Cugel der Schlaue
Erfahrung und besseren Eignung nehme ich den Posten als Ladungsaufseher an. Bunderwal, glaube ich, wird einen ausgezeichneten Gehilfen für den Schreiber Diffin abgeben.«
Soldinck wandte sich an Bunderwal. »Was meint Ihr dazu?«
»Cugels Fähigkeiten sind beeindruckend«, gestand Bunderwal. »Ihnen kann ich nur folgendes gegenüberstellen: Ehrlichkeit, Geschick, Hingabe und unermüdlichen Fleiß. Außerdem bin ich ein achtbarer Bürger dieser Stadt, kein fuchsgesichtiger Herumtreiber mit einem verrückten Hut!«
Cugel drehte sich zu Soldinck um. »Nun endlich – und wir können von Glück reden – kann Bunderwals Charakter, der sich durch Verleumdung und Selbstüberschätzung auszeichnet, meiner Würde und Zurückhaltung gegenübergestellt werden. Trotzdem muß ich noch auf seine ölige Haut hinweisen und auf das viel zu üppige Gesäß. Beides deutet auf einen Hang zu gutem Leben und zur Unterschlagung hin. Falls wir Bunderwal tatsächlich als Schreibergehilfen anstellen, rate ich, zum besseren Schutz unserer Wertsachen alle Schlösser zu verstärken.«
Bunderwal räusperte sich, um zu entgegnen, doch Soldinck hob abwehrend beide Hände. »Meine Herren, ich habe genug gehört! Ich werde euer beider Befähigung mit Mercantides besprechen, der sich dann vermutlich selbst mit euch unterhalten wird. Morgen mittag werde ich euch beiden weiteres sagen können.«
Cugel verbeugte sich. »Vielen Dank, Meister Soldinck.« Er wandte sich an Bunderwal und deutete auf die Tür. »Ihr dürft jetzt gehen, Bunderwal. Ich habe noch ein Wort unter vier Augen mit Meister Soldinck zu besprechen.«
Bunderwal wollte sich dagegen wehren, doch Cugel sagte: »Es geht um den Verkauf von wertvollen Schuppen.«
Zögernd verließ Bunderwal das Achteckgemach. Cugel sagte zu Soldinck. »Wir erwähnten bereits das ›Sprühlicht‹.«
»Stimmt. Doch du hast das Eigentumsrecht dieser Schuppe nicht erklärt.«
»Nun, sie gehört mir, befindet sich jedoch an einem sicheren Ort. Würde ich von Straßenräubern überfallen, hätten sie kein Glück. Ich erwähne dies nur, um uns beiden Unannehmlichkeiten zu ersparen.«
Soldinck lächelte grimmig. »Ihr scheint offenbar wirklich über ›reiche Erfahrung‹ zu verfügen.«
Cugel ließ sich von Diffin den Betrag von hundertdreiundachtzig Terces aushändigen. Der Schreiber zählte die Münzen dreimal, erst dann schob er sie widerstrebend über den braunen Marmorschalter. Cugel verstaute das Geld in seinem Beutel und verließ das Kontor.
Cugel erinnerte sich an Weamishs Rat und bezog Unterkunft im Gasthaus zu den Blauen Lampen. Zum Abendessen verspeiste er eine Platte gebackenen Kugelfisch, dazu Süßkartoffeln, Schloßbeerenkompott und Salat. Dann bestellte er sich Wein und Käse und schaute sich um.
An einem Tisch neben dem Kamin fingen gerade zwei Männer an, Karten zu spielen. Einer war hochgewachsen und mager, mit geradezu ausgemergeltem Gesicht, schlechten Zähnen, spitzem Kinn, strähnigem schwarzen Haar und dicken Lidern. Der zweite hatte eine kräftige Statur, eine Knollennase, ein festes Kinn, einen roten Haarknoten und einen feinen, glänzenden roten Bart.
Sie sahen sich offensichtlich nach weiteren Spielern um. Der Hochgewachsene rief: »He, Fursk, wie wär's mit einer Runde Skax? Nein?«
Rotbart brummte: »Da ist ja Sabtile, der zu einem Spiel nie nein sagt. Hierher, Sabtile, mit prallem Beutel und wenig Glück! Komm schon!«
»Wen hätten wir sonst noch? He, Ihr dort, mit der langen Nase und dem komischen Hut! Hättet Ihr keine Lust?«
Schüchtern tuend ging Cugel zu dem Tisch. »Was spielt ihr denn? Ich warne euch, ich bin kein guter Kartenspieler.«
»Wir spielen Skax, und es ist uns egal, wie Ihr spielt, solange Ihr einsetzen und Eure Schulden begleichen könnt.«
Cugel lächelte höflich. »Wenn ich euch damit einen Gefallen tun kann, spiele ich gern eine Runde oder zwei mit, doch müßt ihr mich die Feinheiten des Spiels lehren.«
Rotbart lachte schallend. »Keine Angst. Ihr werdet sie so schnell lernen, wie Ihr die Karten in die Hand bekommt. Ich bin Wagmund, das ist Sabtile, und dieser finstere Halunke ist Koyman, der Leichenbestatter von Saskervoy und ein ehrbarer Bürger der Stadt. Nun hört, so sind die Regeln für Skax.«
Wagmund erklärte sie und betonte die Einzelheiten, indem er mit einem stumpfen Zeigefinger auf den Tisch klopfte. »Ist Euch nun alles klar, Cugel? Glaubt Ihr Euch nun gut genug auszukennen, um mitzuspielen? Vergeßt nicht, alle
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