Cryptonomicon
Verzierungen – alles entweder edelstahlfarben oder (wo elektrische Lichter Verwendung fanden) ein reines, grelles Halogenweiß mit einem leichten Blaustich als hübsche Ergänzung zur Farbe des Edelstahls. Rücksitze waren Edelstahlbänke mit überraschend ergonomischen Lendenwirbelstützen. Name unseres Jeepneys lautete THE GRACE OF GOD. Leser dieser Mitteilung werden mit Enttäuschung zur Kenntnis nehmen, dass Bong-Bong Gad (sic!), Designer/Eigentümer /Fahrer /Halter des Vehikels, den unausweichlichen »there but for THE GRACE OF GOD go I«-Witz vorwegnahm, indem er ihn bei Meiner Wenigkeit loswurde, während wir uns noch die Hand schüttelten (Filipinos lieben ausgiebiges Händeschütteln, und bei dem, der dessen Ende einleitet – in der Regel der Nicht-Filipino – bleibt regelmäßig das dumpfe Gefühl zurück, ein Vollidiot zu sein).
Meine Wenigkeit deutete, in vertraulichem Tête-à-Tête-Modus mit DMS, den Mangel an Fenstern im hinteren (Passagier-)Teil von THE GRACE OF GOD als glaubhaften Beweis dafür, dass hier die Klimaanlage, eine auf den philippinischen Inseln weit verbreitete Technologie, fehlte. DMS äußerte Skepsis bezüglich Charakterstärke Meiner Wenigkeit und stellte eine Reihe prüfender Fragen zum Zweck des Nachweises meines Engagements für den Einsatz, meiner treuhänderischen Verantw. für die Epiphyte-Aktionäre, des Grades meiner körperlichen & geistigen Vitalität und des allgemeinen Ausmaßes meiner »Ernsthaft«-igkeit (»ernsthaft« zu sein ist eine Art allumfassendes Konzept, das eng mit meiner Lebenstauglichkeit, dem Privileg, DMS zu kennen, und meinen Verabredungen mit seiner Tochter verbunden ist. Das gibt mir die Gelegenheit anzusprechen, was normalerweise niemanden außer mir etwas angehen würde, was aber unter den gegebenen Umständen zu enthüllen moralisch geboten ist, nämlich dass ich in die Tochter von DMS verknallt bin und sie diese Gefühle zwar nicht in vollem Umfang erwidert, mich aber doch hinreichend unabscheulich findet, um gelegentlich mit mir essen zu gehen. Soeben erst ist mir aufgegangen, dass mein Bemühen um eine Bez. m. besagter Frau, einer gewissen America (sic!), in der modernen US-Gesellschaft als SEXUELLE BELÄSTIGUNG eingestuft würde und, falls der gewünschte Höhepunkt erreicht wird, von SEXUELLEM MISSBRAUCH oder VERGEWALTIGUNG aufgrund des »Machtungleichgewichts« zwischen ihr und mir die Rede wäre. Schließlich gehört Meine Wenigkeit zum Management einer Firma, von der Semper Marine einen umfangreichen Auftrag bekommen & im letzten Geschäftsjahr einen Großteil ihrer Einkünfte bezogen hat. Allerdings sei jedem, der erwägt, mich bei der Bundespolizei anzuzeigen, damit sie mich bei meiner Ankunft am SFO festnimmt & meine Missetaten aufdeckt & mich öffentlich an den Pranger stellt & mich zur Teilnahme an Workshops zur Schärfung des Unrechtsbewusstseins zwangsverpflichtet, angeraten, sich zuerst mit den Shaftoes bekannt zu machen & zumindest offen zu bleiben für die Möglichkeit, dass Dads soldatische Tapferkeit, verbunden mit den üblichen krankhaft überfürsorglichen Gefühlen gegenüber seinem weiblichen Spross, in Kombination mit der Angewohnheit der Tochter, eine als Kris bekannte gewaltige Stichwaffe aus Palawan bei sich zu tragen, und der allgemeinen geistigen Schärfe & körperlichen Fitness & Courage der Tochter, die weit über die Meiner Wenigkeit hinausgehen, jedes wahrgenommene Machtungleichgewicht reduziert, vor allem angesichts der Tatsache, dass die meisten unserer Interaktionen in Umgebungen stattfinden, die sich vortrefflich für dezente
Unfälle & anschließende Leichenentsorgung anbieten. Mit anderen Worten, wenn ich euch von diesem Liebeskram erzähle, dann nicht als Geständnis persönlicher Missetaten, sondern zur vollständigen Offenlegung einer Situation, die mein Urteilsvermögen gegenüber Semper Marine beeinflussen und eventuell eine negative Wirkung auf den Shareholder Value haben könnte beziehungsweise, noch viel einleuchtender, von Anwälten bestimmter Minderheitsaktionäre, die unsere Branche wie Guineawürmer befallen, so interpretiert werden könnte, um dann als Vorwand für eine Klage zu dienen).
Aber zurück zur eigentlichen Frage. Meine Wenigkeit erklärte ruhig (ahnend, dass energisch vorgebrachte Behauptungen von DMS als Defensivhaltung & damit ein De-facto-Eingeständnis mangelnder »Ernsthaft«igkeit empfunden würden), dass (1) eine mehrtägige Reise in einem offenen, nicht klimatisierten
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