Crystall (German Edition)
dafür aber dampfte wie ein Heizkraftwerk. Deshalb starrte sie über den Tellerrand hinüber zu den anderen, die mit einer Hast die Suppe hinunter schlangen, ohne sich dabei die Zunge zu verbrühen. Dann blickte sie zu Ry hinüber, die gerade ihren gewaltigen Topf spülte. „Du isst ja gar nichts.“
„Ich hatte schon, danke“, erwiderte die Frau lächelnd. „Und lass es dir endlich schmecken, bevor es kalt wird.“
Da müssen erst noch ein paar Stunden vergehen , dachte Mandy verwirrt, sprach die Worte jedoch nicht laut aus. Stattdessen blies sie in die Schale, doch ihre Suppe wollte einfach nicht aufhören mit dampfen. So geduldete sie sich noch ein wenig. Bis dahin dürfte allerdings noch eine gute Weile verstreichen, weshalb sie in eine ihrer Taschen griff und im Verborgenen die Gel Dyka betrachtete, als könne sie vielleicht verschwunden sein. Sie achtete sehr peinlich darauf, dass sie niemand zu Gesicht bekam.
Und ganz plötzlich kam da dieser Energiestoß!
Im Grunde war es nicht viel mehr als ein kurzer Funke, der für den Hauch einer Sekunde aufglomm und rötlich leuchtete. Er war schneller wieder verschwunden, als Mandy überhaupt begriff, was geschehen war. Misstrauisch kniff sie die Augen zusammen und blieb einen Moment reglos sitzen, dann schüttelte sie den Kopf und steckte den magischen Dolch wieder ein, bevor sie sich noch verriet. Sie war für einen Herzschlag verwirrt, doch dieses Gefühl verging wieder. Wahrscheinlich war es nur eine Lichtspiegelung gewesen oder etwas anderes. Kaija hatte behauptet, bei Gefahr würde das Heiligtum richtig leuchten und aufblinken. Also kein Grund zur Sorge.
„Ist was nicht in Ordnung?“
Mandy sah überrascht zu Ry auf. „Nein, nein ... schon gut.“ Ohne ein weiteres Wort stand sie auf und lief vom Lagerfeuer weg, abermals begleitet von dem Hund. Sie ging in Richtung Lagerausgang, bis sie verborgen war zwischen den Schatten einiger Wagen. Erst dort blieb sie stehen, irgendwie musste sie alleine sein. Sie kannte allerdings nicht einmal den Grund dafür. Es war auch nicht so, dass sie mit irgendwelchen Gedanken kämpfte, alle Grübeleien waren ausgesprochen und mehr oder weniger verarbeitet. Nur ganz plötzlich wollte sie nichts als alleine sein.
Mandy hob die Schale endlich an den Mund und tauchte den Holzlöffel in die Suppe. Sie blies noch einmal hinein und führte das Holzbesteck an den Mund.
Da kam auch schon Jenny herbei und stieß sie mit den Vorderpfoten an, nicht, ohne sich ein verspieltes Bellen zu verkneifen.
Mandy ließ erschrocken die Schale fallen und verbrannte sich nur leicht mit der immer noch heißen Suppe die Lippen. Keuchend sprang sie einen Schritt zurück, musterte abwechselnd Jenny und das Abendessen auf dem Boden. Sie seufzte und stemmte die Fäuste in die Hüfte. „Ach Jenny, spielen können wir auch nachher noch, alter Tollpatsch.“
Die Hündin legte den Kopf auf die Seite und blinzelte sie aus verführerischen und treuen Augen an. Mandy schaffte es nicht, ihr böse zu sein und lächelte schließlich sogar. „Na schön, ich verzeihe dir. Aber wenn das noch mal vorkommt, gibt’s auch für dich kein Essen mehr.“
Jenny stand nur mit hängender Zunge da und tat so, als verstehe sie von nichts.
Mandy verdrehte die Augen und kraulte die Hündin am Kopf. Dann warf sie einen letzten Blick auf die Suppe am Boden und ging schließlich weiter. Sie wusste nicht wieso, aber sie benahm sich beinahe wie ein Eindringling. Ohne es selbst zu merken, schlich sie stetig im schattigen Schutz der Wagen und auf so leisen Sohlen, als hätte sie ihr Leben lang nichts anderes getan. Vom Lagerfeuer aus würde sie niemand sehen können.
Jenny war zum ersten Mal zurück geblieben. Insofern Mandy es mitbekommen hatte, war sie gerade dabei, mit einem der Pferde Schabernack zu treiben. Sollte sie ruhig auch noch ein wenig Spaß haben. Mandy dagegen lief wieder einmal ziellos vorwärts und stand irgendwann fast erschrocken vor dem dichten Wald, der so in Schwarz getaucht war, dass sie höchstens zehn Schritt hinein sehen konnte. Starr und verblüfft blieb sie wie festgewachsen stehen und blinzelte in das Dunkel, als suche sie nach irgendetwas.
Irgendwann war es auch Mandy zu albern und wollte kehrt machen, als plötzlich ein Geräusch die Ruhe der Nacht zerschnitt. Es war seltsam und nicht natürlich, sodass Mandy noch einige Sekunden lauschen musste, um sicher zu gehen. Sie vernahm ein Geräusch, eine unnatürliche Mischung aus einem Windheulen und
Weitere Kostenlose Bücher