Cryptonomicon
vernünftige Kakikleidung zum Vorschein kommt, und reicht es einem jungen philippinischen Messdiener, der damit in die Kapelle zurückeilt. Der Gesang verliert sich, dann kommt Douglas MacArthur Shaftoe aus der Kirche, gefolgt von John Wayne und mehreren Menschen, bei denen es sich um Einheimische zu handeln scheint. Alles strebt dem Pavillon zu. Die Wachheit, die mit der Ankunft an einem neuen Ort einhergeht, hat in Verbindung mit den neurologischen Nachwirkungen jenes ungeheuer gewaltigen und langen Orgasmus Randys Sinne schärfer und seinen Verstand klarer gemacht, als sie es je zuvor waren, und er brennt darauf loszulegen. Aber er kann nicht bestreiten, dass es sinnvoll ist, ordentlich zu frühstücken, und so schüttelt er reihum Hände und setzt sich mit den anderen hin. Es folgt ein kurzes Geplauder darüber, wie seine Reise mit dem Einbaum war.
»Ihre Freunde hätten auch auf diesem Weg ins Land kommen sollen«, sagt Doug Shaftoe und erklärt, dass Avi und die beiden Gotos eigentlich schon am Vortag hätten da sein müssen, aber einige Stunden lang am Flughafen aufgehalten worden seien und schließlich nach Tokio hätten zurückfliegen müssen, während irgendwelche rätselhaften Einreiseprobleme ausgebügelt wurden. »Warum sind sie nicht nach Taipeh oder Hongkong geflogen?«, fragt sich Randy laut, da beide Städte viel näher an Manila liegen. Doug starrt ihn ausdruckslos an und bemerkt, dass beides chinesische Städte seien und ihr vermutlicher Gegner nun General Wing heiße, der in solchen Städten viel Einfluss habe.
Es sind bereits mehrere Rucksäcke vorbereitet worden, die hauptsächlich Wasserflaschen enthalten. Nachdem jeder Gelegenheit gehabt hat, das Frühstück zu verdauen, setzen Douglas MacArthur Shaftoe, Jackie Woo, John Wayne, Enoch Root, America Shaftoe und Randall Lawrence Waterhouse allesamt Rucksäcke auf. Sie marschieren hügelaufwärts los, aus der Siedlung heraus und in eine Übergangszone aus großblättrigen Quellenbäumen und riesigen Bambusbüschen: Zehn Zentimeter dicke Strünke schießen aus Zentralwurzeln bis zu einer Höhe von mindestens zehn Metern nach außen und oben wie erstarrte Granatenexplosionen, die Stangen grün und braun gestreift, wo die kräftigen Blätter sich abschälen. Der Dschungelbaldachin türmt sich höher und höher, ein Effekt, der noch gesteigert wird durch die Tatsache, dass der Wald hangaufwärts liegt und ein phantastisches Pfeifen von sich gibt, wie ein Phaser auf Überlast. Als sie in den Schatten des Baldachins eintreten, kommt zu diesem Pfeifen der Lärm der Grillen. Es klingt, als gäbe es Millionen Grillen und Millionen von den Geschöpfen, die da pfeifen, doch von Zeit zu Zeit verstummt das Geräusch jäh und setzt dann wieder ein, als folgten sie alle derselben Partitur.
Es wimmelt von Pflanzen, die man in Amerika nur in Töpfen sieht, die hier jedoch die Größe von Eichenbäumen erreichen, sodass Randys Verstand sie beispielsweise nicht mehr als die gleiche Art von Diefenbachia wahrnimmt, die Großmutter Waterhouse auf der Ablage in ihrem Badezimmer im Erdgeschoss zu ziehen pflegte. Es gibt eine unglaubliche Vielfalt von Schmetterlingen, denen die windstille Umgebung genau zu entsprechen scheint, und sie gaukeln zwischen riesigen Spinnweben hin und her, die an die Konstruktion von Enoch Roots Kirche erinnern. Aber es ist klar, dass der Wald letztlich von Ameisen beherrscht wird; es ist sogar am sinnvollsten, sich den Dschungel als lebendiges Gewebe von Ameisen mit einem unbedeutenden Befall von Bäumen, Vögeln und Menschen zu denken. Einige sind so klein, dass sie sich zu anderen Ameisen wie diese zu Menschen verhalten; sie gehen ihren Ameisen-Aktivitäten in ein und demselben physischen Raum nach, jedoch ohne einander ins Gehege zu kommen, wie zahlreiche Signale auf verschiedenen Frequenzen, die dasselbe Medium nutzen. Aber es gibt auch eine nicht geringe Anzahl von Ameisen, die andere Ameisen tragen, und Randy nimmt an, dass sie es nicht aus altruistischen Gründen tun.
Wo der Dschungel dicht wächst, ist er unpassierbar, doch es gibt eine ganze Reihe von Stellen, an denen die Bäume ein paar Meter auseinander stehen, das Unterholz nur kniehoch ist und Licht hindurchdringt. Indem sie sich von einer solchen Stelle zur nächsten bewegen, kommen sie langsam in der ungefähren Richtung voran, die Randys GPS anzeigt. Jackie Woo und John Nguyen sind verschwunden und scheinen sich parallel zu ihnen, aber sehr viel leiser zu bewegen. Der
Weitere Kostenlose Bücher