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Cryptonomicon

Cryptonomicon

Titel: Cryptonomicon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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Stelle hat man einen Tunnel mit einer aus Geröll und Mörtel bestehenden Mauer verschlossen. Goto Dengo leuchtet sie mit seiner Laterne an, zeigt dem General das Gleis, das unter dem Mauerwerk verschwindet. »Für einen Dieb, der von der Narrenkammer herunterkommt, wird das hier wie der Haupttunnel aussehen«, erklärt er. »Aber wenn er diese Mauer zerstört, stirbt er.«
    »Wieso?«
    »Weil sich auf der anderen Seite dieser Mauer ein Schacht befindet, der eine Verbindung zu dem Gang vom Yamamoto-See hat. Ein Schlag mit dem Vorschlaghammer, und die Mauer wird von dem Wasserdruck auf der anderen Seite zerplatzen. Dann schießt der Yamamoto-See wie eine tsunami aus diesem Loch.«
    Darüber können sich der General und sein Adjutant eine ganze Zeit lang nicht beruhigen.
    Schließlich trotten sie gebückt einen Tunnel hinab in ein Gewölbe, das halb so groß ist wie das Hauptgewölbe und von einem trübe-bläulichen Oberlicht erleuchtet wird. Goto Dengo schaltet zusätzlich elektrisches Licht an. »Die Narrenkammer«, verkündet er. Er deutet in den senkrechten Schacht an der Decke hinauf. »Unsere Belüftung haben wir dem da zu verdanken.« Der General späht nach oben und sieht hundert Meter über sich einen Kreis strahlend grün-blauen Dschungel, geviertelt von dem sich drehenden Hakenkreuz eines elektrischen Ventilators. »Natürlich wollen wir nicht, dass Diebe die Narrenkammer zu leicht finden, sonst würde sie ja niemanden zum Narren halten. Also haben wir da oben ein paar zusätzliche Besonderheiten eingebaut, um die Sache interessant zu gestalten.«
    »Was für Besonderheiten?«, fragt Hauptmann Noda, der sich forsch die Rolle des Stichwortgebers zu eigen macht.
    »Wer Golgatha angreift, wird von oben angreifen – um horizontal Zugang zu gewinnen, ist die Entfernung zu groß. Das heißt, man wird sich nach unten bohren müssen, entweder durch massiven Fels oder durch die Schuttsäule, mit der dieser Belüftungsschacht verfüllt werden wird. In beiden Fällen wird man ungefähr auf halber Strecke eine etwa drei bis fünf Meter tiefe Sandschicht entdecken, die sich über das gesamte Areal erstreckt. Ich brauche Sie wohl kaum daran zu erinnern, dass in der Natur keine Sandeinsprengsel in Eruptivgestein vorkommen!«
    Goto Dengo beginnt den Belüftungsschacht hinaufzuklettern. Auf halber Strecke zur Oberfläche mündet der Schacht in ein Netz runder, miteinander verbundener Kammern, die man so aus dem Fels herausgehauen hat, dass wuchtige Säulen zum Abstützen der Decken stehen geblieben sind. Die Säulen sind so dick und zahlreich, dass man nicht sehr weit sehen kann, aber als die anderen angelangt sind und Goto Dengo sie von Kammer zu Kammer führt, erfahren sie, dass dieses System von Kammern sich über eine beträchtliche Entfernung erstreckt.
    Er führt sie zu einer Stelle, an der ein mit Teer fixierter, eiserner Mannlochdeckel in die Felswand eingelassen ist. »Davon gibt es ein Dutzend«, sagt er. »Jeder führt zu dem vom Yamamoto-See ausgehenden Schacht – deshalb wird Wasser unter hohem Druck dahinter sein. Das Einzige, was sie im Augenblick festhält, ist Teer – der natürlich nicht ausreicht, um dem Druck des Seewassers zu widerstehen. Aber wenn wir diese Kammern mit Sand gefüllt haben, wird der Sand die Mannlochdeckel festhalten. Und wenn ein Dieb einbricht und den Sand entfernt, wird es den Deckel aus der Öffnung sprengen und Millionen von Litern Wasser werden sich in den von ihm gegrabenen Schacht ergießen.«
    Von da aus gelangen sie nach einem weiteren Aufstieg durch den Schacht an die Oberfläche, wo Hauptmann Nodas Leute darauf warten, ihnen den Ventilator aus dem Weg zu räumen, und sein Adjutant Wasserflaschen und eine Kanne grünen Tee bereithält.
    Sie nehmen an einem Klapptisch Platz und erfrischen sich. Hauptmann Noda und der General sprechen über Ereignisse in Tokio – offenbar ist der General erst vor ein paar Tagen von dort hierher geflogen. Der Adjutant des Generals nimmt auf seinem Klemmbrett Berechnungen vor.
    Schließlich marschieren sie zu Fuß über den Grat des Höhenzuges hinweg, um sich den Yamamoto-See anzuschauen. Der Dschungel ist so dicht, dass sie beinahe hineinfallen müssen, ehe sie ihn sehen können. Der General gibt sich überrascht darüber, dass es sich um ein künstliches Gewässer handelt. Goto Dengo fasst dies als hohes Lob auf. Sie stehen, wie es Leute oft tun, am Wasser und bleiben ein paar Minuten lang stumm. Der General raucht eine Zigarette, blickt

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