Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Cryptonomicon

Cryptonomicon

Titel: Cryptonomicon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
Vom Netzwerk:
Schweiß in das Getriebe gerät und Kurzschlüsse hervorruft, sitzt er ungefähr vierundzwanzig Stunden lang dort, betätigt Schalter auf der Vorderseite des digitalen Rechners, ändert Steckverbindungen auf der Rückseite, wechselt ausgebrannte Röhren und Glühbirnen aus, untersucht fehlerhafte Schaltkreise mit einem Oszilloskop. Damit der Rechner Alans Zufallszahlen-Funktion ausführen kann, muss Waterhouse nebenher sogar eine neue Schaltplatte entwerfen und zusammenlöten. Dabei arbeiten, wie er weiß, Goto Dengo und Enoch Root die ganze Zeit irgendwo in Manila mit Notizpapier und Bleistift daran, den letzten Arethusa-Funkspruch zu verschlüsseln.
    Er muss sich nicht fragen, ob sie ihn schon gesendet haben. Das wird man ihm sagen.
    Und tatsächlich kommt gegen fünf Uhr abends mit triumphierendem Gesicht ein Lieutenant von der Abhörabteilung herein.
    »Haben Sie einen Arethusa-Funkspruch?«
    »Sogar zwei«, sagt der Lieutenant und hält zwei separate Blätter mit Buchstabengittern hoch. »Eine Überschneidung!«
    »Eine Überschneidung?«
    »Zuerst hat ein Sender unten im Süden losgelegt.«
    »An Land oder -«
    »Auf See – vor dem Nordost-Ende von Palawan. Sie haben das hier gesendet.« Er schwenkt eines der Blätter. »Dann hat praktisch sofort ein Sender in Manila angefangen und das hier gesendet.« Er schwenkt das andere Blatt.
    »Weiß Colonel Comstock schon Bescheid?«
    »Aber ja, Sir! Er wollte gerade Feierabend machen, als die Funksprüche hereinkamen. Seither telefoniert er mit seinen Huffduff-Leuten, mit der Air Force, mit Gott und der Welt. Er glaubt, wir haben die Mistkerle!«
    »Könnten Sie mir einen Gefallen tun, ehe Sie sich vor lauter Feiern nicht mehr bremsen können?«
    »Ja, Sir!«
    »Was haben Sie eigentlich mit den Originalblättern der archivierten Artehusa-Funksprüche gemacht?«
    »Die sind bei den Akten, Sir. Wollen Sie sie sehen?«
    »Ja. Und zwar alle. Ich muss sie mit den Versionen auf den ETC-Karten vergleichen. Wenn Arethusa so funktioniert, wie ich glaube, dann könnte schon ein einziger, falsch transkribierter Buchstabe meine sämtlichen Berechnungen über den Haufen werfen.«
    »Ich gehe sie holen, Sir! Ich gehe ja sowieso nicht heim.«
    »Nicht?«
    »Aber nein, Sir! Ich will hier abwarten, wie die Sache mit dem verflixten Unterseeboot ausgeht.«
    Waterhouse geht zum Herd und nimmt einen Stapel heißer, leerer ETC-Karten heraus. Er hat gelernt, dass er die Karten heiß halten muss, damit sie die tropische Feuchtigkeit nicht aufsaugen und den Mechanismus blockieren; deshalb hat er, ehe er den digitalen Rechner in diesen Raum geschafft hat, darauf bestanden, dass eine ganze Reihe von Herden installiert wird.
    Er legt die heißen Karten in das Magazin eines Kartenlochgeräts, setzt sich an die Tastatur und klemmt das erste Blatt vor sich fest. Er beginnt die Buchstaben einzugeben, einen nach dem anderen. Es ist ein kurzer Funkspruch; er passt auf drei Karten. Dann gibt er den zweiten Funkspruch ein.
    Der Lieutenant kommt mit einer Pappschachtel herein. »Sämtliche Arethusa-Originale, Sir.«
    »Danke, Lieutenant.«
    Der Lieutenant blickt ihm über die Schulter. »Kann ich Ihnen beim Transkribieren der Funksprüche helfen, Sir?«
    »Nein. Am besten können Sie mir dadurch helfen, dass Sie meinen Wasserkrug nachfüllen und mich dann für den Rest der Nacht zufrieden lassen. Was diese Arethusa-Geschichte angeht, habe ich einen Fimmel.«
    »Jawohl, Sir!«, sagt der Lieutenant, den die Tatsache, dass das geheimnisvolle Unterseeboot sich in ebendiesem Moment auf der Flucht vor Catalina-Bombern befindet, unerträglich fröhlich stimmt.
    Waterhouse beendet die Eingabe des zweiten Funkspruchs, obwohl er schon weiß, wie er lautete, wenn er entschlüsselt würde: »FALLE WIEDERHOLE FALLE NICHT SENDEN STOP HUFFDUFF EINHEITEN IN DER NÄHE.«
    Er nimmt die Karten aus dem Ausgabekorb des Lochkartengeräts und legt sie ordentlich in die Schachtel mit den Karten, die sämtliche vorangegangenen Arethusa-Funksprüche enthalten. Dann steckt er den gesamten Inhalt der Schachtel – einen knapp dreißig Zentimeter dicken Stapel Funksprüche -in seine Aktentasche.
    Er löst die beiden frisch abgefangenen Funksprüche vom Klemmbrett des Lochgeräts und legt sie auf den Stapel älterer Funksprüche. Der Kartenstapel in seiner Aktentasche und der Stapel Blätter in seiner Hand enthalten genau dieselben Informationen. Sie sind die einzigen Exemplare auf der Welt. Er durchblättert sie rasch, um sich zu

Weitere Kostenlose Bücher