Crystall (German Edition)
atmete noch einmal tief durch und fuhr etwas ruhiger fort: „Der Ausgang war positiv, kein Zweifel, trotzdem hättest du zurück bleiben sollen. Was wäre geschehen, wenn statt Sator ein dir unbekannter dort gewesen wäre?“
„Dann hätte ich ihn nicht angesprochen.“
Nawarhon verdrehte die Augen. „Großartig. Woher kennst du diesen Typ überhaupt?“
Mandy schmunzelte plötzlich triumphierend. „Ach. Daher weht also der Wind, unser stolzer Prinz ist wohl eifersüchtig?“
Der Junge blinzelte erschrocken mit den Lidern. „Nein, was soll das. Ich bin nicht...“
„Sicher“, unterbrach ihn Mandy einfühlsam. „Aber das spielt auch keine Rolle. Ich habe ihn kennen gelernt und weiß, dass er so böse nicht ist, wie er sich gibt.“
„Ach ja?“
„Meine Hand darauf“, bestätigte sie überzeugt. „Er ist kein schlechter Kerl und vor allem klug. Er weiß, dass wir zusammen arbeiten müssen, um unser Ziel zu erreichen. So oder so, Schwierigkeiten wird er uns jedenfalls keine machen.“
„Na schön, wenn du ihm vertraust, tue ich es auch.“ Nawarhon konzentrierte sich einen Moment nur auf die Zügel in seiner Hand und sammelte sich. Seine nächsten Worte waren sehr leise. „Und was bedeutet das, du würdest am Ende auch ihm die Macht überlassen?“
Mandy wusste sehr wohl, was der Prinz von ihr wollte, doch sie stellte sich geheimnisvoll. „Ihr werdet es sehen, wenn es soweit ist. Jetzt kommt es erst einmal darauf an, dass wir das Relikt wieder herstellen.“
Nawarhon ging nicht weiter darauf ein.
Auch die nächste Stunde saßen sie schweigend nebeneinander auf dem Kutschbock und starrten blicklos voraus. Erst jetzt wurde der Wald schwarz und fast undurchdringbar mit sterblichen Augen. Der Prinz befahl, die Karawane anzuhalten und kümmerte sich um das Lager. Mit ein paar knappen Worten hatte er alle Reisenden bewegt, die Nachtruhe vorzubereiten. Zelte wurden aufgebaut, die Gespanne ringförmig darum aufgestellt, die Pferde abgebunden und im Zentrum das Lagerfeuer bereitet, bei dem R´Ryah stand und in einem riesigen Kessel Essen bereitete. Verteilt im Lager wurden Fackeln aufgestellt und die Spaßmacher und Künstler machten sich fertig, um eine angenehme Nacht zu schaffen. Ihre letzte, ruhige.
Mandy wurde nur eine geringe Arbeit zugeteilt, wahrscheinlich wollte man sie schonen. Sie hatte zwar darauf bestanden, wie jeder andere anzupacken, doch gegen Nawarhons Sturheit war kein Kraut gewachsen. So hatte sie nach einer guten Stunde bereits alles erledigt und begann, im Lager umherzulaufen. Die meisten waren noch mit ihren Vorbereitungen beschäftigt und es gab demnach nicht allzu viel zu sehen. Sie schlenderte nur wahllos um die einzelnen Wagen, in ständiger Begleitung von Jenny. Die Hündin war still und sprang vor ihren Füßen auf und ab. Mandy lächelte ihr immer wieder zu und ließ sich von dem Tier dazu treiben, es zu streicheln. Jenny gefiel das und sie tollte herum wie ein junger Welpe. Wenn man sie jetzt betrachtete, konnte man sich kaum vorstellen, wie verändert sie gegenüber Ry gewesen war. Seltsam.
Die Dunkelheit war längst vollkommen und das Lager war getaucht in ein schwarzes Farbenspiel, in das die Fackeln lange Schatten warfen. Mandy lief weit abseits vom großen Feuer und trotz des angrenzenden Waldes fühlte sie sich wohl, ganz im Gegensatz zu den letzten Tagen. Dabei stimmte die Atmosphäre auch jetzt wieder. Es war still, einsam und finster. Ob Jennys Gegenwart daran beteiligt war oder sollte das die sprichwörtliche Ruhe vor dem Sturm sein? Sie verwarf diese Gedanken.
Obwohl sie allein und mit sich beschäftigt war, verstrich die nächste Stunde sehr rasch. Mittlerweile waren so gut wie alle Vorbereitungen getroffen, die Unterhaltungsplätze gefertigt und fast alle Mann am großen Feuer versammelt, als R ´Ryah zum Essen ausrief.
Mandy zögerte noch einen Moment, dann lief sie zum Lagerfeuer hinüber und ließ sich einfach in die Menge nieder. Ein heftiges Gemurmel und Gedränge machte die Runde, als Ry begann, ihr Essen zu verteilen. Sie schöpfte aus einem gewaltigen Topf und vergab die dampfende Brühe, bis nichts mehr übrig war und alle Leckermäuler bedient. Manche von ihnen gingen fort und aßen abseits, einige wenige blieben am Feuer sitzen und schlürften genüsslich die Suppe.
Mandy zögerte noch, denn sie konnte gerade noch den Impuls unterdrücken, die heiße Schale fort zu werfen. So wartete sie geduldig ab, obwohl die Suppe sehr einladend aussah,
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