Crystall (German Edition)
mal nicht gleich das Schwärzeste“, erwiderte Mandy gelassen. „Es ist ja nur, du und Flucht ... das passt irgendwie nicht so recht zusammen.“
„Wieso nicht?“
„Weil...“ Das Mädchen dachte ernsthaft darüber nach. „Weil du es doch bist, der vor einem bisschen Risiko Angst hat. Eine Flucht könnte unser sicherer Tod sein, das dürfte normalerweise nicht in deinem Sinne sein. Außerdem, wohin willst du fliehen? Oder hast du hinter Sanddüne A vielleicht Wasser gefunden?“
Der Troll verschränkte schnaubend die Ärmchen vor der Brust. „Alte Miesmacherin. Erstens, hierher zu kommen war ein Risiko und wohlbemerkt deine Schuld. Zweitens, wir müssen fort, weil wir den Kristall brauchen.“
Leider hatte Maxot mit jedem Wort Recht. Aber ihr war einfach nicht wohl bei der Sache, eine Flucht zu wagen. Sie mussten unbedingt an den Kristall heran kommen, sonst wäre alles umsonst gewesen. Eigentlich war ihr Plan gewesen, das Vertrauen Sators zu gewinnen und eine Chance zu ergattern, an den Kristall zu gelangen. Wenn ihre Flucht aber missglücken würde, dann bestünde die Gefahr, dass Sator seine gute Laune verlieren könnte und sie umbringen lassen. Mandy kämpfte mit ihren Gedanken und sie sprach sie auch laut aus.
„Da ist schon was dran“, bestätigte Maxot nachgiebig. „Aber auf eine Gelegenheit zu warten, die unwahrscheinlich ist, habe ich keine Lust. Wer sagt dir, dass dich Sator an den Kristall heran lässt, selbst wenn du seine Frau wärst? Hast du überhaupt eine Ahnung, ob Sator von ihm weiß?“
„Das Problem erledigt meine Wunderwaffe, sie haben wohl verpasst, sie mir abzunehmen.“ Mandy tätschelte leise triumphierend ihren Kristall in der Tasche.
„Kein Wunder, das Teil scheint wohl nur in deinen Augen sehenswert.“
„Was soll das heißen?“
„Das soll heißen“, erklärte Maxot geduldig, als hätten sie alle Zeit der Welt. „Der Kristall ist in deinen Augen eine Wunderwaffe. Ich sehe ihn nur als verkommene Glaskugel. Ich vermute mal, eine Art Schutzmechanismus.“
„Oh“, machte das Mädchen.
Der Troll nickte. „Das ist auch gut so, deshalb haben es die Typen nicht für nötig gehalten, dir es abzunehmen. Wenn sie von dem Geheimnis wüssten, glaube mir, wären wir beide nicht mehr am Leben. Aber so wie es jetzt ist, ist es gut. Der Kristall wird uns zu dem anderen führen.“
„Du willst wirklich die Flucht wagen?“
„Ich finde, wir haben schon zu viel Zeit vergeudet“, antwortete Maxot, allerdings nicht auf ihre Frage. Ohne einen weiteren Kommentar abzuwarten, machte er sich an Mandys Handfesseln zu schaffen. Ohne das geringste Anzeichen von Problemen löste er die Knoten.
Mandy massierte sich in neuer Freiheit – zumindest in gewissem Sinne – die Handgelenke und schlich auf Händen und Knien zum Ausgang. „Danke. Aber noch eines: Wie hast du dir das jetzt so genau vorgestellt?“
Maxot gesellte sich an ihre Seite. Er verursachte nicht den mindesten Laut. „Wir gehen, finden den Kristall und verlassen das Lager.“
Mandy fuhr wie unter einem Hieb zusammen. „Das ist jetzt nicht dein ernst, oder?“
„Was nützen uns sämtliche Pläne, wenn irgendein dummer Vorfall diese Taktiken zunichte macht.“
Da ist was dran. Aber ein kleiner Ansatz eines Fluchtplanes wäre nicht verkehrt. Sie würden doch bei der geringsten Schattenbewegung zu Eis erstarren und darauf warten, dass man sie neuerlich gefangen nahm.
„Okay, dann eben auf gut Glück“, spottete Mandy, die davon alles andere als begeistert war.
„Benutz den Kristall und führe uns. Sobald wir den anderen haben, machen wir fort von hier.“
Das klang so ungefähr wie die Worte eines Regisseurs, der den nächsten Filmakt vorgab und gelingen musste. Aber das hier war eindeutig etwas anderes. Mandy bezweifelte, dass sie überhaupt aus dem Lager kamen. Maxot konnte man durchaus übersehen, aber nicht sie.
„Worauf wartest du?“
Mandy reagierte nicht auf die Worte, sondern krabbelte so flach es möglich war durch die Zeltplane und ins Freie. Erst jetzt konnte sie die Tageszeit realistisch einschätzen. Dahingehend war Maxot sehr schlau gewesen, denn es herrschte tiefe Abenddämmerung und die war für das menschliche Auge noch verwirrender, als tiefe Nacht. Selbst Mandy brauchte wertvolle Sekunden, um sich der Umgebung zu sichern. Das meiste erkannte sie erst auf den zweiten Blick.
Das Lager sah um diese Zeit fast trostlos aus. In den einzelnen Zelten brannten Fackeln, während draußen absolute
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