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Crystall (German Edition)

Crystall (German Edition)

Titel: Crystall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Enrico Mahler
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– zum ersten Mal eigentlich – dass es weniger Angst war, die sie empfand, sondern vielmehr eine gewisse Ehrfurcht vor diesem Geschöpf. Das machte ihre körperliche Lähmung nicht minder bedeutend, trotzdem glomm für einen Augenblick so etwas wie ein Mitgefühl auf, so absurd es in dieser Lage auch sein mochte. Sie würde diesen Gedanken nur ein einziges Mal haben, aber sie sah dieses Wesen nicht als alles vernichtende Bestie, sondern für eine kurze Zeitspanne als ein denkendes Tier, welches einen Grund hatte, hier zu sein und das alles Recht dazu hatte, dies hier zu tun. Es war doch nichts als ein Racheengel, der sein Heiligtum beschützte und dafür sorgte, dass die Sterblichen nie wieder einen Fehler begehen konnten, der sie selbst zugrunde richten würde. Also war doch die Bestie nur ein Zeichen, ein Weg, ein Werkzeug des Zornes einer höheren Macht.
    Mandy schüttelte instinktiv den Kopf und seufzte. Wie konnte sie nur so etwas denken. Die Bestie war gekommen, um sie alle zu töten, um einen Frevel auszulöschen. Ihr Überlebenswille durfte doch nicht ernstlich nach einem Grund hierfür fragen. Sie hatte einen Feind und den galt es zu besiegen. Für ein Wesen, das Tod und Verderben plante, gab es keine Reue. Zudem wusste sie, wie oft sie diese Gedanken gegangen war und sie würde sich jedes Mal wieder im Kreis dabei drehen. Sie war nie heilig oder religiös, was aber nicht heißen sollte, dass sie nicht das eine oder andere hinterfragte. Letztlich kam sie jedoch immer zu demselben Schluss: Für eine Untat musste es auch eine Strafe geben. Fehler sind nur dann verzeihlich, wenn sie auch begriffen und eingesehen werden. Die Bestie stellte also ein Zeichen für den Fehler der Sterblichen dar. Aber eine Strafe auf so brutale Art und Weise, wie sollte das ein jedes Denken anrühren, wie konnte das der Wille Gottes sein? Nein, dieser Weg war einfach falsch. Ein Wesen von Güte löste seine Probleme nicht in erster Linie mit Gewalt, schon gar nicht seine Schöpfung. Dafür gibt es keine Rechtfertigung, wo würde denn das Leben hinführen, wenn jede Mutter ihr Kind umbringt, nur weil es in der Phase der Entwicklung etwas falsch gemacht hat?
    Nein, diese Bestie verdiente keine Reue und kein Gewissen. Es war aus dem Heiligtum der Kristalle geboren und nichts als ein Wächter, der seinen Schatz hütete. Und den galt es zu vernichten.
    Aber wie?
    Mandy betrachtete das Wesen gründlich. Aber sie war nicht so eisern, als das sie eine Musterung auf Schwachpunkte hin führen konnte. Das einzige, was sie dabei empfand, war Schrecken. Zudem gelang es ihr in keiner Weise, eine wirkliche Beschreibung zu finden. Die Bestie bestand aus glasklarem Kristall, was sie ja eigentlich hätte zerbrechlich machen sollen. Aber ihr Mineral musste diamanthart sein und wirkte beinahe wie gefroren, an einigen Stellen bedeckte ihren Kristallkörper eine Eisschicht, so kalt, dass die Bestie förmlich dampfte. Ihre Augen blieben die einzige Stelle am Körper, die nicht monoton zum Rest passte. Stattdessen glühten diese wie aus einem inneren Feuer heraus und spiegelten alle Bosheit der Kreatur wider. Aus dem Maul drang frostiger Dampf und seltsame, markerschütternde Töne. Ein Grollen, wie es nur vom Teufel selbst stammen konnte.
    Aber was war das für eine Bestie? Mandy fand darauf keine Antwort. Sie besaß einen titanischen Körper, fünf mit Pranken endende Arme und zwei gewaltige Beine. Irgendwo aus dem Leib ragten zwei riesige Schwingen und dazu ein schwanzähnlicher Wirbelfortsatz. Das blieb alles, was an der Kreatur zu erfassen war. Der Körper selbst stellte eine unförmige Masse dar und sogar der Sitz des Hauptes passte nicht zu einem normalen Tier. Doch was konnte sie erwarten? Niemand sagte, es käme ein Drache, ein Riesenkraken oder anderes Lebewesen. Dieses Wesen war wohl von allem etwas und schlicht eine dämonische Bestie. Sie war gefährlich und das allein zählte.
    Mandy hätte in ihrer Starre beinahe aufgeschrien, als sich plötzlich eine Hand um den Oberarm schraubte. Erschrocken sah sie nach dem Grund.
    „Du solltest hier nicht so schutzlos herumstehen“, tadelte Sator und behielt die Kreatur stets im Auge.
    Mandy warf einen Blick zu den anderen und sie konnte nicht behaupten, dass die geschützt eine Versammlung hielten. Auch sie stürzten irgendwo planlos umher. „Ich ... ich glaube, wir hätten uns doch vorher ... etwas einfallen lassen sollen.“
    Sator nickte seufzend. „Wahrscheinlich. Aber für Taktik ist es wohl

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