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Cugel der Schlaue

Cugel der Schlaue

Titel: Cugel der Schlaue Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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erstaunliche Tatsache! Dieser Erdklumpen ist im Höchstfall sieben Fuß hoch und doch steckt Cugel eine Stange von fünfzehn Fuß hinein! Mit welchem Trick will er uns jetzt hereinlegen?«
    Mit ruhiger Stimme antwortete Cugel: »Ich versprach Herzog Orbal ein Wunder – und hiermit beweise ich, daß es wahrhaftig eines ist!«
    Herzog Orbal nickte ernst. »Gut gesagt, Cugel! Euer Ausstellungsstück bietet eine wahre Herausforderung! Doch leider zeigt es uns nur einen seelenquälenden, beschränkten Einblick: ein grundloses Loch, ein Stück Tentakel, eine seltsame Farbe, ein fernes Licht – was den Eindruck erweckt, daß Euer Ausstellungsstück wohl doch ein wenig behelfsmäßig ist. Ganz im Gegensatz dazu ist die Präzision von Zaraflams Kakerlaken zu loben!« Er hielt die Hand hoch, als Cugel den Mund öffnen wollte. »Ihr zeigt uns hier ein Loch, zugegeben, und es ist ein hübsches Loch. Doch wie unterscheidet es sich von anderen Löchern? Kann ich in aller Gerechtigkeit für so etwas tausend Terces geben?«
    »Die Angelegenheit kann auf eine allseits befriedigende Weise gelöst werden«, erklärte Cugel. »Laßt Iolo in das Loch steigen, um sich zu vergewissern, daß seine Träume anderswo sind. Nach seiner Rückkehr kann er dann das wahrlich wundersame Wesen dieses meines Ausstellungsstücks bezeugen.«
    Sofort protestierte der Traumnehmer aufgebracht. »Es ist Cugels Eigentum, zumindest behauptet er das. Soll er doch selbst die Nachforschungen betreiben!«
    Schweigen gebietend hob Herzog Orbal die Hand. »Mein Beschluß lautet folgendermaßen: Cugel hat sofort in diese ungewöhnliche Öffnung zu steigen, um nach Iolos Eigentum Ausschau zu halten und gleichzeitig zum Interesse der Allgemeinheit die Gegend zu erforschen!«
    »Euer Gnaden!« rief Cugel. »Das ist durchaus nicht so einfach, wie Ihr glaubt! Der Tentakel füllt das Loch fast ganz aus!«
    »Es bleibt ausreichend Platz für einen wendigen Mann, sich hindurchzuzwängen!«
    »Euer Gnaden, ich will ehrlich sein: Ich möchte dieses Loch nicht betreten, da die Furcht davor mich schier lähmt.«
    Wieder warf Herzog Orbal einen bedeutungsvollen Blick auf die Röhren, die sich düster in einer Reihe am Hügel abhoben. Er fragte über die Schulter einen korpulenten Mann in weinrot-schwarzer Uniform: »Welche der Röhren kann als nächste benutzt werden?«
    »Die zweite von rechts ist nur zu einem Viertel gefüllt, Euer Gnaden.«
    Mit zitternder Stimme erklärte Cugel: »Ich werde mich bemühen, meine Angst zu bewältigen und Iolos verlorene Träume suchen!«
    »Ausgezeichnet!« Herzog Orbal lächelte spöttisch. »Doch zaudert nicht, meine Geduld ist schon fast am Ende!«
    Cugel streckte vorsichtig ein Bein in das Loch, aber er riß es hastig zurück, als der Tentakel sich bewegte.
    Herzog Orbal gab seinem Stadtwächter einen Befehl. Gleich darauf wurde eine Winde herbeigeschafft und der Tentakel gute fünfzehn Fuß aus dem Loch gezerrt.
    »Jetzt legt Ihr Euch auf den Tentakel und klammert Euch mit Armen und Beinen fest und laßt Euch von ihm durch das Loch ziehen!« befahl Herzog Orbal.
    Verzweifelt kletterte Cugel auf den Fangarm. Der Zug der Winde ließ allmählich nach, und Cugel verschwand in dem Loch.
    Das Licht der Erde wich kräuselnd von der Öffnung zurück und drang nicht ein. Cugel stürzte in nahezu totale Dunkelheit, in der er merkwürdigerweise seine Umgebung trotzdem in jeder Einzelheit erkennen konnte.
    Er stand auf einer Oberfläche, die gleichzeitig flach, doch rauh, mit Höhen und Tiefen war. Das Ganze erinnerte an eine sturmbewegte See mit hohem, aber erstarrtem Wellengang. Der Boden unter seinen Füßen bestand aus einer schwarzen, schwammigen Substanz, durchdrungen von vielen kleinen Löchern und Gängen, in denen Cugel die Bewegungen unzähliger, fast unsichtbarer Lichtpünktchen spürte. Wo der schwarze Schwamm sich in die Lüfte erhob, hing er tatsächlich über wie ein Wellenkamm oder bildete eine schroffe, krustige Wand. In beiden Fällen glühten seine Ränder in phosphoreszierendem Rot, Blaßblau und verschiedenen anderen Farben, die Cugel nie zuvor gesehen hatte. Einen Horizont gab es in keiner Richtung, und die Perspektive war erstaunlich verzerrt. Die hier herrschenden Konzepte von Entfernung, Proportion und Größe waren von einer Art, die Cugel nicht verstand.
    Über allem hing ein totes, sumpfiges Nichts. Das einzige, das sich schwach davon abhob, eine umfangreiche Scheibe von der Farbe des Regens, war so trüb, daß man sie

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