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Cryptonomicon

Cryptonomicon

Titel: Cryptonomicon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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gesprenkelte Rahmen sind.
    Er tastet nach seiner Taschenlampe und betätigt den Schalter. Das erzeugt im Wesentlichen nur einen verschwommenen gelben Kegel aus öligem Rauch, der dick und träge vor ihm verwirbelt. Im Vortreten wedelt er den Rauch zur Seite und beugt sich über den Tisch.
    Es ist ein Abakus, die Kugeln zur Momentaufnahme irgendeiner Berechnung angeordnet. Sechzig Zentimeter daneben liegt noch einer. Dann noch einer.
    Er wendet sich dem Burschen von der Army zu. »Wie lautet der Plural von Abakus?«
    »Verzeihung, Sir?«
    »Sagen wir, auch Abakus?«
    »Wie Sie meinen, Sir.«
    »Haben Ihre Männer irgendeinen dieser Abakus angefasst?«
    Es folgt eine hektische Diskussion. Der Bursche von der Army muss sich mit mehreren Mannschaftsdienstgraden besprechen, Laufburschen losschicken, um Leute zu befragen, und ein paar Telefongespräche führen. Das ist ein gutes Zeichen. Eine Menge Leute würden einfach »Nein, Sir« oder sonst etwas sagen, was Waterhouse in ihren Augen hören wollte, und er würde nie erfahren, ob es auch der Wahrheit entspräche. Der Bursche hier scheint zu begreifen, dass es für Waterhouse wichtig ist, eine ehrliche Antwort zu bekommen.
    Die Hände sorgsam auf dem Rücken verschränkt, geht Waterhouse an den Tischreihen entlang und betrachtet die Abakus. Neben den meisten liegt ein Blatt Papier oder ein ganzer Notizblock mit griffbereitem Stift. Sie sind allesamt mit Zahlen beschrieben. An einem Platz nach dem anderen sieht er ein chinesisches Schriftzeichen.
    »Hat einer von Ihnen die Leichen dieser Sklaven gesehen?«, fragt er einen der einfachen Soldaten.
    »Ja, Sir. Ich habe sie raustragen helfen.«
    »Haben sie wie Filipinos ausgesehen?«
    »Nein, Sir. Wie richtige Asiaten.«
    »Chinesen, Koreaner, so was in der Art?«
    »Ja, Sir.«
    Ein paar Minuten später kommt die Antwort: Alles schwört Stein und Bein, keinen Abakus angefasst zu haben. Diese Kammer war der letzte Teil der Festung, den die Amerikaner erreichten. Die Leichen der Sklaven fanden sich größtenteils zu einem Haufen bei der Tür aufeinandergetürmt. Die Leiche des japanischen Offiziers lag zuunterst. Die Tür war von innen abgeschlossen. Es ist eine Metalltür, die eine leichte Wölbung nach außen aufweist, da das Feuer oben offensichtlich ungeheuer rasch alle Luft aus dem Raum gesaugt hat.
    »Okay«, sagt Waterhouse, »ich gehe nach oben und mache Meldung an Brisbane. Ich werde diesen Raum höchstpersönlich wie ein Archäologe auseinander nehmen. Sorgen Sie dafür, dass nichts angefasst wird. Besonders nicht die Abakus.«

ARETHUSA
    Rechtsanwalt Alejandro kommt Randy am nächsten Tag besuchen und sie tauschen Belanglosigkeiten über das Wetter und die Philippine Basketball Association aus, während sie sich über den Tisch hinweg gegenseitig handgeschriebene Zettel zuschieben. Randy gibt seinem Anwalt einen Zettel mit dem Satz »Geben Sie Chester diesen Zettel« und dann einen weiteren, mit dem er Chester bittet, den Schrankkoffer auf eventuelle Papiere zum Thema Zetafunktionen zu durchsuchen und sie ihm, Randy, irgendwie zukommen zu lassen. Rechtsanwalt Alejandro gibt Randy eine in entschuldigendem und zugleich selbstgefälligem Ton gehaltene Notiz mit einer Auflistung seiner jüngsten Bemühungen in Randys Namen, der wahrscheinlich als Ermutigung gedacht ist, den Randy jedoch beunruhigend vage findet. Er hatte zu diesem Zeitpunkt eigentlich mit konkreten Ergebnissen gerechnet. Er liest die Notiz und bedenkt Rechtsanwalt Alejandro mit einem schiefen Blick; dieser zieht ein Gesicht und tippt sich mit dem Finger ans Kinn, eine Geste, die für »der Dentist« steht und die Randy dahingehend interpretiert, dass besagter Milliardär Rechtsanwalt Alejandro bei jeder sich bietenden Gelegenheit Knüppel zwischen die Beine wirft. Randy reicht Rechtsanwalt Alejandro einen weiteren Zettel mit den Worten »Geben Sie diesen Zettel Avi«, und dann noch einen, mit dem er Avi bittet, festzustellen, ob General Wing zu den Kunden der Krypta gehört.
    Dann tut sich eine Woche lang nichts. Da es Randy an den Informationen über Zetafunktionen fehlt, die er braucht, kann er in dieser Woche nicht konkret an dem Code arbeiten. Aber er kann Vorarbeiten dazu treffen. Das Cryptonomicon enthält zahlreiche Brocken C-Code, mit denen man bestimmte grundlegende kryptoanalytische Operationen durchführen kann, aber vieles davon stammt von Amateuren (schlecht geschrieben) und muss ohnehin in das modernere C++ übersetzt werden. Also tut Randy

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