Cugel der Schlaue
leidet?«
»Ja. Cugel hat eine Reihe abscheulicher Missetaten begangen, und nun will er sich läutern.«
»Eine absolut unrichtige Behauptung!« rief Cugel. »Es konnten keine Beweise erbracht werden, und ich wurde gegen mein besseres Wissen verleitet.«
Die Thuristen achteten nicht auf ihn und verließen wortlos die Kammer. Cugel blieb mit dem Greis allein zurück. Der Alte hinkte zu einer Bank und setzte sich. Cugel öffnete den Mund, doch der Greis hob abwehrend die Hand. »Beruhigt Euch! Ihr müßt daran denken, daß wir gütige Menschen sind, ohne jegliche Bosheit und nicht nachtragend. Wir leben nur, um anderen zu helfen. Wenn jemand ein Verbrechen begeht, sind wir in größter Sorge um den Täter, den wir für das eigentliche Opfer halten, und wir bemühen uns selbstlos darum, daß ein neuer Mensch aus ihm wird.«
»Ein sehr weiser Grundsatz«, lobte Cugel. »Schon jetzt fühle ich mich als neuer Mensch.«
»Ausgezeichnet! Eure Worte bestätigen unsere Philosophie. So seid Ihr also bereits in – wie ich es nennen will – Phase eins unseres Programms eingetreten.«
Cugel runzelte die Stirn. »Es gibt noch weitere Phasen? Sind sie wirklich alle nötig?«
»Aber natürlich! Auch Phase zwei und Phase drei harren Eurer. Ich sollte vielleicht erklären, daß Lumarth nicht immer eine solche Politik verfolgte. Während der hohen Jahre der Großen Magie fiel die Stadt unter die Herrschaft Yasbanes, des Reglers, der drei Breschen in die fünf Dämonenreiche schlug und die fünf Tempel Lumarths errichtete. Ihr befindet Euch in Phampouns Tempel.«
»Seltsam«, murmelte Cugel, »daß so gütige Menschen solch eifrige Dämonenanhänger sind.«
»Nichts liegt der Wahrheit ferner. Die Gütigen vonLumarth verbannten Yasbane und gründeten die Ära der Liebe, die bis zum endgültigen Erlöschen der Sonne andauern muß. Unsere Liebe umschließt selbst Yasbanes fünf Dämonen, die wir zu bekehren hoffen. Ihr werdet der letzte einer langen Reihe edler Personen sein, die darauf hinarbeiten, und das ist Phase zwei.«
Empört brummte Cugel: »Eine Aufgabe wie diese überschreitet meine Fähigkeiten!«
»Das glaubte bisher jeder«, erwiderte der Greis. »Trotzdem muß Phampoun in Güte, Zuvorkommenheit und Schicklichkeit unterwiesen werden. Diese Aufgabe wird Euch Erlösung bringen.«
»Und Phase drei?« krächzte Cugel. »Was ist damit?«
»Wenn Ihr Eure Mission erfüllt habt, werdet Ihr mit Ehren in unsere Bruderschaft aufgenommen!« Der Greis ignorierte Cugels Stöhnen. »Laßt mich nachdenken. Der Monat Yount endet soeben, und wir kommen in den Monat des Dämons Phampoun, der vielleicht aufgrund seiner empfindlichen Augen der reizbarste der fünf ist. Schon der geringste Lichtschimmer versetzt ihn in Wut. Ihr müßt also Eure Überredungskünste in absoluter Dunkelheit erproben. Habt Ihr noch weitere Fragen?«
»Allerdings! Was ist, wenn Phampoun sich nicht bekehren lassen will?«
»Das ist ›negativistisches Denken‹, das wir Gütigen nicht anerkennen. Vergeßt alles, was Ihr möglicherweise über Phampouns makabre Gewohnheiten gehört haben mögt! Zieht in Vertrauen dorthin!«
Verzweifelt rief Cugel: »Wie komme ich zurück, um mich der erwarteten Ehren und der Belohnung auch erfreuen zu können?«
»Zweifellos wird Phampoun in seiner Reue Euch mit seinen Mitteln zurückschaffen«, beruhigte ihn der Greis. »Und nun, lebt wohl!«
»Einen Moment noch! Wo finde ich Essen und Trinken? Wie soll ich überleben?«
»Auch das überlassen wir Phampoun.« Der Alte drückte auf einen Knopf. Der Boden öffnete sich unter Cugels Füßen. Mit schwindelerregender Schnelligkeit rutschte er eine spiralenförmige Rampe in die Tiefe. Die Luft wurde immer dicker, ja nahm die Substanz von Sirup an. Schließlich prallte Cugel gegen eine unsichtbare Schicht, die mit einem Knall zersprang. Er landete in einer mittelgroßen Kammer, die von einer Lampe schwach erhellt wurde.
Starr blieb Cugel stehen und wagte kaum zu atmen. Ihm gegenüber schlief Phampoun in einem wuchtigen Sessel. Zwei schwarze Halbkugeln schützten seine riesigen Augen vor dem Licht. Der graue Leib suhlte sich auf fast der gesamten Länge der Plattform. Die gespreizten Säulenbeine ruhten auf dem Boden. Arme mit einem Durchmesser von Cugels Brustumfang liefen in drei Fuß langen Fingern aus, an denen Hunderte edelsteinbesetzte Ringe steckten. Phampouns Kopf war so groß wie eine Schubkarre, mit einer gewaltigen Schnauze und gigantischen Kehllappen. Die beiden
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