Cugel der Schlaue
einfacher loser Kittel.«
»Ha ha! Ja, dann ist Mode von keiner Bedeutung mehr. Eine belustigende Vorstellung!« Wieder warf Faucelme einen Blick auf sein Buch. »Und dieser hübsche Zierat! Wo habt Ihr ein so auffallendes Stück her?« Erneut schweiften Faucelmes Augen über die Seiten seines Buches.
»Billiger Tand, den ich unterwegs erstand«, tat Cugel gleichmütig. »Was lest Ihr denn mit solchem Eifer?« Er griff nach dem Buch. »Hm … Madame Mil grims feine Rezepte .«
»Ja, und das erinnert mich, daß der Karottenpudding umgerührt werden muß. Hättet Ihr Lust, mit mirzu speisen?« Über die Schulter sagte er: »Tzat!« Das Seil löste sich und rollte sich zu seinen Füßen ordentlich auf. »Ich hatte nicht mit Gästen gerechnet, also werden wir heute abend in der Küche essen. Doch nun muß ich mich beeilen, ehe der Pudding anbrennt.«
Auf langen, rundknieigen Beinen stapfte er zur Küche, Cugel folgt ihm argwöhnisch. Faucelme deutete auf einen Stuhl. »Setzt Euch. Ich hole uns eine Kleinigkeit. Nichts Schweres, wohlgemerkt, weder Fleisch noch Wein, da beides das Blut entzündet und nach Madame Milgrim zu Flaktomien führen kann. Hier ist ein hervorragender Gingelbeerensaft, den ich nur empfehlen kann. Danach gibt es einen köstlichen Kräutereintopf und unseren Karottenpudding.«
Cugel setzte sich an den Tisch und behielt Faucelme wachsam im Auge, während dieser dahin und dorthin schritt, kleine Kuchenstücke holte, Marmelade, Kompott und Gemüsebrei. »Wir werden heute großartig speisen! Selten gönne ich mir eine solche Speisenfolge, doch heute, in Gesellschaft eines so verehrten Besuchs, werde ich ausnahmsweise alle Enthaltsamkeit vergessen.« Er hielt in seinen Zubereitungen inne. »Habt Ihr mir eigentlich schon Euren Namen genannt? Leider werde ich mit zunehmendem Alter immer geistesabwesender.«
»Ich bin Cugel und komme ursprünglich aus Almery, wohin ich nun zurückkehre.«
»Almery! Ein weiter Weg mit viel Erstaunlichem bei jedem Schritt und Gefahr ebenso. Ich beneide Euch um Euer Selbstvertrauen. Wollen wir essen?«
Cugel aß nur von den Speisen, von denen auch Faucelme aß und glaubte keinerlei schlimme Wirkung zu verspüren. Faucelme redete fast die ganze Zeit und nahm immer wieder von diesem oder jenem einen Bissen. »… unerfreuliche Namensvettern früherer Zeit. Offenbar hat es im neunzehnten Äon einen Faucelme mit sehr schlimmen Gewohnheiten gegeben, und hundert Jahre später hat es möglicherweise einen anderen Faucelme gegeben, doch das liegt so lange zurück, daß man es nicht mit Sicherheit sagen kann … Unsere jetzigen Halunken hier sind eine Bauernsippe: Gnadenengel im Vergleich, doch trotzdem mit gewissen unschönen Gewohnheiten. Sie geben ihren Mermelanten Bier, dann schicken sie sie aus, um Reisende einzuschüchtern. Diese Kreaturen wagten es einen Tages doch sogar hierherzukommen! Sie trampelten auf der Veranda herum und zeigten ihre Bäuche. ›Bier!‹ brüllten sie. ›Gebt uns gutes Bier!‹ Natürlich habe ich so etwas gar nicht im Haus! Sie taten mir jedoch leid, so erklärte ich ihnen lang und breit die unschönen Folgen von Biergenuß. Doch sie weigerten sich, mir zuzuhören und bedrängten mich statt dessen mit beleidigenden Worten. Könnt Ihr Euch das vorstellen? ›Du scheinheiliger Geizhals! Genug deines Gekrächzes! Gib uns endlich Bier!‹ Stellt Euch vor, das sagten sie zu mir! Also entgegnete ich: ›Nun gut, ihr sollt Bier bekommen!‹ Dann bereitete ich Tee aus bitterer Rülpswurz und Nuxium, kühlte ihn und brachte ihn nach Art des Bieres zum Schäumen. Ich rief: ›Hier ist das einzige Bier, das ich habe!‹ Ich setzte es ihnen in großen Krügen vor. Sie gossen es nur so in sich hinein. Gleich darauf rollten sie sich zusammen wie Bohrasseln und blieben einen Tag und eine Nacht totengleich liegen. Schließlich streckten sie sich aus, erhoben sich langsam und beschmutzten den Hof auf unbeschreibliche Weise, ehe sie sich davonschleppten. Sie sind seither nicht mehr wiedergekommen. Vielleicht hat meine kleine Predigt sie zur Mäßigkeit bekehrt.«
Cugel legte den Kopf schräg und schürzte die Lippen. »Eine interessante Geschichte.«
»Danke.« Faucelme nickte und lächelte wie in angenehmer Erinnerung. »Cugel, Ihr seid ein guter Zuhörer, auch schlingt Ihr Euer Essen nicht fast mit dem Kinn im Teller hinunter und schaut Euch dann gierig nach mehr um. Ich weiß gute Manieren zu schätzen. Um ehrlich zu sein, Cugel, Ihr gefallt mir. Wollen wir
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