Cthulhu-Geistergeschichten
Bewußtsein angetroffen, ohne daß sein Anzug bis zum Halse zugeknöpft war, und es versetzte ihn in Angst und Aufregung, wenn er glaubte, irgend etwas daran sei in Unordnung. In diesem Punkt unterschied er sich ganz beträchtlich von seiner schlampigen Mutter und seinem schmutzigen Großvater, wie man glaubte -bis das Grauen im Jahre 1928 eine nur zu plausible Erklärung ergab.
Der Klatsch im nächsten Januar war nur wenig daran interessiert, daß »Lavinnys schwarze Brut« nun, im Alter von nur elf Monaten, zu sprechen begonnen hatte. Seine Art zu reden war darum interessant, weil sie zum einen nicht den üblichen Akzent der Gegend hatte und zum anderen das kindliche Gestammel vermissen ließ, das man doch normalerweise bei Drei- bis Vierjährigen antrifft. Der Junge war nicht gerade redselig; wenn er jedoch sprach, so zeigte er irgendein unbestimmbares Element, das Dunwich und seinen Bewohnern völlig fremd war. Das Befremdliche lag nicht darin, was er sagte noch in den einfachen Ausdrücken, die er verwendete; schien aber mit seiner Intonation zusammenzuhängen oder mit den inneren Organen, die den gesprochenen Laut hervorbrachten. Auch sein Gesichtsausdruck war wegen seiner Reife bemerkenswert; aber obwohl er von seiner Mutter und seinem Großvater das fliehende Kinn hatte, gaben ihm seine gerade und ausgeprägte Nase zusammen mit dem Ausdruck der großen, dunklen, fast römischen Augen eine Miene von Quasi-Erwachsensein und frühreifer Klugheit. Er war jedoch trotz seiner intelligenten Züge außerordentlich häßlich; es lag etwas Bocksähnliches, auf jeden Fall Animalisches um seine wulstigen Lippen, in seiner großporigen, gelblichen Haut, dem borstigen Kräuselhaar und den seltsam lang herunterhängenden Ohren. Er wurde bald entschieden mehr gehaßt als seine Mutter und sein Großvater, und Mutmaßungen über ihn wurden mit Anspielungen auf die Zauberkünste des alten Whateley gewürzt; damit, wie die Berge einst erbebten, als er den fürchterlichen Namen Yog-Sothoth inmitten eines Kreises aus Steinen in die Nacht schrie, mit einem großen geöffneten Buch vor sich in den Händen. Hunde verabscheuten den Jungen, und er war gezwungen, stets auf der Hut zu sein, um sich gegen ihre kläffende Bedrohung zu verteidigen.
III
In der Zwischenzeit kaufte der alte Whateley weiterhin Vieh, ohne daß sich jedoch seine Herde sichtbar vergrößerte. Auch schlug er Holz und begann, die bisher unbenutzten Teile des Hauses zu reparieren - Räume unter dem Spitzdach, dessen hinteres Ende direkt auf den felsigen Abhang stieß, dessen drei am wenigsten zerstörten Räume zu ebener Erde bis jetzt für ihn und seine Tochter ausgereicht hatten. Erstaunliche Kraftreserven müssen in dem alten Mann gesteckt haben, die es ihm ermöglichten, so schwere Arbeit auszuführen; und obwohl er, wie immer, wirres Zeug daherredete, so zeigte doch seine Zimmerei kluge Überlegung. Er hatte schon damit begonnen, kurz nachdem Wilbur zur Welt gekommen war; damals hatte er einen der vielen Werkzeugschuppen plötzlich zusammengeflickt, mit Schindeln gedeckt und ihm ein solides, neues Aussehen gegeben. Nun, da er das vernachlässigte obere Stockwerk des Hauses in Angriff nahm, bewies er sich als nicht weniger gründlicher Handwerker. Seine Besessenheit zeigte sich, als er alle Fenster in dem verbesserungswürdigen Teil des Hauses mit Brettern vernagelte - obwohl viele erklärten, daß die ganze Renovierung überhaupt ein Wahnsinnsunternehmen sei.
Weniger unerklärlich war, daß er noch einen weiteren Raum im Parterre für seinen Enkel ausbaute - dieses Zimmer sahen einige Beobachter, niemand jedoch durfte je einen Blick in das festverschlossene obere Stockwerk werfen. Diese Kammer stellte er mit hohen, schweren Regalen voll, in denen er mit der Zeit, allem Anschein nach sorgsam geordnet, die modrigen alten Bücher aufstellte, die vorher in wilder Unordnung in irgendwelchen Ecken in den verschiedenen Räumen aufgestapelt waren.
»Ich hab sie gebraucht«, murmelte er vor sich hin, als er ein zerrissenes schwarzes Blatt mit einem Brei zu kleben versuchte, den er auf dem rostigen Küchenherd angerührt hatte, »aber der Junge wird sie jetzt besser brauchen können. Er muß sie um sich haben, denn aus ihnen soll er lernen.«
Als Wilbur - im September 1914 - ein Jahr und sieben Monate alt war, waren seine Größe und seine Fähigkeiten fast alarmierend. Er war nun so groß wie normalerweise ein vierjähriges Kind, und er sprach fließend und
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