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Cryptonomicon

Cryptonomicon

Titel: Cryptonomicon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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Dschungel ist ein hübscher Ort für einen Besuch, aber leben oder auch nur stehen bleiben wollte man hier nicht. So wie die Bettler in Intramuros einen als zweibeinigen Kassenautomaten betrachten, sehen die Insekten einen hier als großen Brocken belebter, aber nicht sonderlich gut verteidigter Nahrung. Die Fähigkeit, sich zu bewegen, wirkt keineswegs abschreckend, sondern dient als nicht zu verfälschende Frischegarantie. Die Zeltstangen des Baldachins sind riesige Bäume – »Octomelis sumatrana«, sagt Enoch Root – mit schmalen, geradezu explosionsartig in alle Richtungen ausgespreizten Pfeilerwurzeln, so dünn und scharf wie in den Boden gerammte Macheten. Einige werden fast völlig von riesigen Philodendren verdeckt, die sich an ihren Stämmen emporwinden.
    Sie erklimmen eine breite, sanft gerundete Kammlinie; Randy hatte vergessen, dass sie sich hangaufwärts bewegen. Die Luft wird plötzlich kühler und auf ihrer Haut schlägt sich Feuchtigkeit nieder. Wenn die Pfeifer und die Grillen innehalten, hören die Marschierenden unterhalb von sich das Murmeln eines Flüsschens. Die nächste Stunde bringen sie damit zu, sich langsam hangabwärts darauf zuzuarbeiten. Sie legen insgesamt hundert Meter zurück; bei dieser Geschwindigkeit, denkt Randy, dürften sie, wenn sie rund um die Uhr marschieren, zwei Tage brauchen, um Golgatha zu erreichen. Aber er behält diese Beobachtung für sich. Während des Abstiegs wird er sich allmählich voller Erstaunen der ungeheuren Menge von Biomasse bewusst, die sich über ihnen – oftmals in vierzig bis fünfzig Meter Höhe – befindet. Er kommt sich vor, als stünde er ganz unten in der Nahrungskette.
    Sie gelangen in eine sonnigere Zone, die folgerichtig von sehr viel dichterem Unterholz überwuchert ist, und sind gezwungen, sich mit den Macheten einen Weg zum Fluss freizuhacken. Enoch Root erklärt, hier habe sich ein kleiner Lahar, der weiter stromaufwärts zwischen den Steilwänden der engen Schlucht des Flusses kanalisiert worden sei, in die Breite ausgedehnt, ein paar Hektar alter Bäume niedergemäht und so den Weg für niedrigere, opportunistische Vegetation freigemacht. Das ist ungefähr zehn Sekunden lang faszinierend, dann heißt es wieder mit der Machete arbeiten. Schließlich erreichen sie das Flussufer, die Haut juckend und grünlich verklebt vom Saft, der Milch und dem Fleisch der Pflanzen, die sie niedergehauen haben, um hierher zu kommen. Das Flussbett ist an dieser Stelle flach und steinig, ohne deutlich abgesetztes Ufer. Sie lassen sich nieder und trinken eine Zeit lang Wasser. »Was soll das Ganze eigentlich?«, fragt Enoch Root plötzlich. »Nicht dass ihr denkt, ich lasse mich von diesen physischen Hindernissen entmutigen, das ist nämlich nicht der Fall. Aber ich frage mich, ob ihr selbst euch über das Ziel dieses Unternehmens im Klaren seid.«
    »Das Ganze dient der Erkundung. Nichts weiter«, sagt Randy.
    »Aber es hat keinen Sinn, einfach ziellos etwas zu erkunden, es sei denn, man treibt reine Wissenschaft oder ist Historiker. Sie vertreten hier ein Geschäftsunternehmen. Richtig?«
    »Ja.«
    »Also könnte ich, wenn ich Anteilseigner Ihrer Firma wäre, eine Erklärung dafür verlangen, warum Sie im Augenblick hier an diesem Flussufer sitzen, anstatt das zu machen, was immer Ihre Firma macht.«
    »Angenommen, Sie wären ein intelligenter Anteilseigner, würden Sie das wohl tun.«
    »Und wie würde Ihre Erklärung lauten, Randy?«
    »Na ja -«
    »Ich weiß, wohin wir gehen, Randy.« Und Enoch betet eine Reihe von Zahlen herunter.
    »Woher wissen Sie das?«, fragt Randy einigermaßen hitzig.
    »Ich weiß das schon seit fünfzig Jahren«, sagt Enoch. »Goto Dengo hat es mir gesagt.«
    Eine Zeit lang kann Randy nur stumm vor sich hin kochen. Doug Shaftoe lacht. Amy sieht einfach nur besorgt aus. Enoch brütet ein paar Augenblicke lang und sagt schließlich: »Ursprünglich bestand der Plan, das Land hier mit einer kleineren Goldmenge zu kaufen, die ausgegraben und an Bord eines bestimmten Unterseeboots gebracht wurde. Dann wollten wir den geeigneten Moment abwarten und den Rest ausgraben. Aber das Unterseeboot ist gesunken, und mit ihm das Gold. Ich habe mein Wissen viele Jahre lang für mich behalten. Aber dann fingen Leute an, in dieser Gegend hier Land aufzukaufen – Leute, die offensichtlich hofften, die Hauptlagerstätte zu finden.Wenn ich das Geld gehabt hätte, hätte ich das Land selbst gekauft. Aber ich hatte es nicht. Also habe ich dafür

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