten Blick in Richtung des Rückens von Sergeant Shaftoe.
    »Sergeant Shaftoe hat außerordentlich umfangreiche Befugnisse«, sagt Lieutenant Root gelassen, »die in mancher Hinsicht über die eines rangniedrigen Offiziers hinausgehen.«
    »Nehmt sie beide an Bord. Holt den Sanitätskasten. Belebt den Sergeant wieder«, sagt Beck. »Ich rede später mit Ihnen, Lieutenant Root.« Und dann kehrt er den Gefangenen den Rücken und steuert die nächste Luke an. Er wird sich die nächste Woche nach Kräften bemühen, trotz größter Anstrengungen der englischen und amerikanischen Marine am Leben zu bleiben. Das wird eine ziemlich interessante Herausforderung. Eigentlich müsste er über seine Strategie nachdenken. Aber ihm will das Bild von Sergeant Shaftoes Körper nicht aus dem Sinn. Der verdammte Kopf ist immer noch unter Wasser! Wenn sie ihn nicht demnächst aus dem Ozean fischen würden, würde es ihm gelingen, sich zu ersäufen. Es war also doch möglich. Zumindest für einen bestimmten Menschen.

FEINDSELIGKEITEN
    Als die Lieferwagen, Taxis und Limousinen auf den Parkplatz des Informationsministeriums fahren, werden die Mitglieder von Epiphyte Corp. von lächelnden und sich verbeugenden japanischen Jungfrauen begrüßt, die auf dem Kopf und in der Hand leuchtend weiße Goto-Engineering-Helme tragen. Es ist ungefähr acht Uhr morgens und hier oben auf dem Berg ist die Temperatur noch erträglich, wenn es auch feucht ist. Alle laufen, ihre Schutzhelme in der Hand, vor dem Höhlenschlund umher; keiner will seinen als Erster aufsetzen und blöd aussehen. Manche von den jüngeren Japanern albern übermütig mit ihren herum. Dr. Mohammed Pragasu macht die Runde. Er hat einen wirklich gebrauchten und zerbeulten Schutzhelm, den er geistesabwesend um einen Finger dreht, während er von Gruppe zu Gruppe schlendert.
    »Hat eigentlich mal jemand Prag gefragt, was hier überhaupt los ist, verdammte Scheiße?«, sagt Eb. Er benutzt selten Flüche, aber wenn, dann klingt es lustig.
    Das einzige Mitglied von

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