Crystall (German Edition)
dem aufblitzenden Licht konnte niemand erkennen, dass schwarzer, nebelartiger Rauch aus ihrem Körper entwich und irgendwo im Nichts verschwand.
Schließlich triumphierte Kaija entgültig. Sie befähigte ihren Geist und Körper zu einem letzten Aufbäumen, was die Macht ihrer Energie noch einmal zu verdoppeln schien. Ry wurde von der Wand aus purer, alles vernichtender Materie förmlich überrollt. Es erscholl ein dumpfer Knall und das Licht spie zum Abschluss seine ganze Intensität aus. R´Ryahs Körper – ob er nun fleischlich war oder nicht – schmolz dahin. Jede Pore, jede Zelle an ihr wurde versengt und am Ende löste sich der Teufel in Frauengestalt vollkommen in Luft auf. Nichts verblieb, außer ihrem spitzen, in der ganzen Höhle wiederhallenden Schrei.
Mandy nahm ihre Hände erst von den Augen, als neuerliche Stille eingekehrt war und sich ihre Netzhaut erholt hatte. Noch Sekunden oder länger blitzen bunte Punkte vor ihrem Auge.
Als Mandy geistig ihre Orientierung wiedererlangt hatte, entdeckte sie Kaijas regungslosen Körper auf dem Boden. „Oh nein, Kaija!“ Augenblicklich stürmte sie los und ließ sich vor dem Leichnam auf die Knie fallen. Mandy hob den Kopf der Alten leicht an und schüttelte sie. Natürlich konnte sie die Seherin nicht mehr ins Leben zurück holen. Ihre Essenz war erloschen, geopfert für sie, ihre Freunde und vielleicht für das Überleben dieser märchenhaften Welt.
„Lass gut sein, Mandy.“
Sie hörte die Worte, konnte sie jedoch keinem ihrer Freunde zuordnen. Stattdessen sah sie hilflos auf Kaija herab. Sie weinte nicht, aber sie hatte Tränen in den Augen und schüttelte sacht den Kopf. „Ich werde das Vertrauen nicht enttäuschen, das verspreche ich.“
Kaija reagierte nicht mehr, auf keine Art und Weise. Dafür löste sich auch ihr Körper plötzlich in Luft auf. Die Alte starb und ihr letzter Gesichtsausdruck zeigte, dass sie zufrieden war. Kaija war in dem Wissen gegangen, alles für ihre Heimat getan zu haben.
Mandy wischte sich eine Träne aus dem Gesicht und stand mit einem Ruck auf. Sie zwang sich zur Konzentration und schluckte bittere Galle herunter. „Kaija war eine gute Frau und ohne sie hätten wir es vermutlich niemals geschafft. Wir werden sie später beehren, jetzt ist es an der Zeit, das heilige Relikt zu vervollständigen.“ Sie wartete die Reaktion der anderen erst gar nicht ab, sondern trat entschlossenen Schrittes an das Kristallbäumchen heran. Einen Moment musterte sie es fast demütig, dann griff sie nach ihrem Lederbündel und setzte Kristall für Kristall in die jeweiligen Halterungen ein. Sie tat es sehr langsam und ehrfurchtsvoll. Am Schluss setzte sie den dritten Kristall ein.
Augenblicklich sprang Mandy mehrere Schritte zurück, als ihr neuerlich grelles Licht in die Augen stieß.
„Es geht los!“, rief Nawarhon von hinten.
Erst, als sich Mandy in sicherer Entfernung gewahrte, sah sie zu dem Relikt hinüber. Der Zauber der uralten Kraft entfesselte sich wieder. Es hatte den Anschein, als würde sich immer ein Kristall nach dem anderen aufladen. Der oberste Mineral begann zu leuchten, sendete einen Lichtfaden ab, der sich schlangenförmig zum Nächsten einen Weg bahnte und diesen elektrisch auflud. Auf diese Art und Weise stand das gesamte Relikt schließlich in einem gleißenden Leuchten, durchzogen von mehreren, winzigen Blitzen, die sogar hörbar knisterten.
Die Energie lud sich weiter auf, platzte schließlich in einem ungefährlichen Lichträdchen und versetzte die ganze Grotte in weißes Schimmern. Mandy konnte spüren, wie das Beben in ein Vibrieren zurückwich und schließlich ganz verging. Spalten und Krater, die sich im Erdboden bereits aufgetan hatten, schlossen sich wieder.
Mandy hatte das Gefühl, in eine weiße, künstlich erzeugte Miniatursonne zu blicken. Im Zentrum glühte ein greller Feuerball, dessen Strahlen wie Arme zu allen Seiten ausgriffen und sich dabei wie Windmühlenflügel drehten.
Die Spannung blieb an allen haften und niemand wagte es, ein Wort von sich zu geben, obwohl nun die schlimmste Naturkatastrophe von ihrer Welt verbannt worden war.
Mandy konnte auch diesmal nicht sagen, wie viel Zeit verstrich, ehe das Licht erlosch und jeder Zauber aus der Höhle entfernt war. Letztlich blieb nur das neu geschaffene Relikt übrig, was in seinen bunten Kristallfarben aufblitzte. Ein Heiligtum, welches hoffentlich in Zukunft unantastbar sein würde.
Die Stille kehrte zurück. Plötzlich war es so karg
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