Cryptonomicon
Schweinelasters auf unserer geplanten Route als persönlichen Affront & somit als eine Herausforderung betrachtete, der es sich mit aller gebotenen Courage, Energie, Selbstsicherheit & anderen derartigen Eigenschaften, über die DMS bekanntlich im Übermaß verfügt, zu stellen galt.
Nach einiger Zeit setzte Bong-Bong zum Überholen an, wobei er mit der einen Hand das Lenkrad drehte und mit der anderen den gleichermaßen wichtigen Aufgaben, den Schalthebel zu betätigen und die Hupe zu drücken, nachkam. Als wir auf der Höhe des Schweinelasters (der sich auf meiner Seite des Jeepneys befand) waren, machte der Lastwagen einen Schlenker zu uns herüber, ungefähr so, als umführe er ein tatsächliches oder imaginäres Hindernis auf der Straße. Die eigentliche Hupe von THE GRACE OF GOD blieb offensichtlich ungehört, wahrscheinlich weil sie mit einer Unmenge von Schweinen, die lauthals ihren Unmut zum Ausdruck brachten, um denselben Frequenzbereich konkurrieren musste. Mit einem Aplomb, den man sonst nur bei alternden englischen Butlern sieht, griff Bong-Bong mit seiner Hupen-/Gangschaltungshand nach oben, packte eine von der Decke des Fahrerhauses baumelnde glänzende Edelstahlkette, an deren Ende ein Edelstahlkruzifix hing, zog mit einem heftigen Ruck daran und betätigte so das sekundäre, tertiäre und quartäre Hupsignalsystem: ein Trio von tubagroßen Edelstahlhörnern, die auf das Dach von THE GRACE OF GOD montiert waren und zusammen so viel Strom abzogen, dass die Geschwindigkeit unseres Fahrzeugs um (geschätzte) zehn km/h abnahm, während seine Energie in die Produktion von Dezibel floss. Auf einem halb-hyperbolischen Feldstreifen von dreißig Kilometern Länge wurde durch die Schallwelle die Ernte flachgelegt, und Hunderte von Kilometern weiter nördlich überreichte die taiwanesische Regierung, der die kollektiven Ohren immer noch klangen, dem philippinischen Botschafter eine Protestnote. Noch Tage später wurden tote Wale und Delphine an den Stränden von Luzon angeschwemmt, und die Sonarbedienungsmannschaften in vorbeifahrenden Unterseebooten der US-Marine wurden mit blutenden Ohren in den vorzeitigen Ruhestand geschickt.
Durch dieses Geräusch zu Tode erschrocken, leerten die Schweine vermutlich allesamt ihre Därme just in dem Moment, als der Fahrer seinen Schweinelaster mit einem heftigen Schwenk von uns weglenkte. Gewisse Sätze aus dem ersten Jahr Physik über die Erhaltung des Bewegungsimpulses ergaben zwingend, dass ich zwecks Mehrung des Shareholder Value mit dem Inhalt von Schweinedärmen geduscht wurde. Das war offenkundig das Komischste, was die zwei asiatisch aussehenden Herren je gesehen hatten, und machte sie für mehrere Minuten hilflos. Einer der beiden musste sich vor lauter Lachen sogar erbrechen (das erste Mal, dass das Fehlen von Fensterscheiben bei unserem Fahrzeug sich als nützlich erwies). Der andere streckte die Hand aus und stellte sich als ein gewisser Jean Nguyen vor. Damit ist der französische Männername und nicht der englische Frauenname gemeint. Nachdem Jean Nguyen mir seinen Namen gesagt hatte, schaute er mich gespannt an, genau wie DMS, als erwarteten sie, dass ich einen ziemlich offensichtlichen Witz kapierte. Vielleicht zu sehr mit Fragen der Hygiene beschäftigt, kapierte ich ihn nicht, und sie wiesen mich darauf hin, dass, wenn »Jean« wie »John« ausgesprochen wird und »Nguyen« so, wie viele Amerikaner ihn verballhornen, der Name doch wie »John Wayne« klinge, und so sollte ich besagten Jean Nguyen fortan bitteschön auch nennen. Rückblickend scheint es, als hätte ich eine Gelegenheit bekommen, mich auf Jean Nguyens Kosten ein bisschen lustig zu machen und so, zumindest in symbolischer Hinsicht, nach dem Zwischenfall mit der Schweinescheiße die Waage wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Meine Unfähigkeit, diese Gelegenheit zu nutzen, hinterließ bei allen ein etwas unbehagliches Gefühl, so als schuldeten sie mir noch etwas. Der andere Herr wurde als Jackie Woo vorgestellt. Er sprach Englisch mit einem leichten indischen Knistern in der Stimme, was mich dazu veranlasste, ihn theoretisch als Eingeborenen der malaiischen Halbinsel mit chinesischen Vorfahren, zum Beispiel aus Singapur oder Penang, einzuordnen.
Der erste Tag unserer Reise führte uns quer über die Ebene von Zentralluzon (Reis und Zuckerrohr) zu der Stadt San Jose am Fuß des südlichsten Ausläufers der Cordillera Central (Bäume und Insekten). Zu diesem Zeitpunkt war es dunkel, und zu
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