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Crystall (German Edition)

Crystall (German Edition)

Titel: Crystall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Enrico Mahler
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in der Schleuder, spannte, zielte und schoss.
    Nahezu ausdruckslos folgte Mandy dem Geschoss. Die Kugel, obwohl so klein, jagte über die ganze Distanz hinweg gegen den Eispanzer der Bestie, wo bei Lebewesen die Brust war. Eine Miniaturexplosion innerhalb eines ohrenbetäubenden Knalles entwickelte sich. Eine Feuerrose, die auf dem Kristall geboren schien.
    Die Kreatur brüllte zornig, warf den Schädel hin und her und setzte zum Sprung an.
    „So viel zum Thema Taktik. Du hast sie nur wütender gemacht.“
    Nirrka schluckte. „Ich dachte, es hätte...“
    „Mehr Wirkung?“, vollendete Mandy. „In dieser Murmel, das hätte ich dir auch sagen können.“
    Für weitere Diskussionen blieb jedoch keine Zeit. Die heilige Kreatur sprang aus dem Stand ab und schoss pfeilschnell auf ihre Opfer zu. Sie schien über den Boden zu gleiten, wobei die Schwingen wie im Schwebeflug still zur Seite ausgebreitet waren.
    Eine dieser Schwingen drohte die Mädchen zu rammen!
    „Aufspringen!“, schrie Nirrka und ging leicht in die Hocke.
    „Was soll ich?!“ Mandy sah den Kristallflügel auf sich zu rasen, schrie panikerfüllt auf und sprang einfach irgendwie ab.
    Wie es Nirrka erging, erkannte sie im ersten Moment nicht einmal. Sie prallte so heftig gegen die Schwinge, als hätte sie ein Schiffssegel gerammt. Mandy spürte, wie eine Rippe unter ihrer Brust anbrach und ihr die Luft aus den Lungen presste. Ihr Schrei erstarb zu einem Keuchen, dennoch griff sie blitzschnell mit den Händen zu, um nicht wieder zu stürzen und unter den Füßen des Dämons begraben zu werden.
    Dann hob er ab.
    Mandy brauchte Sekunden, um sich einigermaßen zu erholen. Sie musste die Finger in das Eis krallen, um nicht abzurutschen, ihre linke Schulter brannte wie Feuer und jeder Atemzug wurde zu einer Qual. Aber irgendwie gelang es ihr, die Augen zu öffnen und einen flüchtigen Blick zur Seite zu werfen. Die Kraftanstrengung ließ keine genaueren Betrachtungen zu, doch immerhin war Nirrka ebenfalls an ihrer Seite, pendelte mit kreidebleichem Gesicht an der Schwinge. Sie konnte sich nicht wesentlich geschickter angestellt haben. Hoffentlich begriff das Mädchen endlich, wie, zur Hölle, bescheuert ihre Idee gewesen war.
    Mandys Schmerzen betäubten sie beinahe. Sie hatte das Gefühl, bereits tot zu sein. Wenn sie jemals wieder hier herunter kam, würde sie wahrscheinlich niemals mehr kämpfen können. Zumindest nicht heute und gegen diese Höllenkreatur. Doch zunächst mussten sie wieder herunter gelangen.
    Ihr Engel des Todes stieg immer höher. Mandy spürte den peitschenden Wind im Gesicht, die eisigklammen Hände, die ihren Halt obendrein noch beeinträchtigten. Die Beine baumelten lose in der Luft.
    Mandy hätte geschrien, wenn ihre zertrümmerte Rippe nicht gewesen wäre. Sie musste alle Kraft aufbringen, um nicht zu fallen. Der Druck in den Armen entlastete aber nicht unbedingt ihre ausgerenkte Schulter.
    Andererseits, loslassen wäre keine sonderlich gute Idee gewesen. Ihr gelang für Sekunden ein Blick in die Tiefe und der drehte ihr den ganzen Magen um. Unter ihr, etwa hundert oder mehr Meter entfernt, raste der Landstrich dahin und wurde zu einem verschwommenen Flecken.
    Mandy schloss die Augen hastig wieder und klammerte sich noch fester. Wenigstens, dachte sie, gingen die Flügelschläge der Bestie ungewöhnlich sachte, ansonsten wäre sie schon lange auf die Erde niedergefallen.
    Die wenigen Minuten wurden zu einer grausamen Ewigkeit. Mandy hatte Schweißausbrüche, rutschte Millimeter für Millimeter mit den Händen in Richtung Leere, schnappte jaulend nach Luft, umgeben von eisigem Wind und gezeichnet von grausamem Pein in jedem Körperteil.
    Und endlich ging es abwärts. Die Bestie donnerte beinahe im Sturzflug zu Boden und in Mandys Magen revoltierte es fürchterlich. Jede Achterbahnfahrt wäre ein glatter Witz dagegen gewesen. Aber sie kamen der Erde näher, nur das zählte.
    Mandy schrie nun doch auf, mobilisierte ihre letzten Kräfte und schloss die Augen. Sie schickte sämtliche Stoßgebete zum Himmel und zog die Beine an.
    Die letzten Sekunden waren der blanke Horror und Mandy glaubte nicht nur an Wunder, sondern seither an Magie, denn sie überlebte auch dieses Szenario. Die Bestie jagte unmittelbar über den Boden, doch bevor sie neuerlich aufsteigen konnte, ließen die Mädchen los.
    Mandy wusste, dass es Glück war. Sie hatte einfach im rechten Moment die Kraft verlassen, andernfalls wäre sie viel zu verkrampft

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