Crystall (German Edition)
ich dir sogar, den dritten Kristall zu deinem Wohle zu gebrauchen. Und bevor du widersprichst“, fügte Mandy rasch hinzu, als Sator gerade auffahren wollte. „Mir geht es um das Überleben dieser Welt, alles andere geht mich nichts an. Wer die Macht bekommt, kümmert mich herzlich wenig.“
Nawarhon zuckte wie unter einem Hieb zusammen, schwieg aber weiterhin.
Sator lieferte sich ein stummes Blickduell mit Mandy, bevor er lächelte. „Aus dir könnte noch eine gute Kriegerin werden. Ich behalte deinen Vorschlag im Auge. Ich verspreche auch, dass wir euch in Ruhe lassen werden. Aber glaube nicht, dass wir mit euch kämpfen werden.“
„Deine Entscheidung.“
Sator trat an Nawarhons Klinge unbekümmert vorbei und stellte sich genau vor Mandy auf. „Du kleiner Teufel willst mich wohl wieder reinlegen.“
„Schon möglich“, grinste sie und sah zu Sator auf. Sie musste den Kopf weit in den Nacken legen.
Der Wüstenherr lächelte vergnügt. „Und du bist sicher, dass du nicht noch ein paar Jahre hier bleiben möchtest?“ Sator betrachtete sie aus verführerischen Augen, dann machte er kehrt und gab seinen Leuten einen Wink. Die Wüstenhorde wich rückwärts gehend zurück und verschwand schon bald und nahezu lautlos in den Wäldern.
Noch lange stand Nawarhons Streitmacht wie angewurzelt da. Sie konnten nicht glauben, was da gerade geschehen war, sie fühlten sich beinahe veralbert.
Der Prinz erwachte als erster aus seiner Starre. „Mandy, bist du eigentlich verrückt. Du hättest uns alle in Gefahr bringen können.“
„Hätte.“
Nawarhon seufzte. „Also schön, wir brechen wieder auf, aber seht euch vor, wer weiß, was dieser Sator noch vor hat.“ Leise und nur an Mandy gewandt sagte er: „Wir müssen reden.“ Der Prinz zerrte sie förmlich zu sich auf den Kutschbock des ersten Gespannes.
Und kurz darauf kehrte wieder Ruhe unter die Menge. Die Karawane setzte ihren Weg fort.
Dafür, dass Nawarhon ihr noch vorhin am liebsten an die Kehle gesprungen wäre, erwies sich der junge Prinz nun als äußerst schweigsam. Seit dem frühen Nachmittag waren sie schon ohne Rast unterwegs und der Himmelsfärbung nach zu urteilen dürfte es bereits tüchtig gen Abend gehen. Die Dämmerung hatte eingesetzt, jenes gespenstische Zwielicht, in dem man noch weniger sehen konnte als bei vollkommener Dunkelheit. Die Sonne war in Einzelfällen hinter hohen Baumwipfeln verborgen und ein leichter Windhauch setzte ein. Er war noch längst nicht kalt, trotzdem auch nicht ganz unangenehm.
Die etlichen Stunden – Mandy waren sie wie Tage vorgekommen – hatten die beiden fast dauerhaft in Schweigen verbracht. Nur ein paar Male diskutierten sie über Belanglosigkeiten, doch Nawarhon zeigte mit keinem Wort, wie sauer er war. Wenn sie genau hinsah, konnte sie seine brodelnden Gefühle sogar bemerken. Er kämpfte gegen den Drang, sie einfach anzufahren.
Mandy persönlich wäre das sogar lieber gewesen. Diese mit Spannung gefüllte Stille machte sie nur nervös. Außerdem würde sie der Junge schon nicht gleich umbringen, immerhin hatte sie womöglich ein Abschlachten verhindert. Andererseits wusste sie nicht, wie sie das Gespräch beginnen sollte. Stattdessen starrte sie ohne wirkliches Interesse in die Umgebung, betrachtete dies und jenes. Das tat sie bereits so lange, dass sie keine Diskussion mehr erwartete, es wäre ihr unpassend erschienen. Dennoch brachte sie die Totenruhe fast um den Verstand, sie drückte wie eine Zentnerlast auf ihren Schultern.
„Wir werden bei Einbruch der Dunkelheit Rast machen und brechen erst morgen früh wieder auf. Wenn alle Planungen aufgehen, könnten wir morgen Abend durchaus unser Ziel erreichen.“
Mandy blinzelte den Prinzen mit einer Mischung aus Unglauben und Überraschung an. „Sind wir denn hier noch in Sicherheit?“
Nawarhon machte eine übertrieben lange Denkpause, ehe er antwortete. „Nein, keinesfalls. Noch sind wir in sicherem Abstand zum Feind. Wenn sich nur jeder unauffällig und den Anweisungen entsprechend verhält, haben wir nichts zu befürchten.“
Der Prinz hatte in einem beiläufigen Ton gesprochen, Mandy entging der Seitenhieb natürlich trotzdem nicht. „Was ich heute Mittag getan habe, war nicht unbedingt sehr klug, zugegeben. Aber die Verhältnisse sind wenigstens geklärt.“
„Verdammt, Mandy, du hättest uns alle umbringen können!“, sprudelte Nawarhon voll geladener Energie hervor, als hätte er nur auf die Möglichkeit gewartet. Er seufzte,
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