Cubuyata - Die Rückkehr des Propheten (Science Fiction Thriller) (German Edition)
Altruismus und Politik. Wie Feuer und Wasser, dachte Christopher.
"Richtig. Zweiundvierzig Schiffe mit mehr als vierzigtausend Personen mussten erneut auf die Reise. Glücklicherweise war zu diesem Zeitpunkt eine nach der Revolution gegen den großchinesischen Einfluß liberale Regierung an der Macht in Cubuyata, die sie aufnahm."
Christopher beobachtete die Passanten, an denen sie vorbeifuhren. Je mehr sie sich vom Zentrum entfernten, desto häufiger entdeckte er klar als japanisch erkennbare Menschen. Die edlen Villen ließen sie hinter sich, einfachere Reihen- und Mehrfamilienhäuser säumten die Straßen. Jinglei hatte ihm durch das kurze Gespräche Stunden an Recherche erspart.
Auf der Erde kannte man Cubuyata, so glaubte er zumindest bis gestern. Ein Planet aus der Zeit der großen Expansion. Ein Ort voller Reichtümer, gewonnen durch die Ausbeutung der seltenen Erden auf der ehemaligen Kolonie. Nach dem Zusammenbruch des Imperiums folgte eine blutige Revolution mit anschließender Selbstverwaltung. Und die Rothulaner. Diese junge Kirche mit ihrem lebenden, wiedergekehrten Propheten. All das war bekannt. Von der zweiten Besiedlungswelle und den lokalen Spannungen hatte er jedoch noch nie etwas gehört. Diese Story klang für ihn mittlerweile doch vielversprechend.
Sein Blick streifte abwesend über die vielen Menschen, die an Bushaltestellen, vor Supermärkten und Straßenläden standen. Er würde den Aufenthalt hier produktiv nutzen, um eine neue Facette der großchinesischen Zeit und ihre Folgen zu beschreiben.
"Wir sind da", sagte Jinglei. Sie stoppte den Wagen und riss Christopher in das Hier und Jetzt zurück.
Sie stiegen vor einem renovierungsbedürftigen Gebäude mit sieben Stockwerken aus. Rote Klinkersteine überzogen die in Fassade. Christopher fühlte sich an backsteinexpressionistische Häuser auf der Erde erinnert. Über dem doppeltürigen Eingang stand auf einem schneebedeckten, braun-weißen Schild "Metropolitan Times Cubuyata".
"Über was für eine Auflage verfügen sie hier auf Cubuyata?"
Derzeit eine halbe Million. Wir sind die beliebteste nichtkonforme Zeitung. Wären wir kleiner, hätten uns die zuständigen Behörden bereits verboten. Die Regierung scheut einen Aufstand. Wir haben allerdings einige Restriktionen einzuhalten, mit denen mein Chef leider wenig Probleme hat."
* * *
Im Empfangszimmer saß eine brünette junge Frau an einem langen, hohen Schreibtisch aus billigem Bambus. In ihrer Hand hielt sie ein flaches, halbtransparentes E-Paper, das auf der Rückseite eine attraktive Frau mit einem Neugeborenen zeigte. Jinglei grüßte sie im Vorbeigehen, ihr Name war Amaya. Sie hatte wie Jinglei japanische Züge. Mit einem Blick auf das Namensschild vor ihr konnte er die gleiche Beobachtung machen wie zuvor bei der Journalistin. Chinesischer Vorname, japanischer Nachname.
Amayas vormals gelangweilte Augen weiteten sich, als ihr Blick auf Christopher fiel.
"Harmon Xiansheng." Sie stand auf. "Welche Ehre". Ihre überschminkten Gesichtszüge waren aufgewacht, sie lächelte ihn an. Ihr Strahlen verriet ihm unreflektierte Bewunderung. Er fühlte sich von ihrem Blick durchbohrt und antwortete überrascht: "Ganz meinerseits."
Ungebremst und mit einem abschätzigen Blick ging Jinglei an ihr vorbei. Christopher verabschiedete sich nickend und schloss zu ihr auf.
"Mir war gar nicht klar, dass ich hier so beliebt bin." Es misslang ihm ein Grinsen zu unterdrücken. "Bilden sie sich nichts darauf ein", sagte Jinglei, "Amaya hat lediglich mitbekommen, dass sie ein bekannter Journalist von der Erde sind. In ihren Käsemagazinen waren sicherlich Berichte über ihr Jet-Set-Leben mit Interviews und Paparazzifotos. Ich bezweifle, dass sie irgendwann einmal einen Artikel von Ihnen gelesen hat."
Christopher hatte kurz nach seinem durchschlagenden Erfolg tatsächlich so etwas wie Bekanntheit erlangt und infolgedessen ein wenig über die Stränge geschlagen. Die Phase währte allerdings nur so lange wie der Bonus seines Arbeitgebers. Erst danach raffte er sich auf, an seinem Erstling über die großchinesische Historie zu schreiben, den er bis heute nicht abgeschlossen hatte.
"Wie ich sehe haben sie gut recherchiert", sagte Christopher.
"Sollten Sie auch einmal versuchen, es hilft ungemein", sagte Jinglei.
Sie betraten den großen Redaktionsraum, der wirkte, als habe der Architekt ihn aus drei Stockwerken herausgeschnitten. Die verbliebenen Enden entlang zog sich ringsum auf jedem
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